1616 - Mörderengel
schnell verschwinden würde.
Suko lenkte den Rover in die Abfahrt hinein. Wir folgten einer lang gezogenen Rechtskurve, die in einer Straße mündete, an der einige Schilder standen, auf denen wir die Namen der Ortschaften lasen, die von hier aus zu erreichen waren.
Ich schaute zu Suko hin, der leicht lächelte. Er lenkte den Wagen in die Mündung eines Feldwegs, der einen großen Acker durchschnitt. Wenn wir hier standen, störten wir keinen.
Der Motor verstummte. Ich nahm das Blaulicht vom Dach und legte es vor meine Füße.
»Dann warten wir mal auf unseren anderen Engel«, meinte Suko. »Auf Glenda…«
Sir James Powell hatte etwas erlebt, was bei ihm schon neu war.
Normalerweise hielt er das Heft in der Hand. In diesem Fall hatte er das Handeln Glenda Perkins überlassen und musste zugeben, dass sie sehr überzeugend gewirkt hatte.
»Was sagen Sie, Sir?«
»Das war ausgezeichnet.«
»Danke.«
»Und Sie glauben, dass Sie es schaffen?«
Glenda lachte leise. »Ich kann nicht in die Zukunft schauen, aber es ist unsere einzige Chance. Noch denkt dieser Rasmus, dass sich John und Suko auf der Fahrt befinden. Das ist auch so, und er kann davon ausgehen, dass es noch Stunden dauern wird, bis sie hier in London eintreffen. Das ist auch richtig so. Aber er weiß nicht, dass wir noch einen Trumpf in der Hinterhand halten.«
»Gut, dann spielen Sie ihn aus.« Sir James saß hinter dem Schreibtisch.
Eine Hand hatte er wie zum Schutz auf die Krone gelegt. Wie jemand, der einen wertvollen Gegenstand als sein Eigentum betrachtet. Er schaute Glenda an und sagte mit leiser Stimme: »Wissen Sie, dass ich stolz darauf bin, eine Mitarbeiterin wie Sie zu haben?«
Glenda zuckte zusammen. So etwas hatte sie noch nie gehört. Ein Kompliment aus dem Mund ihres Chefs, das war etwas ganz Besonderes. Das kannte sie nicht, und sie merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
»Ja, Glenda, ich meine es ehrlich. Es ist nicht leicht, in einer derartiger Lage die Nerven zu bewahren. Sie haben es nicht nur getan, Sie stecken sogar voller Ideen. Darauf können Sie stolz sein.«
»Danke, Sir, aber jetzt muss ich mich auf meine Aufgabe konzentrieren. Es wird nicht leicht sein.«
»Ich weiß. Soll ich mein Büro verlassen?«
»Nein, auf keinen Fall. Sie können gern hier bleiben.«
»Es wird uns auch niemand stören. Ich habe dafür gesorgt, dass keine Anrufe mehr durchgestellt werden.«
»Ja, das ist gut.« Glenda nickte ihrem Chef noch kurz zu und bewegte sich dann von ihm weg. Es sah so aus, als wollte sie auf die Wand neben Sir James’ Schreibtisch zugehen, änderte jedoch ihre Richtung und stellte sich vor das Fenster.
Dort blieb sie stehen, ohne sich zu bewegen. Sie schien sogar die Atmung eingestellt zu haben. Sie schloss auch die Augen, und Sir James, der sie beobachtete, hatte den Eindruck, dass sie zwar noch vorhanden war, sich geistig aber bereits weit weg aufhielt. Zumindest in ihren Gedanken und ihrer Vorstellungskraft.
Sir James wartete. Er war nicht so leicht aus der Bahn zu werfen und konnte auch in der größten Hektik den Überblick behalten. Was er jetzt allerdings zu sehen bekam, das war für ihn eine Premiere.
Glenda schien schmaler zu werden, obwohl das nicht stimmte. Er bildete es sich ein, und plötzlich musste er mit anhören, wie sie heiser aufstöhnte.
Er wollte etwas sagen, ihr helfen, zur Seite stehen, doch das brauchte er nicht. Er sah noch, wie Glenda ihren Kopf leicht drehte und ihn dabei anschaute.
Sir James konnte diesen Blick nicht richtig einschätzen. Passte er zu einem Abschied? Zu einem Wissen? Wollte sie ihm gegenüber etwas andeuten?
Er erhielt keine Antwort auf diese Frage, denn genau in diesem Augenblick lösten sich Glendas Konturen auf. Ihr Körper wurde durchscheinend, und plötzlich sah es aus, als hätte jemand einen großen Radiergummi genommen und Glenda Perkins damit verschwinden lassen. Die Stelle, an der sie gestanden hatte, war plötzlich leer…
Sir James hatte es gewusst. Er hatte damit gerechnet. Es war auch alles okay, aber dies in der Praxis zu erleben war für ihn schon fantastisch. Er hockte bewegungslos auf seinem Schreibtischstuhl und musste sich erst damit abfinden, dass er allein war.
Sir James hoffte, dass Glendas Reise nicht zu lange dauern würde und sie ihr Ziel so bald wie möglich erreichte, denn jetzt kam es ihm schon komisch vor, allein zu sein.
Dabei war dies ständig der Fall. Sir James teilte sein Büro mit keiner zweiten Person, das hätte er
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