1613 - Die Suche nach Paunaro
nicht hatte?
Es war nicht so, daß er Myles die Unsterblichkeit nicht gönnte. Aber tat ES etwas ohne Grund?
Daher quälten ihn die Fragen nach der Begründung für seine Ablehnung seit jenem denkwürdigen 15. Mai 1174.
Er kam sich vor, als sei er unschuldig zum Tode verurteilt und dem gnadenlosen Henker Zeit übergeben worden.
Warum?
Unbeeindruckt von der hochgehenden See zog eine Schule von walähnlichen Tieren an der Klippe vorbei. Die grauen Kolosse durchpflügten die See, und einige von ihnen wälzten sich auf die Seite, um ihn mit einem ihrer fußballgroßen Augen neugierig anzusehen.
Sato Ambush war nach der Ablehnung durch ES derart verbittert gewesen, daß er sich aus der Öffentlichkeit und nach Akkartil zurückgezogen hatte. Dort hatte er Paunaro gefunden, der ein Eremitendasein führte.
Die Gesellschaft des Nakken hatte ihm nicht geholfen, über den Schock hinwegzukommen. Im Gegenteil. „Warum?" schrie Sato Ambush den Walen zu. „Sagt mir doch endlich, warum!"
Schweigend zogen sie an der Landzunge vorbei. Einer von ihnen hob seine gewaltige Fluke über die Wellen hinaus und ließ sie klatschend auf das Wasser zurückfallen, als ob er ES höhnisch Beifall zollen würde für das, was geschehen war.
Erbittert blickte der Pararealist hinter den Tieren her, bis sie im Dunst der Ferne verschwunden waren.
Warum nur?
Es war ihm nicht gelungen, dieses Rätsel zu lösen, und er fürchtete, daß es ihm auch nicht mehr gelingen würde.
Die Fragen schmerzten.
Paunaro hatte ein ganz anderes Problem als er, aber das tröstete ihn nicht, sondern machte es ihm nur noch schwerer, die Entscheidung von ES zu akzeptieren.
Paunaro fühlte sich durch die Verleihung der Unsterblichkeit keineswegs von ES ausgezeichnet, sondern eher verstoßen!
Erst vor wenigen Minuten hatte er Sato Ambush wieder erklärt, warum es so war. „Ich durfte nicht wie alle anderen meiner Artgenossen in die Superintelligenz aufgehen", hatte er gesagt. „Das wäre mir sehr viel wichtiger gewesen als die Unsterblichkeit!"
Sato Ambush hatte sich - wie schon einige Male zuvor, wenn Paunaro ihm dies erläutert hatte - verhöhnt gefühlt.
Es wäre doch so einfach gewesen! ES hätte Paunaro in sich aufnehmen und ihm - Sato Ambush - dann den dadurch frei gewordenen Unsterblichkeitschip geben können.
Warum hatte ES diese Lösung nicht gewählt? Warum war ES diesen einfachen Weg nicht gegangen, der beide zufriedengestellt und glücklich gemacht hätte? „Ich werde es nie verstehen", sagte Sato Ambush. Er blickte in die Tiefe, und er hatte das Gefühl, daß die gischtenden Brecher und die vom Wasser ausgewaschenen Klippen ihn nach unten ziehen wollten.
War es nicht gleich, wann er sein Leben beendete? Was spielte es für eine Rolle, ob es jetzt vorbei war oder in einigen Jahren? Was waren ein paar Jahre im Vergleich zur ewig währenden Unsterblichkeit?
Unwillkürlich trat er einen Schritt von der Felskante zurück. So leicht wollte er es ES nicht machen.
Irgendwie konnte er verstehen, daß ES Paunaro nicht in sich aufgenommen hatte. Für diese Entscheidung konnte es eigentlich nur eine Erklärung geben: ES hatte irgendeine Aufgabe für Paunaro, die dieser erst erfüllen mußte, bevor er dann vielleicht doch noch geholt werden konnte. „Vielleicht ist auch das ein Irrtum", sagte er leise. Er drehte sich um und ging den gleichen gewundenen Pfad hinunter, über den sich der Nakk zuvor entfernt hatte.
Wenn ES einen bestimmten Zweck mit Paunaro verfolgte, warum hatte die Superintelligenz sich dann nicht wieder gemeldet?
Es kann sich bei Paunaro nur um eine Langzeitplanung handeln, dachte er.
Jahre und Jahrzehnte waren vergangen, ohne daß ES sich mit einem Auftrag an den Nakk gemeldet hätte.
Er hatte sich in all den Jahren nur drei- oder viermal mit Paunaro über dieses Problem unterhalten.
Wir sind überhaupt ein seltsames Paar, erkannte er. Wir sind introvertiert und sehr schweigsam.
Obwohl sie sich stets nahe gewesen waren in all den Jahren, hatten sie oft tage- und wochenlang kein einziges Wort miteinander gewechselt. Sie waren nicht immer nur an einem Ort geblieben, sondern hatten mit der TARFALA viele Reisen in die Tiefen des Universums unternommen. Sie waren auf zahlreichen, höchst interessanten Planeten gewesen und hatten sich zur Erforschung der 5. Dimension in Schwarze Löcher, in Raumzeitfalten und Pararealitäten zurückgezogen. Sie hatten zahllose wissenschaftliche Experimente gemacht, und vor allem Sato Ambush hatte die
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