1618 - Der brennende Himmel
hängen.«
»Sie meinen die Fotos?«
»Ja, Mr. Sinclair. Etwas anderes tue ich ja nicht. Ich mache Aufnahmen. Ich bin unterwegs, und ich habe diesen Himmel tatsächlich brennen sehen. Das heißt, es ist mir so vorgekommen. Für mich als Fotograf war es ein Glücksfall. So etwas bekommt man nicht noch mal vor die Linse, das denke ich mir.«
»Und weiter?«
»Nichts mehr. Ich habe den Film entwickelt und einige Aufnahmen ins Internet gestellt. Das hat wohl irgendeiner Macht nicht gepasst. Aber fragen Sie mich nicht, welcher. Ich kann Ihnen darauf leider keine Antwort geben.«
Der Fotograf schaute mich an, als hätte ich eine Erklärung dafür. Damit konnte ich ihm nicht dienen, aber ich erklärte ihm, dass auch ich etwas bemerkt hatte. Er staunte mich an. »In meinem Haus?«
»Ja.«
»Und was?«
»So leid es mir tut, Mr. Franklin, da muss ich passen. Ich weiß es einfach nicht.«
»Aber es ist etwas in meinem Haus gewesen?«
»Ja.«
Er schnappte zweimal nach Luft. »Kann es sein, dass Sie auch eine Stimme gehört haben?«
»Haben Sie das?«
»Und ob ich eine Stimme gehört habe. Nur habe ich niemanden gesehen. Ich wusste auch nicht, woher die Stimme kam. Sie war überall und drang von allen Seiten auf mich ein. Sie - sie - muss das ganze Haus erfüllt haben. So kam es mir vor. Ich habe mich auch daran gehalten, was sie sagte…«, er lachte, »… nur Sie haben das nicht getan, und genau das ist jetzt das Problem für mich.«
»Das sehe ich auch so.«
Bill fragte: »Und du kannst wirklich nicht mehr dazu sagen?«
»Leider nicht. Man hat mich nur gewarnt, und ich weiß jetzt, dass diese andere Macht den brennenden Himmel zu verantworten hat. So sehen die Tatsachen aus.«
»Warum brennt der Himmel?«
»Ich weiß es nicht, Bill. Ich weiß auch nicht, wer dahintersteckt. Es kann eine Urkraft sein, die das Feuer der Hölle für sich einsetzt, wie auch immer.«
»Ja, das ist möglich.« Ich wandte mich wieder dem Fotografen zu, der eine Hand auf das Dach des Porsche gelegt hatte und zu seinem Haus schaute.
»Sie haben ja die Bilder geschossen. Würden Sie uns sagen, wo das war?«
»Nicht mal weit weg von hier. Westlich von Windsor. Es war ein Zufall. Ich war auf der Rückreise von einem Fototermin. Es waren Modeaufnahmen, die in einer alten Burg gemacht wurden. Da habe ich dann das Phänomen am Himmel entdeckt und war davon fasziniert. Ja, ich war richtig begeistert. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich wusste nicht, dass es so etwas gibt. Nun ja, da musste ich einfach fotografieren.«
»Da gab es noch das Licht - oder?«
»Ja, diese hellen Streifen. Über sie habe ich mich ebenfalls gewundert. Zuerst dachte ich an die letzten Strahlen der Sonne, aber das traf nicht zu. Das war kein Sonnenlicht. Das war etwas völlig Fremdes. So ein Licht habe ich noch nie im meinem Leben gesehen. Das müssen Sie mir glauben.« Er senkte seinen Blick. »Wenn ich jetzt darüber nachdenke, läuft mir noch immer ein Schauer über den Rücken.« Er hob den Blick wieder an. »Und wissen Sie den Grund?«
»Nein.«
»Ganz einfach, ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dieses Licht nicht von dieser Welt stammt. Es muss woanders hergekommen sein, aber darüber kann man nur spekulieren, und das will ich erst gar nicht. Da verliert man leicht den Verstand.«
»Warum?«, fragte Bill.
Der Fotograf senkte bei seiner Antwort die Stimme. »Mir kam in den Sinn, dass es Licht aus dem Jenseits gewesen sein könnte.« Er nickte heftig. »Lachen Sie nicht. Ich habe daran gedacht, was Menschen erlebt haben, die so gut wie tot gewesen und wieder zurück ins Leben geholt worden sind. Die haben allesamt von einem Licht gesprochen, das so herrlich, so hell und auch Vertrauen erweckend gewesen ist, dass sie einfach nur dorthin wollten und nicht mehr zurück. So habe ich das gesehen, und dabei bleibe ich auch.«
»Sie haben das Licht also als positiv eingeschätzt«, stellte ich fest. »Das kann man so sagen. Zumindest nicht als negativ oder angriffslustig.«
»Dann wäre es Ihnen also gelungen, ins Jenseits zu schauen, ohne dass Sie ein Nahtoderlebnis gehabt hätten. Liege ich damit richtig?«, fragte Bill.
»Ja, das liegen Sie wohl.«
Der Reporter schaute mich an. Es hatte keinen Sinn, es mit einer Erklärung zu versuchen. Alles, was ich sagte, konnte falsch sein. So kamen wir auch nicht weiter.
»Was haben Sie denn jetzt vor?«, fragte Bill den Fotografen. »Wollen Sie wieder zurück in Ihr Haus?«
Franklin verzog die Lippen.
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