162 - Ein Bildnis, das die Hölle schuf
wollte Licht machen, um sie besser zu sehen, doch der Schalter klickte nur. Klar, die Lampe war ja kaputt.
Unter den Füßen des Gneels knirschten die Glasscherben. Andy Ross blies sich auf, um größer zu wirken. »Das war’s dann, Kumpel!« sagte er schneidend. »Du hast heute nicht deinen Glückstag. Pech für dich, daß du dir dieses Hotel ausgesucht hast, und noch dazu ausgerechnet dann, wenn ich Dienst habe. Ich schlage vor, du kommst jetzt ganz langsam heraus und läßt dir keine weiteren Dummheiten einfallen. Ich war vier Jahre Mitglied eines Karatevereins und brachte es bis zum blauen Gürtel. Das nur zu deiner Information. Wenn du was versuchst, klopfe ich dir die Birne weich. Alles klar?«
Der Gneel setzte sich in Bewegung. Er baute auf den Schock, den er mit seinem schrecklichen Aussehen auslösen würde, und seine Rechnung ging auf.
»Oh, mein Gott!« stöhnte der Hotelboy, als er sah, was da auf ihn zukam.
Er wollte Alarm schlagen, aber der Gneel war schneller. Er packte Andy Ross mit seinen roten Zungen und riß ihn an sich. Der junge Mann wehrte sich verzweifelt, doch der Gneel ließ ihm keine Chance.
***
Hannahs Bar war ziemlich heruntergekommen. Eine Zeitlang war das Geschäft überhaupt nicht gelaufen, doch nun ging es so einigermaßen, weil ein paar schmierige Typen die Bar zu ihrem Stammlokal gemacht hatten.
Das hatte Hannahs Bar innerhalb kurzer Zeit einen üblen Ruf eingebracht, so daß anständige Leute jetzt erst recht einen großen Bogen um das Lokal machten, aber das störte Charles Hannah nicht, solange in der Kasse nicht mehr diese deprimierende konstante Ebbe herrschte.
Die Schmierigen tranken eine ganze Menge; manchmal verpraßten sie ihr ganzes Geld bei Hannah. Dann gingen sie hinaus, stiegen auf ihre Motorräder und brausten davon. Es war nicht einfach, mit ihnen auszukommen, aber Hannah hatte einen Weg gefunden, zu überleben. Was immer sie in seiner Bar ansiellten - es ging in Ordnung. Er regte sich niemals auf und wies seine unbequemen Gäste nicht zurecht.
Für den Schaden, den sie anrichteten, kam die Versicherung auf. Fast jede Woche schickte er eine Schadensmeldung ab. Der Mann, der ihm die Versicherung aufgeschwatzt hatte, als hier nichts los gewesen war, guckte nun ziemlich belämmert aus der Wäsche, aber ein Vertrag ist ein Vertrag -und die Gesellschaft war verpflichtet zu blechen.
Damals, als sich kein Schwanz in die Bar verirrte, hatte Hannah einen Käufer gesucht, jedoch keinen Dummen gefunden, dem er das Lokal hätte andrehen können. Jetzt, wo die Durststrecke überwunden war, dachte der alte Mann nicht mehr ans Verkaufen. Solange er arbeiten konnte, wollte er die Bar behalten.
Als Edna und James Purviance das Lokal betraten, stießen die Typen Pfiffe aus, die Edna galten. Eine so toll gebaute Frau sah man hier selten.
Disco Brannik hatte soeben den Musikautomaten gefüttert. Eigentlich hieß er Joe, aber alle nannten ihn »Disco«, weil er so verrückt nach Disco-Musik war.
»He, Disco, wäre das nicht eine Partnerin für dich?« rief der kleine, drahtige Jimmy Cook.
»Ja!« rief Herbie Wills. »Leg ’ne heiße Sohle mit der Puppe aufs Parkett!«
Disco fischte seinen Aluminiumkamm aus der Gesäßtasche und frisierte sein Brillantinehaar, das wie flüssiger Teer glänzte. Er hielt sich für den Schönsten, für den Eroberer - und für den besten Tänzer sowieso.
James Purviance fiel mit seinem »Künstlerschal« selbstverständlich auf. Die Typen lachten über ihn. Ihm die Begleiterin wegzunehmen war eine Kleinigkeit.
Der Monster-Maler ignorierte die Gäste. Er begab sich mit Edna zum Tresen, hinter dem Charles Hannah stand.
»Sind Sie Hannah?« fragte er.
»Prima Name, was?« gab der Barbesitzer - mit schlechten, schiefen Zähnen grinsend - zurück. »Man kann ihn vorwärts und rückwärts lesen, er bleibt gleich. Was darf es sein?«
»Scotch, zweimal«, antwortete der Maler.
Edna stand knapp neben ihm. Sie fühlte sich nicht wohl. Ärger lag in der Luft, man konnte ihn direkt greifen.
Charles Hannah bediente die Gäste.
Disco Brannik arbeitete sich mit eckigen Bewegungen an Edna heran. »Komm!« befahl er. Als sie nicht gehorchte, griff er nach ihrer Hand.
Purviance drehte sich gelassen um. »Laß meine Frau los und verschwinde!«
»He, he, he! Was sind denn das für Töne? Du tickst wohl nicht richtig. So kann man doch nicht mit Disco Brannik reden!« knurrte der selbsternannte beste Tänzer aller Zeiten.
»Laß meine Frau los!«
Weitere Kostenlose Bücher