1615 - Allee der Toten
Gag. Da wird die Presse manipuliert. Bei einem Thema wie diesem ist das leicht.«
Johnny lachte. »Medien und Menschen. Du weißt ja selbst, was da oft Sache ist.«
»Dann war also alles ein großes Schauspiel?«
»Kann sein.«
So einfach wollte ich die Dinge nicht hinnehmen. Meine nächste Frage zielte auf den Filmtitel.
»Warum heißt der Streifen denn Allee der Toten? Kannst du darüber etwas sagen?«
»Hm…«
Ich wartete, und Johnny ließ sich noch etwas Zeit mit der Antwort.
»Wenn du mich so fragst, kann ich dir keine genaue Antwort geben.«
»Hast du denn eine Idee?«
»Sie ist weit hergeholt.«
»Sag sie trotzdem.«
»Nun ja, es ist so…«, er überlegte noch mal. »Wenn man den Streifen sieht, dann verschwinden die Menschen in einem Haus. Das habe ich dir gesagt. Vor dem Haus gibt es eine Straße, die zu dem Bau führt. Links und rechts von der Straße stehen Bäume.«
»Also eine Allee«, sagte ich. »Genau.«
»Dann würde der Titel ja zutreffen.«
»Stimmt, John. Da war eine Allee, aber ich habe keine Toten gesehen und mir auch weiterhin keine Gedanken über den Titel gemacht. Das kann man alles vergessen.« Genau das wollte ich nicht, denn dieser Frank Morgan hatte mich nicht grundlos angerufen. Nur hatte er leider zu wenig gesagt, und ob er noch lebte, wusste ich auch nicht.
Johnny fragte, was ich jetzt vorhatte, und meine Antwort troff nicht vor Optimismus.
»Das weiß ich noch nicht genau. Ich könnte mich bei den Kollegen erkundigen. Irgendetwas muss doch hängen geblieben sein…«
Es blieb beim Vorsatz, denn ich sah, dass Suko aufstand und ins Vorzimmer ging. Ich telefonierte weiterhin mit Johnny und fragte ihn: »Weißt du eigentlich, wo der Film gedreht wurde?«
»Nein, keine Ahnung.«
Ich präzisierte. »War es im Studio oder draußen?«
Johnny überlegte kurz. »Wahrscheinlich draußen. Ja, ich bin mir sogar sicher, dass er draußen gedreht wurde. Das war kein Studio. Das sah alles sehr echt aus.«
»Okay. Der Ort müsste ja zu finden sein. Ein Haus. Eine Allee davor…«
Jetzt war Zeit für Johnny, die Frage zu stellen, die ihm auf dem Herzen brannte.
»Darf ich fragen, warum du dich überhaupt für diesen Streifen interessierst? Er ist nicht mehr in. Er ist Vergangenheit, wenn man das so sagen darf.«
Ich erklärte ihm den Grund. Und er wurde still, als ich die Aussage des Regisseurs wiederholte.
»Das ist ein Hammer.«
»Meine ich auch.«
Er lachte. »Kein Wunder, dass dich der Film so sehr interessiert.«
»Gut, dann werde ich jetzt Schluss machen. Das Gespräch bleibt erst mal unter uns.«
Er musste lachen. »Meinst du, dass Dad sich einmischt?«
»Das würde er bestimmt tun. Sollte er uns jedoch weiterhelfen können, werde ich mich an ihn wenden.«
»Gut, lassen wir es dabei.«
Es folgte eine kurze Verabschiedung, dann lehnte ich mich zurück und stellte fest, dass ich mich allein im Büro befand. Glenda und Suko hielten sich im Vorzimmer auf, denn von dort hörte ich ihre leisen Stimmen.
Ich erhob mich und betrat den Nebenraum. Sie sahen mich nicht an der Tür stehen, dafür sah ich sie und erkannte, dass beide nicht eben glücklich aussahen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Na, habt ihr Erfolg gehabt?«
Suko drehte kurz den Kopf. »Sehen wir so aus?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Eben. Die Kollegen wissen nichts. Es gibt keine Vermisstenmeldung. Die drei Hauptdarsteller sind verschwunden. Zwei junge Männer und eine junge Frau.«
Glenda Perkins sah die Dinge etwas positiver. »Aber mir ist etwas aufgefallen.«
»Super und was?«
»Es geht um diesen Lucky Lister. Den Produzenten mit dem seltsamen Namen.« Sie lächelte nicht. Ihr Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Ich habe herausgefunden, wo er sich aufhält.«
Diese Formulierung sorgte bei mir für ein leicht ungutes Gefühl. »Er lebt nicht zu Hause?«, fragte ich.
»So ist es. Lucky Lister befindet sich in einer Klinik. Er ist nicht körperlich krank.«
»Dann also geistig?«
»So kann man es sagen. Was es genau ist, weiß ich nicht. Das sagte man mir nicht. Er befindet sich in einer privaten Klinik hier in London. Das Haus liegt in Chelsea.«
Ich lächelte knapp. »Dann hast du sicherlich auch die Adresse?«
»Und ob.« Glenda hatte sich die Anschrift sogar notiert und reichte sie mir rüber.
Die Gegend war mir nicht unbekannt. Sie lag zwischen King’s Road und dem Chelsea Embankment, eine bekannte Straße, die parallel zum Fluss führt. Suko stand bereits auf.
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