1613 - Blut-Rivale
Hunter tödliche Folgen haben.
Bisher war er gut weggekommen. In punkto Schnelligkeit und Geschmeidigkeit taten sich beide nichts. Aber Loretta gab ihm nicht die leiseste Chance, den Pfahl einzusetzen. So nahe kam sie nie heran. Und so nahe konnte er sie auch nicht an sich herankommen lassen, dann wäre sein Schicksal besiegelt gewesen.
Der Pfahl war für die Jagd auf Blutsauger perfekt, aber nicht für eine Abart geeignet, wie sie Loretta darstellte.
Ich brauche eine zweite Waffe!, zuckte es durch seinen Kopf. Eine, mit der er sich die Untote vom Leib halten konnte. Wäre es hell gewesen, hätten seine Chancen besser gestanden. So aber sah die Lage nicht eben günstig für ihn aus.
Er erreichte ein Gebiet, in dem der Bewuchs dichter war. Alte Sträucher standen hier zusammen und bildeten so etwas wie eine Mauer.
Hier gab es auch nichts, womit er sich behelfen konnte. Und zum ersten Mal dachte er an Flucht.
Das war zwar nicht seine Art, aber es gab Situationen, bei denen man nachgeben musste. Leider war Loretta in der Lage, sich sehr schnell zu bewegen. Sie würde ihm immer auf den Fersen bleiben, auch wenn er seinen Seat erreicht hatte.
Eine andere Chance sah er im Moment nicht. Sie griff wieder an. Geschickt schwang sie ihre Waffe, und die Klinge schlug in der Luft Kreise, was wieder von einem Fauchen begleitet wurde.
»Du kommst hier nicht mehr lebend weg. Wenn man dich findet, wird man vor deinem Körper stehen und wenig später vor deinem Kopf. Du wirst nicht mal mehr eine Erinnerung sein, weil dich hier kaum jemand kennt.« Sie lachte auf und griff an.
Diesmal lief Ethan nicht weg. Auch er war in verschiedenen Kampf techniken geschult worden. Er hatte sie bisher nur nicht bewusst eingesetzt, weil er auf die Sekunde der Überraschung hoffte.
Und die war jetzt da!
Er rannte nach vorn und hoffte darauf, den richtigen Augenblick getroffen zu haben. Den Pfahl hielt er in der rechten Hand. Das Eichenholz wartetet darauf, in die Brust dieser Blutsaugerin einzudringen, um sie ein für alle Mal in die tiefe Verdammnis zu stürzen.
Loretta schrie auf. Sie war überrascht worden, wollte zuschlagen, aber Ethan unterlief den Schlag. Eine Millisekunde später prallten beide Körper zusammen und er rammte den Pfahl mitten in die Brust hinein.
Getroffen!
Es war wie ein Schrei in seinem Gehirn.
Leider dauerte die Freude nur eine winzige Zeitspanne, denn zugleich erlebte er die Veränderung dieser Person.
Sie war da, aber trotzdem nicht mehr vorhanden. Er hatte durch den Körper hindurch gestoßen - und wurde dabei von einer sich drehenden Wolke aus Staub eingehüllt.
Hinzu kam noch, dass er stolperte, den Halt verlor und auf dem Boden landete.
Das ist mein Ende!, schoss es durch seinen Kopf. Er blieb trotzdem nicht in seiner Position liegen. Er wälzte sich auf den Rücken, um mehr sehen zu können.
Eigentlich hätte er den Todesstoß erwarten müssen, stattdessen erlebte er ein Phänomen, und das hing mit seiner Gegnerin zusammen.
Sie war noch da, aber sie erinnerte ihn an das, was er bei seinem Schuss erlebt hatte.
Der Körper der Vampirin hatte seine Festigkeit verloren. Er war staubig oder besser gesagt zu Asche geworden, und dieses Material drehte sich rasend schnell um die eigene Achse, wobei es wenig später wieder den menschlichen Körper formte.
Ethan Hunter hatte sich vorgenommen, so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu kommen. Das schaffte er jetzt nicht mehr, denn das Geschehen hier ließ ihn erstarren.
Aus dem Staub oder der Asche formte sich ein Körper, wie er auch zuvor ausgesehen hatte. Sogar das Gesicht bildete sich nach und erhielt wieder die helle Haut.
Dass es Vampire in der Wirklichkeit gab, damit hatte sich Ethan Hunter abgefunden. Was er jedoch hier erlebte, das ging über seinen Verstand.
Plötzlich dachte er nicht mehr daran, sie anzugreifen. Er fühlte sich ihr haushoch unterlegen. Er hatte alle Hoffnungen auf das Erbe des Vampirjägers gesetzt und musste nun einsehen, dass auch der alte Eichenpflock nicht allmächtig war.
Loretta hatte das Schwert wieder in beide Hände genommen. Sie schüttelte sich und war für einen nächsten Angriff bereit.
Nur Ethan Hunter nicht.
Er war nicht verletzt worden. Er konnte sich völlig normal bewegen, und das tat er auch. Den Weg über den Friedhof hatte er sich eingeprägt, und er wusste genau, wie er zurücklaufen musste.
Einen Herzschlag später rannte er los. Es war ihm jetzt egal, ob diese Loretta ihm folgte oder nicht.
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