1624 - Die Atlantis-Hexe
und…
»Hallo, Purdy.«
Ihre Gedanken wurden durch seine Stimme unterbrochen. Eine Stimme, die sie kannte und die doch leicht verändert klang. Nicht mehr so natürlich, mehr künstlich.
Sie stierte die Gestalt an. Sie suchte etwas, aber sie wusste nicht genau, was sie suchte. Da musste es doch etwas geben, nach dem sie Ausschau halten konnte. Etwas anderes war nicht möglich…
»Willst du mich?«
Die nächste Frage hatte sie erreicht. Irgendetwas riss bei ihr. Sie war nicht mehr in der Lage, damit zurechtzukommen. Man wollte sie fertigmachen und…
»Ich warte auf dich…«
Es war vorbei mit der inneren Beherrschung, und Purdy brüllte los wie selten in ihrem Leben…
***
Ich rammte die Tür zum Bad nach innen, denn Suko und ich hatten gehört, wo der Schrei aufgeklungen war.
Die Tür flog nach innen, knallte gegen einen Stopper, wurde wieder zurückgeschleudert und erwischte mich an der Schulter, die sie dann anhielt. Unser Blick war frei, und was wir zu sehen bekamen, war im ersten Augenblick schlimm.
Purdy Prentiss war da. Aber wir fanden sie nicht normal vor. Sie lag quer über dem Rand der Wanne. Ihr Oberkörper war weit nach vorn gedrückt, sodass wir ihren Kopf nicht sahen. Dafür lagen die Arme gespreizt auf dem Wannenrand. Beide hörten wir das Schluchzen der Staatsanwältin.
So fertig hatten wir sie noch nie gesehen. Nicht mal im Panoptikum des Schreckens, in dem ich als Wachsfigur gestanden hatte.
Was war hier passiert? Was hatte sie so fertiggemacht? Zu sehen war nichts. Es gab keinen Angreifer. Das Bad sah völlig normal aus. Kein Hinweis auf eine Gefahr.
Und doch musste die Frau Schreckliches erlebt haben, sonst wäre sie nicht in eine derartige Lage geraten.
Suko blieb in der offenen Tür stehen und baute sich so auf, dass er in den Flur und auch ins Bad schauen konnte. Er wirkte dort wie ein Wachtposten und war bereit, sofort einzugreifen, sollte eine Gefahr drohen.
Ich berührte Purdy an der Schulter. Sie hatte nicht gesehen, wer hinter ihr stand, und sie zuckte zusammen, als sie die Berührung spürte. Sogar ein leiser Schrei wehte aus ihrem Mund.
»Bitte, Purdy, ich bin es. Du kannst dich beruhigen. Es gibt nichts, was dich bedroht.«
Erneut schrak sie zusammen. Es konnte sich dabei auch um ein Nicken handeln, was sogar wahrscheinlich war. Dann hob sie mühsam den Kopf. Ich hörte sie stöhnen und half ihr, sich weiter aufzurichten. Sie sollte nicht mehr länger in dieser Haltung bleiben.
Ich zog sie auf die Beine. Sie klammerte sich an mir fest, weil sie kaum die Kraft besaß, stehen zu bleiben. Ich suchte ihren Körper nach Verletzungen ab. Entdeckte keine, und so musste sie etwas anderes schockiert haben.
»Bitte, wir werden das Bad jetzt verlassen und…«
»Nein, John, ich möchte bleiben.«
»Gut.«
Sie stemmte sich in die Höhe, öffnete den Mund und fing an, tief durchzuatmen. Die Zeit gab ich ihr. Sie musste sich erst erholen. Dann konnten wir weitersehen.
Purdy legte ihren Arm um meine Schultern. Sie drehte den Kopf so, dass sie in den Spiegel schaute, als wäre dort etwas Interessantes zu sehen.
Das war nicht der Fall. Sie sah nur sich selbst und auch mich.
»Kannst du sprechen und erzählen, was passiert ist? Was hat dich so geschockt?«
»Ich - ich - werde mich bemühen.«
»Okay.«
Noch immer sah sie in den Spiegel, und dann sagte sie einen Satz, der mich und auch Suko ziemlich hart traf.
»Eric war hier.«
Ich schwieg und wechselte einen kurzen Blick mit Suko. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und deutete ein schwaches Kopf schütteln an.
Ich antwortete Purdy mit einer Frage. »Du sprichst von Eric La Salle? Oder nicht?«
»Ja, mein Eric.«
Eigentlich hätten wir jetzt abwiegeln müssen. Das taten wir nicht. Es war zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, denn dieses Wort hatten wir aus unserem Repertoire gestrichen.
»Also Eric.«
»Ja.«
»Und weiter?«
»Er war nicht allein, John. Diondra war bei ihm. Sie waren zuerst zu zweit, dann aber wurde aus ihr Eric La Salle, der längst tot ist.«
Das war ein wenig viel auf einmal. Auch Purdy wusste dies und hob nur die Schultern.
»Und du bist ganz sicher?«, fragte ich.
»Ja, das bin ich.«
»Erst zwei und dann einer?«
»Ja.«
»Kannst du uns das erklären?«
Die Frage kam zum richtigen Zeitpunkt, denn sie hatte sich wieder etwas gefangen. Sie wollte nur nicht länger stehen bleiben und setzte sich auf den Wannerand. Von dort aus deutete sie auf den Wandspiegel.
»Dort habe
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