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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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vermutete ich, dass Caterina ähnlich empfand.
    Was ist unehrenhafter? Eine verrückte, alte Frau zu töten oder sie anderen Menschen Schaden zufügen zu lassen mit dem Wissen, das ihr gegeben worden ist?
    Die Frau blickte mich mit strahlenden Augen an, denen ich mich nicht entziehen konnte. Und ich bin nicht undankbar dafür, noch ein paar Augenblicke zu haben, bevor ich handeln muss.
    »Ist das nicht ein wenig anmaßend?«, fragte ich. »Fünfhundert Jahre?«
    »Ich bin anmaßend. Jedenfalls hat das Roberto von mir gedacht, als wir zusammen studiert haben. Aber ich war diejenige, die den Zufall berechnet hat, der Heinrich von Frankreich dieses Jahr das Leben kosten sollte.«
    Zufall.
    Der Umfang meiner Erleichterung ob dieses Wortes erstaunte mich.
    »Es war ein Zufall? Keines Eurer vorhergesagten Ereignisse, etwas, was Ihr oder Fludd herbeigeführt habt?«
    Oder für das ihr mich als Werkzeug benutzt habt?
    Caterina schüttelte den Kopf. »Das Attentat auf Heinrich ist nicht extra herbeigeführt worden – ich und der Londoner Meister haben einfach nichts getan, um es zu verhindern. Sein Tod zögert einen Krieg hinaus. Das war etwas, was wir beide wollten.«
    Sie deutete mit einem schmutzigen Finger auf mich. Der Nagel war schwarz, aber schön geformt.
    »Und ihr. Ihr musstet erst beweisen, dass Ihr der Mann seid, von dem er geglaubt hat, dass Ihr es seid. Aus den Ereignissen schloss der Londoner Meister dann, dass Ihr bloß ein Meuchelmörder seid, und dass Maria di Medici Euch entweder erpresst oder bezahlt hat, um König Heinrich zu töten.«
    Sie runzelte die Stirn.
    »Jetzt, da ich Euch sehe, glaube ich das nicht mehr. Ich bleibe bei meinem ursprünglichen Ergebnis und sage, dass Heinrichs Tod ein purer Zufall war.«
    Mein Mund war wie ausgetrocknet. Trotzdem versuchte ich mich an spöttischem Humor. »Bei all Euren Prophezeiungen bleibt also noch Platz für Zufall?«
    Bevor sie darauf antworten konnte und bevor ich wusste, wie mir geschah, platzte ich verbittert heraus: »Ihr hättet mich warnen können!«
    Sie stieß die nackten Fersen in die Walderde und senkte den Kopf. » Cielo , Valentin! Das hätte ich auch getan, wenn ich gekonnt hätte! König Heinrich IV. musste sterben. Dass er sich Jülich und Kleve genommen hat, hätte nächstes Jahr zu einem Krieg geführt, der sich über ganz Europa ausgedehnt hätte. Einen Krieg, der sechzig oder siebzig Jahre gedauert hätte …«
    Ich unterbrach sie. »Ich lasse mich nicht von alten, italienischen Nonnen in Fragen der Politik belehren! Es besteht eine Chance, dass die deutschen Fürsten sich einmischen werden oder die Spanier, aber diese Chance ist zu klein, als dass sie einen Mann kümmert … Außerdem ist der Krieg mit Heinrichs Tod noch lange nicht abgewendet.«
    »Doch, das ist er. Sully kann den Großen Plan nicht allein durchsetzen. Ihr mögt ja über die Medici sagen, was Ihr wollt, aber sie ist weder an Krieg noch an Eroberungen interessiert. Nun ist dieser Krieg für fünf, vielleicht zehn Jahre aufgeschoben …«
    Sie packte mich am Arm. Ihre Finger waren trotz des unterirdischen Wassers noch immer voller Dreck.
    »Valentin, ich kann Euch nicht überzeugen. Das weiß ich! Ich kann Euch keine mathematischen Theorien lehren. Es gibt nur sechs Köpfe in Europa, die das verstehen würden, und Ihr gehört nicht dazu.«
    Überrascht stellte ich fest, dass mein Frust sich nicht in Zorn, sondern in Belustigung verwandelte. Ich legte die Hand auf die Brust und verneigte mich tief. »Ich danke Euch, Suor …«
    »Haltet Ihr Euch etwa für ein Genie?«
    »Ich muss gestehen, dass ich mich das schon einmal gefragt habe.«
    Sie lachte.
    Ich schaute ihr ins Gesicht. »Ihr solltet mir gestatten, Euch von hier wegzubringen. Lasst mich Euch zu einem Kloster bringen. Selbst in diesem heidnischen Land muss es doch mildtätige Häuser geben. Lasst mich Euch außer Gefahr bringen.«
    Sie blickte zu mir hinauf.
    Verlegen bemerkte ich: »Madame, ich bin ein wenig zu alt, als dass Ihr mich anschauen solltet, als wäre ich Euer Lieblingsenkel.«
    Wieder lachte sie. Es war ein überraschend tiefes Geräusch, und ihre Stimme klang so voll wie die einer Frau bei bester Gesundheit.
    »Himmel! Ja, da habt Ihr wohl Recht. Ihr könntet allerdings mein Sohn sein.«
    Instinktiv erwiderte ich: »Sicher … wenn Ihr weit älter seid, als Ihr ausseht.«
    »Oh, ein Franzose durch und durch. Alles, was meine Mutter Äbtissin über die Franzosen gesagt hat, entspricht also der

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