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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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es sei Nacht, kalt, und dass sie auf der Mauer einer Burg stünden. Da man sich hier offensichtlich nicht die Bühnenbauten leisten konnte wie in Paris, war es notwendig, uns so zu informieren. Ein weißgesichtiger Mann erschien unmittelbar über uns auf dem Balkon der Bühne, und die beiden Schauspieler gaben uns zu verstehen, er sei ein Geist.
    »Also, was werdet Ihr Fl … ihm sagen?«, verlangte Dariole zu wissen und rutschte auf dem Sitzbalken herum. »Er erwartet von Euch, dass Ihr ihm verratet, wie man den König am besten ermorden kann … Oh, macht Euch keine Sorgen. In der Hälfte aller Stücke in Southwark geht es um Mord und Totschlag. Von historischen Königen natürlich. Der englische Lordkanzler würde nichts anderes erlauben.«
    Die Stimmen der Schauspieler hallten von den Wänden wider wie in einem Amphitheater. Auf der Bühne verwandelte sich eine königliche Prozession in einen Familienstreit. Ich schenkte alldem keine Aufmerksamkeit, sondern starrte die junge Frau nur an.
    »Was?« Sie rutschte weiter nervös herum. » Was?«
    »Verzeiht, Mademoiselle. Danke. Ich glaube … Ich glaube, Ihr habt mich auf eine Idee gebracht.«
    Ich richtete den Blick auf die Bühne, sah aber nichts. Stattdessen überschlugen sich meine Gedanken. Nur vage war ich mir der zudringlichen Mademoiselle Dariole bewusst, die sich irgendwann beleidigt zurücklehnte und weiter Nüsse knackte.
    Die Zeit verging; ich bemerkte es nicht. Erst als der fette Schauspieler, der den Helden darstellte, ein Rapier durch den Arazzo rammte, der den Hintergrund der Mittelbühne bildete, wachte ich wieder auf. Es folgte eine kurze Pause, dann fiel ein Körper durch den Vorhang und landete mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Die Blutblase, die in seinen Kleidern versteckt war, machte ein unglücklich lautes Geräusch, und Blut spritzte zu beiden Seiten aus dem Mann heraus.
    »Engländer«, murmelte ich angewidert.
    Saburo stieß ein tiefes, lautes Lachen aus. »Kabuki!«
    In dem stillen Theater hallte das Schlagen seiner Hände auf dem Geländer wider. Der Samurai bebte förmlich vor Heiterkeit.
    Den Bruchteil einer Sekunde später brach auch das Publikum in Lachen aus, wobei es unter uns besonders ausgelassen zuging.
    »Na ja.« Dariole zuckte mit den Schultern. »Sie haben das Stück ohnehin von einem anderen Theater gestohlen. Vielleicht funktioniert es ja wirklich besser als Komödie …«
    Ich nahm an, dass die Schauspieler da nicht so zuversichtlich waren wie sie. Der fette Schauspieler versuchte verzweifelt, die nächste Szene mit einer ›Frau‹ zusammenzuhalten, dargestellt von einem Jungen, jünger noch als Dariole, im Kleid einer Matrone mitsamt Mieder und einem sittsamen Kragen, der seinen Adamsapfel verbarg.
    Ich stützte die Ellbogen auf die Knie und legte das Kinn in meine Hände.
    Als Möglichkeit, Minister Cecil zufrieden zu stellen … Mich könnte man für solch eine Zurückweisung nicht verantwortlich machen … Bin ich genial oder verrückt?
    Ich kam wieder zu mir, als ich bemerkte, dass ich vermutlich nicht der einzige Verrückte hier war: Auf der Bühne führte der Junge in dem Kleid eine schier endlose Szene des Wahnsinns auf.
    Monsieur Saburo beugte sich an der Frau in Hosen vorbei und fragte mich: »Was werdet Ihr tun? Wegen dieser Verschwörung, meine ich. Werdet Ihr tun, was der Minister will?«
    Langsam setzte ich mich auf. »Er ist meine einzige Möglichkeit, zuverlässige Nachrichten aus Frankreich zu bekommen, und die muss ichhaben, wenn ich etwas gegen die Königin und zum Schutz von Monseigneur de Sully unternehmen will. Für den Augenblick sieht es also so aus, als bekäme Monsieur Minister seinen Willen. Deshalb braucht unser Astrologe Fludd auch seinen Plan zur Ermordung des Königs … und ich werde ihm einen Plan geben.«
    »Das werdet Ihr?« Dariole klang zweifelnd.
    »Ihr habt es selbst zu mir gesagt, Monsieur Dariole. Die Hälfte aller Stücke in London haben Königsmord zum Thema. Nun …«
    Trotz aller Peinlichkeiten zwischen uns konnte ich nicht anders, als sie anzulächeln.
    Ich deutete auf die Bühne hinunter. »Wo könnten wir besser einen Plan zur Ermordung des Königs stehlen?«
    Ich verbrachte die nächsten Nachmittage in den Theatern der Bankside und der Stadt von denen Mademoiselle Dariole die meisten bereits kannte. Fludd kontaktierte mich nicht sofort, und dafür war ich dankbar. Ich brauchte die Zeit.
    Dariole tat nichts anderes als das, was jeder ausländische Jüngling

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