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1610 03 - Soehne der Zeit

1610 03 - Soehne der Zeit

Titel: 1610 03 - Soehne der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Hidetada. (Euer alter Vater sollte Gelegenheit haben, sich spirituell auf die Wiedergeburt vorzubereiten, wie es Männer am Ende ihres Lebens tun. Somit überlasse ich es Euch, mein Herr, ob Ihr ihn mit dieser Angelegenheit behelligen wollt oder nicht.)
    Ich habe mit Kata-rii-na auch über die Zukunft Nihons gesprochen und sie gefragt, was sie für uns vorauszusagen vermag.
    Sie sprach nicht nur über die Lebenszeit Eures Vaters, großer Shogun, oder über Eure und die Eurer Söhne, sondern auch über die der Söhne dieser Söhne und ihrer Söhne danach. Die yamabushi Kata-rii-na hat mir Dinge erzählt, die in vierhundert Jahren geschehen werden.
    Zuerst war ich froh.
    Sie sprach von vielen Eroberungen – dass wir wieder Krieg in Korea führen werden (wo mein Herr Kobayakawa Hideaki sich ausgezeichnet hat), und diesmal werden wir siegreich sein. Danach wird Chin an uns fallen, eine Provinz nach der anderen, und dann Hind. Und schließlich wird unser neues Reich bis zu den Ländern reichen, von denen die gaijin reden: Persien und Afrika.
    Was Chin uns bringen wird, ist das Wissen um den Schiffsbau. Große Dschunken mit einer Besatzung von dreitausend Mann; Schiffe, welche die Reise zu den Ländern der gaijin so leicht machen werden wie einen Ritt auf der großen Tokaido-Straße. Schiffe werden das Band sein, das unser Reich verbindet, und der Handel das Blut, das es wachsen lässt. Wo auch immer wir in den kommenden Jahrhunderten hingehen mögen, zuerst werden wir den Handel bringen, dann die Herrschaft des Kaisers. Kleine, geteilte Länder werden sich unserem Zugriff nicht widersetzen können: Wir haben teppo, und wir sind Samurai. Der Tag wird kommen, da die Sonne über dem Reich des Himmelssohnes nicht mehr untergehen wird, geführt von seinen Shogunen.
    Ihr seht, großer Herr, dass selbst ein demütiger Hauptmann der ashigaru von solch zukünftiger Größe geblendet sein muss. Die Europäer werden sich weiter in ihrem Dreck suhlen, während die Kinder der Amaterasu ihre erleuchtete Herrschaft in die Welt tragen.
    So sprach ich auch zu der yamabushi, doch sie schaute mich traurig an.
    »Das ist wahr«, sagte sie zu mir, »aber es ist nicht die ganze Wahrheit, Signore Samurai. Der Tag wird kommen, da Ihr und die Euren dies alles bitter bereuen und beten werdet, es wäre nie geschehen.«
    Ich fragte sie, wie das sein könne. Wie kann ein Mann solchen Ruhm für sein Land bedauern?
    »Das Eure wird nicht das Einzige große Reich sein«, sagte mir Kata-rii-na. »Es wird noch eine weitere große Macht geben. In Amerika. Das ist unvermeidlich. Und dieses Reich der Neuen Welt wird in vier Jahrhunderten gegen Euer Volk in den Krieg ziehen. Auch wird es solche Kraft besitzen, dass es eine ›Feuerregen‹-Waffe erschaffen wird, welche das Land zerstört, als hätte die Sonne die Hand ausgestreckt und die Erde berührt … An diesem Tag des Krieges werden ganz Honshu, Hokkaido, Kyushu und Shikoku schwarz, verbrannt und vergiftet werden. So endet Nihon: jede Insel und jeder Mann.«
    Vergebt mir meine Dummheit, großer Hidetada, ich habe ihr ohne Zweifel nicht alle Fragen gestellt, die ich ihr hätte stellen sollen.
    Ich habe sie jedoch gefragt, ob nicht auch wir diese ›Feuerregen‹-Waffe besitzen könnten, um damit das andere Reich zu zerstören.
    Sie antwortete mir, dass diese Waffen ihren Ursprung nicht bei uns, sondern bei den gaijin der Alten Welt haben würden. Aber sollte das Wissen, das ich Euch hiermit schicke, von Kaiser zu Kaiser und von Shogun zu Shogun als Prophezeiung weitergereicht werden, dann können wir diese Technik selbst erlangen.
    Doch andererseits, mein Herr, hätte das vermutlich nur zur Folge, dass dieser ›Feuerregen‹ zur gleichen Zeit über dem Reich der Neuen Welt niedergeht wie über dem unseren. Dann würden unsere beiden Länder und Völker im selben Augenblick sterben.
    Unsere Städte und ihre werden brennen, bis noch nicht einmal ein Schatten von ihnen zurückbleibt. Darin liegen weder Ehre noch Ruhm oder Rache. Großer Herr, bitte verzeiht mir. Ein Samurai stirbt mit Freuden, wenn auch sein Feind fällt, doch bringt ein Krieg Ehre, in dem Massen von Bauern erschlagen werden? Wenn das Land verbrannt ist, wo bleibt dann Nihon? Wer ist dann noch da, um uns zu dienen?
    Wir Samurai mögen ja bereitwillig unser Leben geben, doch dieser ›Feuerregen‹ wird nicht nur uns niederstrecken. Er wird alle in den Tod reißen: Bauern und Händler und eta ; und die Welt, die zurückbleibt, wird so

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