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1626 - Die Nymphe

1626 - Die Nymphe

Titel: 1626 - Die Nymphe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wohl so nicht hinnehmen. »Aber sie ist tot!«
    »Ist sie das?«
    Ein kurzes Zögern, dann sagte sie: »Ja, das ist sie. Davon lasse ich mich auch nicht abbringen.«
    Schweigen entstand. Meine Menschenkenntnis reichte allerdings aus, um zu erkennen, dass Martha von ihren Worten nicht so überzeugt war.
    Das sah ich ihr an, denn sie hielt meinem Blick nicht stand.
    »Warum sagen Sie nicht die Wahrheit?«
    Die Hilfe kam für mich von einer anderen Seite. Judy hatte sich aufgerafft und sich auch wieder gefangen, was für mich nur von Vorteil sein konnte.
    »Bitte, sei still, Judy!«, zischte Mrs. Lee.
    »Nein, Martha. Wir müssen es Mr. Sinclair sagen. Er ist für uns wichtig. Melissa hat ihn ja nicht umsonst aufgesucht. Er hat nicht gelogen.«
    Martha wand sich. Sie schluckte, sie räusperte sich. Sie holte durch die Nase Luft, und es war zu sehen, dass sie ihre Hände verkrampfte. Sie focht einen innerlichen Kampf aus.
    Mit ruhiger Stimme stellte ich ihr meine Frage. »Was ist wirklich mit Melissa geschehen? Bitte, sagen Sie es. Springen Sie über diesen Graben hinweg.«
    Als Antwort hörte ich schwere Atemzüge. Erst danach konnte sie reden.
    Dabei nickte sie, und ihre Stimme war kaum zu verstehen. »Ja, sie ist tot, aber sie ist zugleich ein Phänomen.« Jetzt wich sie meinem Blick aus. »Melissa ist tot, und sie ist nicht verwest, wie es eigentlich hätte sein sollen.«
    Das war für mich eine nicht eben kleine Überraschung. »Und das wissen Sie genau?«
    »Ja, ich weiß es.«
    »Woher? Haben Sie das Grab geöffnet?«
    »Sie liegt in keinem Grab«, sagte Judy May.
    Ich zuckte zusammen, wollte nachhaken, aber Martha kam mir zuvor.
    »Wir haben Melissa hier im Kloster gelassen. Wer sie sehen will, muss in den Keller gehen…«
    ***
    Die Überraschungen rissen nicht ab. Ich sagte erst mal nichts, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Dass man sie nicht begraben hatte, dafür musste es einen Grund geben, und den wollte ich wissen. Auf meine Frage hin runzelte Martha die Stirn.
    »Es war auch für uns nicht leicht. Gestorben ist Melissa durch einen Herzschlag. Wir hatten vor, sie zu begraben, aber davon nahmen wir Abstand. Sie muss geahnt haben, dass sie ein plötzlicher Tod ereilen würde, denn sie hat mich ein paar Tage, bevor sie starb, noch gebeten, dass man sie nicht begraben möge. Sie - sie - war anders als die anderen Toten.«
    »Wieso?«
    »Das ist schwer zu sagen.« Martha fuhr mit der Hand durch ihr Gesicht.
    »Sie war für uns keine richtige Leiche. Wir ließen sie aus diesen Gründen, glaube ich, erst mal bei uns liegen. Nach drei Tagen sollte sie beerdigt werden. Man weiß ja, dass sich die Toten verändern, dass ihre Haut verwelkt, aber das war bei ihr nicht der Fall. Sie war und ist ein Phänomen. Ich will nicht sagen, dass sie in dieser Zeit aufblühte, sie kehrte auch nicht zurück ins Leben, aber sie zeigte auch keinerlei Spuren von Vergänglichkeit, und damit hatten wir große Probleme. Wir trauten uns nicht, Melissa zu begraben, und so liegt sie auch noch immer unten in einem Kellerraum.«
    »Haben Sie denn eine Vorstellung davon, warum sie nicht verweste?«
    »Nein.«
    Ich akzeptierte das so nicht. »Aber es muss einen Grund geben, der möglicherweise in ihrem Leben zu suchen ist. War sie eine besondere Frau? Hat sie etwas getan, was sie von den anderen Menschen unterschied? War sie besonders fromm? Hat sie sich zu ihren Lebzeiten viel mit dem Jenseits beschäftigt? Ging es ihr um andere Welten? Hat sie versucht, mit dem Jenseits und damit mit den Toten Kontakt aufzunehmen? Das alles hätte darauf hinweisen können, dass sie…«
    »Nein, Mr. Sinclair, nein.« Martha schüttelte den Kopf. »Ich weiß es zumindest nicht. Oder habe nichts bemerkt. Allerdings war sie sehr verschlossen und ist immer ihren eigenen Weg gegangen, das muss ich zugeben. Ansonsten kann ich nichts Negatives über sie sagen. Aber ich kann behaupten, dass sie als Tote fast besser aussieht als früher, als sie noch lebte.«
    »Das ist interessant. Und mir begegnete sie mit ihrem Zweitkörper. Ein Phänomen. Aber das tat sie nicht grundlos. Ich sehe sie als eine Warnerin an.«
    »Wovor?«
    »Vor einem drohenden Unheil.« Ich drehte mich Judy May zu. »Auch Sie sind gewarnt worden. Durch ein ebenfalls sehr ungewöhnliches Wesen, diese Nymphe.«
    »Das ist wahr.«
    Ich wurde wieder für Martha interessant. »Können Sie mir den Grund nennen, warum gerade Sie eine Begegnung mit ihrem Zweitkörper gehabt haben?«
    »Ja, das kann

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