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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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überzeugt seid. Und wenn Ihr überzeugt seid, werden wir uns erneut treffen. Ihr werdet mit den Hunden schlafen, bis es an der Zeit ist, dass wir uns wiedersehen. Ihr werdet London nicht verlassen. Je früher Ihr mit Eurer Arbeit beginnt, desto besser für Euch.«
    Es war nicht unterschrieben. Die Handschrift war mir unbekannt. Doch ich musste sie auch nicht kennen.
    Monsieur Fludd glaubt wohl, er und seine Männer könnten mir überall folgen, wohin auch immer ich in London hingehe, ja? Nun gut, wir werden sehen.
    Noch vor drei Uhr heule Nachmittag werde ich die Stadt verlassen haben.
    Ich folgte meiner eigenen Spur vorbei an der Kathedrale von Southwark zu der großen und einzigen Brücke, die von hier über die Themse führte.
    Als ich unter dem großen Torbogen das Pflaster der London Bridge betrat, stieß sich ein Mann von der Wand ab, an der er gelehnt hatte, und kam durch die Menge auf mich zu.
    Ich erkannte sein Gesicht. »John.«
    Der dunkelbärtige Mann nickte höflich. »Ich soll Euch sagen, dass Ihr aufs andere Ufer gehen könnt, wenn Ihr wollt, aber das Ende wird dasselbe sein.«
    »Danke für Euren Rat«, bemerkte ich in einem Tonfall, der einen Franzosen hätte blankziehen lassen. John jedoch nickte nur und verschwand in Richtung Southwark.
    Das war zu leicht für meinen Astrologen. Jeder musste über die London Bridge, wenn er ans andere Ufer und kein Boot nehmen wollte. Hier einen Mann zu postieren, war die logischste Sache der Welt.
    Und – wie ich sah, als ich den Tower Hill hinaufstieg und die St Katherine's Stair hinunterblickte – Und es ist keine großartige Überraschung, dass ein Mann zunächst einmal dort ein Schiff sucht, wo er an Land gegangen ist.
    Ich verschwand zwischen ein paar niedrigen Gebäuden, bevor einer von Fludds Mathematikern und gut ein Dutzend Fechter mich bemerken konnten.
    Wollen wir doch einmal sehen, was sie tun, wenn ich eines der tausend kleinen Boote nehme und die Richtung ändere, wenn der Schiffer mitten auf dem Fluss ist.
    Ich verärgerte meinen Bootsmann sehr. Ich hatte ihn angeheuert, um mich von Strand Steps nach St Paul's zu bringen und dann ließ ich ihn erst zur Bankside und anschließend ohne Zwischenhalt nach Westminster fahren. Dort änderte ich jedoch schon wieder meine Meinung und ließ ihn schließlich bei Whitehall anlegen.
    Ich gab ihm ein Sixpence extra für die Fahrt. Sein Gefluche über die ›verdammten Spanier‹ fand damit ein Ende. Der kalte Wind vom Fluss ließ mich wünschen, dass ich nicht nur ein Wams, sondern auch einen Mantel von der Puffmutter gekauft hätte. Während ich noch überlegte, ob ich in die City zurück und zu den Geschäften in Cheapside gehen sollte, löste sich ein adrett gekleideter Page aus einer Gruppe von Parlamentariern, die in einer Ecke des Platzes debattierten.
    Er kam einen Schritt die Treppe hinunter, musterte mein Gesicht und sagte: »Monsieur, der gute Doktor Fludd sagt, Ihr könntet gehen, wohin es Euch gefällt. Ihr würdet ohnehin immer am selben Ort enden.«
    Er war ein Junge von ungefähr dreizehn Jahren, und er trug eine Perle im Ohr. Im Louvre hätte man sich seinen strammen Arsch schon lange genommen. Allerdings fand ich ihn mit seinem englischblonden Haar und der weißen Haut ein wenig schal.
    »Was sonst noch, Junge?«
    »Nichts, Monsieur. Nur das.«
    Ich legte ihm die Hand auf die Schulter; eine Geste, die jeder der vorbeikommenden Parlamentarier als freundschaftlich erachten musste. Ich drückte ihm jedoch hart die Finger ins Fleisch.
    »Au!« Er verzog das Gesicht, machte aber kein öffentliches Aufhebens. »Nein, sonst nichts. Er hat mir nichts weiter gesagt!«
    »Bist du sicher?«
    Der Griff meiner behandschuhten Hand musste ihm inzwischen einen blauen Fleck beschert haben. Er wirkte nicht im Mindesten überrascht. Als ich ihn losließ, atmete er erst einmal tief durch.
    »Ich bin sicher, Monsieur!« Erst rieb er sich die Schultern, dann errötete er. »Was auch immer Ihr für ihn tun sollt, ich hoffe, man wird Euch dafür hängen, Monsieur Franzmann!«
    Ich hätte ihn fangen können, egal wie schnell er davonlief, aber ich versuchte es erst gar nicht.
    Konnte es wirklich möglich sein, dass Fludd jeden einzelnen Schritt berechnet hatte, den ich an diesem Tage tun würde?
    Ich bin kein Narr, der beim ersten Hauch von Aberglauben die Nerven verliert. Es war immer noch wahrscheinlicher, dass Fludd ein großes Nachrichtennetz unterhielt, das sich über die gesamte Stadt erstreckte und mit

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