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162 - Wer den Sturm sät...

162 - Wer den Sturm sät...

Titel: 162 - Wer den Sturm sät... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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tatsächlich war.
    »Ich sagte euch«, bemerkte der Baumsprecher gelassen, »dass dieser Ort böse ist. Das Leben, das wir hier vorfinden, ist mutiert. Krank. Es entwickelt sich auf einer Ebene, die dem Mars nicht auf natürliche Weise entspringt. Ich kann die Ablehnung körperlich spüren; es ist sehr unangenehm. Am liebsten würde ich sofort umkehren.«
    »Hast du keine Hoffnung, dass wir hier finden, wonach wir suchen?«, fragte Maya langsam.
    In Windtänzers großen schrägen, fast durchgehend dunkelgrünen Augen lag eine Mischung aus Schmerz, Widerwillen und Trotz. »Ich wäre nicht hier, Maya, wenn es so wäre. Es ist der richtige Weg, so sehr sich auch alles in mir dagegen sträubt. Ich sehe es als Prüfung an, bevor ich Sternsang folge.«
    Matt entschloss sich, keine weitere Zeit zu vergeuden.
    »Dann los!«, sagte er und schritt bis an den Rand vor, um einen Weg nach unten zu suchen.
    ***
    Der Zielpunkt befand sich etwa zweihundert Meter Luftlinie entfernt, in einer Tiefe von rund zwei Kilometern. Mit viel Glück mussten sie sich auf der Kletterpartie nicht zu weit davon entfernen.
    Maya und die anderen hatten glücklicherweise alles, was man für eine Felswandbesteigung brauchte, aus den Goliaths mitnehmen können. Nur das Wasser war knapp; es würde bei strenger Einteilung noch einen Tag reichen, und sie hofften, auf dem Weg nach unten irgendein Rinnsal zu finden. Die Chancen dafür standen gut. Natürlich würde dieses Wasser radioaktiv verseucht sein, aber in den Medsets befanden sich Prophylaxen für solche Fälle, und die medizinische Nachbehandlung nach Abschluss der Mission würde die letzten Strahlungsreste beseitigen.
    Die Notrationen reichten für gut eine Woche, darüber brauchten sie sich keine Gedanken zu machen.
    Clarice und Roy, geübte Bergsteiger, fanden die erste Abstiegsmöglichkeit. Das bedeutete, sich zuerst etwa dreißig Meter auf einen Vorsprung abzuseilen, dann noch einmal etwa zehn Meter über einen Überhang, doch dann ging es zu Fuß über einen schmalen, von Geröllen überlagerten, natürlichen Gebirgspfad weiter nach unten, dem Zielpunkt entgegen.
    Matt stellte sich neben Chandra, während die Zwillinge die ersten Haken einschlugen und für die anderen den Weg vorbereiteten. Seit dem überstürzten Aufbruch von der AENEA hatten die beiden keine Gelegenheit mehr gehabt, ein kurzes Gespräch zu führen oder sich nahe zu sein. »Geht es dir gut?«, fragte er leise.
    »Aber ja«, gab sie zurück. »Es ist seltsam, aber ich hatte weniger Angst, als ich glaubte. Ich war sicher, dass du uns sicher runter bringst und einen Weg findest, wenn wir verschüttet werden. Und so kam es ja auch.«
    »Ich bin froh, dass du dabei bist«, wisperte er.
    Sie lächelte, blickte ihn jedoch nicht an, sondern schaute scheinbar unbeteiligt, mit verschränkten Armen, in den Abgrundhinab. »Ich auch, Matt. Ich verstehe allmählich, was Maya und dich immer hinaustreibt. Der Gedanke an endlose Krisensitzungen des Rates reizt mich überhaupt nicht mehr, obwohl ich unbedingt eine politische Karriere einschlagen wollte. Hier kann man wenigstens aktiv etwas tun, nicht nur reden.«
    »Und der Abstieg macht dir nichts aus?«, forschte er.
    Nun richtete sie ihre Augen, die in einem eigenartigen Licht funkelten, doch auf ihn. »Ich mag zwar aussehen wie ein verwöhntes Stadtgör, aber du sprichst mit der Jugendmeisterin im Freiklettern an der westlichen Steilwand des Albor-Kegels. Ich war nicht immer… so. Das begann erst während meiner Ausbildung, als mich der gesellschaftliche Ehrgeiz packte. Maya hatte schon Recht, mir das vorzuwerfen. Weißt du, in den drei Stunden gestern in der Finsternis unterm Sand hatte ich genug Zeit zum Nachdenken, und ich bin nicht gerade zimperlich mit mir umgesprungen.« Sie hob leicht die Schultern. »Es tut mir jetzt Leid, wie hochnäsig ich Windtänzer und den anderen gegenüber war. Und ich hoffe, nicht mehr rückfällig zu werden.«
    »Wer will als Erster?«, rief Roy aus dem Hintergrund.
    »Ich!«, antwortete Chandra sofort, und ihre Augen leuchteten auf. »Mal sehen, wie gut ich noch im Training bin!«
    ***
    Gegen Nachmittag hatten sie eine beträchtliche Strecke zurückgelegt. Der Himmel über ihnen war längst nur noch ein verschleiertes schmales Band, und sie bewegten sich zwischen gewaltigen schrundigen Felsmassiven, in die sich Wurzeln von Büschen und Bäumen krallten, Moose und Flechten nach einem guten Platz suchten, jede kleine Nische mit ein bisschen angewehtem

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