162 - Wer den Sturm sät...
Mineralsand oder Humus von Farnen und Fettkraut genutzt wurde.
Der schmale Weg, wenn man ihn so bezeichnen wollte, war abschüssig und rutschig. Meistens mussten sie sich an den Überhängen festhalten, um nicht haltlos nach unten zu gleiten.
Das Vorankommen war mühsam und langsam, aber bei weitem nicht so anstrengend wie in der irdischen Atmosphäre. Matt verbrauchte allerdings eine Menge Sauerstoff, und seine Kopfschmerzen nahmen zu, doch dagegen halfen Injektionspflaster aus dem Medset, die in bestimmten Intervallen eine geringe Dosis abgaben.
Mit der Tierwelt machten sie auch schnell Bekanntschaft, vor allem mit Insekten. Mücken, so groß wie Pferdebremsen, stürzten sich gierig auf die unerwartet zahlreiche Beute.
Glücklicherweise kamen sie mit ihrem Saugstachel nicht durch den nachgiebigen, aber sehr dicht gewebten Stoff der Anzüge, sodass nur Gesicht und Hals geschützt werden mussten.
Aufgrund ihrer Größe konnten sie sich nicht still und heimlich anpirschen, sondern kündigten sich rechtzeitig durch lautes Brummen an.
Doch als sie in immer größeren Schwärmen auftraten, mussten schließlich die Helme geschlossen werden; die Gefahr eines Stichs war zu groß.
Irgendwann hatte Windtänzer genug. Er blieb plötzlich stehen, holte Luft und stieß dann einen Schrei aus, so hoch und schrill, dass er in den Ultraschallbereich ging und für die Ohren der Menschen gerade noch wie das hohe Zirpen einer Fledermaus vernehmbar war. Auch davon hatte niemand gewusst, wie Matt an den erstaunten Blicken der anderen feststellte. Obwohl er nun schon längere Zeit mit Windtänzer und Sternsang zusammen gewesen war, taten sich immer neue Geheimnisse auf.
Und es wirkte tatsächlich; die Riesenmücken schwirrten augenscheinlich irritiert ab und kehrten nicht mehr wieder. Das Team konnte in Ruhe weitergehen.
Gesprochen wurde nicht viel, jeder war damit beschäftigt, keinen Fehltritt zu tun. Außerdem mussten sie Atem und vor allem Wasser sparen.
Teilweise legten sie den Weg in Seilschaft zurück, wobei Roy stets als Erster und Clarice immer als Letzte ging. Die beiden waren so aufeinander eingespielt, dass jeder immer wusste, was der andere gerade tat.
Die Sonne kroch irgendwann an dem dünnen Band des Himmels vorbei, das noch sichtbar war, und erhellte einen schmalen Streifen des Canyons, tauchte ihn in ein tiefrotes Licht, das in dem Dunst vielfach gebrochen und verstreut wurde, wie mit einem Weichzeichner.
Je weiter sie hinab kamen, desto wärmer wurde es. In der Nacht würde es hier unten wahrscheinlich angenehmer temperiert sein als im Großen Wald, Windtänzers Heimat.
Der Baumsprecher hatte inzwischen seinen Anzug abgelegt und trug ihn gefaltet in seinem Rucksack. Mayas strenge Ermahnung nutzte nichts; er weigerte sich, weiterhin die Schutzbekleidung zu tragen.
»Ich kann so nicht mehr atmen«, erklärte er, »und meine Sinne sind völlig taub. Ich bin der Natur hier hilflos ausgeliefert, wenn ich nicht hören und fühlen, riechen und sehen kann.« Tatsächlich wurden seine zusehends matteren Bewegungen von jetzt an deutlich lebhafter, und er kletterte mit größerer Trittsicherheit über die Felsen. Vor den Riesenmücken hatte er keine Angst, da er sie schon einmal erfolgreich vertrieben hatte. Teilweise übernahm er nun die Führung; er schien den Weg geradezu auf unheimliche Weise vorauszusehen.
»Nun«, sagte Maya einmal zu Elkon Mur, als sie nebeneinander gingen, »siehst du ein, dass wir ohne Windtänzer ziemlich aufgeschmissen wären?«
Der Gonzales gab keine Antwort. Sein Gesicht war schon seit längerer Zeit nachdenklich und verschlossen.
Rasfar Jakob hatte kaum Zeit, auf den Weg zu achten, er war ständig mit Messungen beschäftigt, hastigen Notizen und gemurmeltem Staunen.
Das wurde ihm zum Verhängnis.
Auf einem gut gesicherten Wegstück blieb er ein wenig zurück, um einige Aufnahmen zu machen und Proben zu nehmen. Da schoss aus einem Felsenloch ein langer Fangarm hervor, legte sich mit eiserner Klammer um seinen Körper und zog ihn mit einem Ruck an sich.
Rasfar stieß einen erschrockenen Schrei aus, der die anderen sofort alarmierte.
Matt sah gerade noch die zappelnden Beine des Mannes in dem Felsloch verschwinden. Windtänzer hastete bereits an ihm vorbei, gefolgt von Roy, der seine Pistole schon im Anschlag hielt.
»Rasfar!«, rief der Baumsprecher in die Dunkelheit des Lochs. »Bist du in Ordnung?«
»Hilfe!«, kam es gedämpft und wimmernd heraus. »Ich… kann mich nicht
Weitere Kostenlose Bücher