1618 - Der brennende Himmel
und ich wurde langsam sauer. Dann dachte ich daran, mein Kreuz hervorzuholen. Vielleicht zeigte es mir den Weg.
»Geh! Verschwinde aus meinem Kreis. Ich will dich nicht…«
Die fremde Stimme war auf einmal da gewesen.
Ich war nicht mal zusammengezuckt. Ich stand starr auf dem Fleck. Ich fühlte mich wie von einer anderen Macht gebannt, die sich zwar in der Nähe aufhielt, sich aber nicht zeigte oder nicht zeigen wollte.
Ich fand auch nicht heraus, aus welcher Richtung mich die Stimme erreicht hatte. Sie schien von allen Seiten gekommen zu sein, und so drehte ich mich um die eigene Achse, um etwas zu entdecken, was mir leider nicht gelang.
Es hatte sich in meiner unmittelbaren Umgebung nichts verändert. Aber die Stimme war vorhanden gewesen, und der Verdacht, dass sie aus dem Unsichtbaren gesprochen hatte, verstärkte sich bei mir immer mehr.
Ich wollte den Sprecher locken. Ich ging im Zimmer auf und ab. Das Kreuz behielt die Wärme bei. Sie blieb auch gleich. Es gab weder eine Verstärkung noch eine Abschwächung. So schien der gesamte Raum von dieser anderen Macht erfüllt zu sein.
Ich kam mir nicht mal lächerlich vor, als ich ins Leere sprach.
»Wer immer du bist, du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich deinem Ratschlag folgen werde? Zeig dich, auch wenn du aus einer anderen Dimension stammst. Ich habe nichts zu verbergen.«
»Ich bin da, und ich werde bleiben. Ich werde euch meine Stärke zeigen, denn ich bin der, der den Himmel brennen lassen kann. Ja, ich lasse den Himmel brennen. Hütet euch vor mir, sonst wird euch das Feuer verschlingen. Das Feuer der Urzeit. Ich zeige es euch allen.«
»Gut, gern. Warum nicht auch mir? Bitte, ich will dich sehen. Auch dann, wenn du keinen menschlichen Körper mehr hast.«
»Warte es ab…«
»Nein, ich will…«
»Du willst nichts. Ich bestimme, wann wir wieder aufeinandertreffen. Nur ich allein…«
Er hatte seinen letzten Satz gesprochen. Ich sah nicht, dass er verschwand, aber es war an meinem Kreuz zu spüren, denn die Wärme verging. Es wurde wieder normal.
Auch wenn mir nicht klar geworden war, mit wem ich es genau zu tun hatte, ich wusste, dass es ein höllisch gefährlicher und auch mächtiger Feind war. Man konnte von einer Geistgestalt sprechen, auch wenn ich hier nichts zu Gesicht bekommen hatte. Das musste nichts heißen. Ein Wesen wie dieser Geist konnte Dimensionen überbrücken wie Menschen, die von einem Zimmer ins andere gingen.
Das Haus war leer. Ich brauchte mich nicht erst in der oberen Etage umzuschauen.
Draußen warteten Bill und der Fotograf. Deshalb verließ auch ich das Haus.
Die beiden standen in der Nähe des Porsches. Bill sprach auf Alan Franklin ein. Als er mich sah, hörte er auf und lächelte.
Ich hielt bei den beiden an. Der Fotograf starrte mich an, traute sich aber nicht, auch nur ein Wort zu sagen. In seinem Gesicht zuckte es. Der Ausdruck der Angst war noch nicht verschwunden.
Bill übernahm das Wort.
»Das ist John Sinclair, von dem ich Ihnen schon erzählt habe.«
»Ja, ich - ahm - ich weiß.«
Mehr sagte er nicht. Dafür übernahm Bill Conolly das Reden und fragte mich: »Hast du etwas entdeckt?«
Was sollte ich dazu sagen? Die Antwort fiel mir schwer. Ich hob die Schultern und murmelte: »Eigentlich nichts.«
Bill kannte mich. Ihm war klar, dass ich nicht bereit war, mit der ganzen Wahrheit herauszurücken. So kam er auf das zu sprechen, was er von Alan Franklin gehört hatte.
»Er hat etwas gesagt, John.«
»Und was?«
»Alan war nicht allein in seinem Haus, obwohl er nichts gesehen hat. Eine Stimme hat ihn gezwungen, mich anzurufen. Dieser Unbekannte wollte nicht, dass wir hierher kommen. Wir haben nicht darauf gehört, und das muss die andere Macht gespürt haben. Alan fühlte sich bedroht, in seinem Haus herrschte eine eisige Kälte, wie sie eigentlich nur das Jenseits ausstrahlen kann. Er war zwar nicht in der Lage, sie mir genau zu beschreiben, aber ich weiß trotzdem, was er damit gemeint hat. Und das sollte auch dir nicht neu sein.«
»Ich verstehe.«
Der Fotograf hatte uns zugehört. »Da war etwas«, sagte er. »Da war jemand, den ich nicht gesehen habe. Es ist schlimm gewesen. Ich fühlte mich bedroht, und ich habe noch nie in meinem Leben eine so große Angst gehabt. Verstehen Sie? Ich musste einfach raus. Wäre ich geblieben, hätte ich mein Leben verloren.«
»Haben Sie eine Erklärung?«, fragte ich.
»Nein, die habe ich nicht. Nur eine Vermutung. Es muss mit meinem Beruf zusammen
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