1629 - Das Gift der schönen Laura
sie zwar wie ein Mantel umgeben, ihr Gesicht aber fast freigelassen. Ich konzentrierte mich darauf. Sie war eine klassische und auch eiskalte Schönheit. Sie sah aus wie ein böser gefährlicher Engel, sodass mir beinahe der Gedanke kam, dass sie zu den Engeln der Hölle gehörte, die es leider auch gab.
Nur der Dunst passte nicht dazu.
Und auch nicht der Geruch!
Er wehte jetzt stärker gegen mein Gesicht. Ich konnte ihm einfach nicht entgehen. Zum Glück war er nicht so dicht, dass er mir den Atem raubte, und so konnte ich mich normal verhalten.
Kalte Augen sahen mich an. In ihnen stand eine Botschaft, die Tod bedeutete.
Davon ließ ich mich nicht abschrecken. Auch nicht, als sich ihre schmalen Lippen zu einem Lächeln verzogen, bevor sie sich bewegte und mir ihre Arme entgegenstreckte.
Es war wie eine Einladung. Ich konnte entscheiden, ob ich sie annahm oder nicht. Es war klar, dass sie mich in ihrer unmittelbaren Nähe haben wollte.
Suko, der die Bewegung ebenfalls gesehen hatte, warnte mich mit leiser Stimme.
»Wag dich nicht zu weit vor!«
»Keine Sorge.«
Lange warten wollte ich nicht mehr. Deshalb trat ich den ersten Schritt auf sie zu. Ich vertraute dabei auf Sukos Rückendeckung und auch auf mein Kreuz.
Kaum hatte ich mich bewegt, da tat Laura das Gleiche. Sie ging mir entgegen, und der Nebel nahm an Dichte zu. Er breitete sich aus und wehte mir entgegen.
Ich ging das Risiko ein und vertraute auf mein vor der Brust hängendes Kreuz. Ich hatte es nicht berührt, um zu prüfen, ob es sich erwärmte. Ich wollte mich in diesem Fall einfach überraschen lassen.
Auch hatte ich damit gerechnet, dass der scharfe Geruch zunehmen würde. Das geschah nicht. Er blieb gleich, und als ich sie beinahe erreichte, da wunderte es mich, dass ich immer noch nicht unter Atemnot litt.
Laura wartete. Sie griff nicht an. Sie sagte nichts, was mich ebenfalls verwunderte, und Sekunden später war ich bei ihr.
Jetzt fasste ich sie an.
Beide Hände legte ich auf ihre Schultern.
Nichts geschah.
Mit allem hätte ich gerechnet, damit allerdings nicht. Ich ging einen Schritt weiter und drückte sie an mich. So kam es zu einer regelrechten Umarmung zwischen uns.
Jetzt musste sie reagieren. Ich wartete förmlich darauf, dass mir die Luft zum Atmen genommen wurde.
Das passierte nicht. Und ich erlebte auch keine Gegenwehr.
Zwischen unseren Körpern befand sich das Kreuz. Es hatte sich jetzt einbringen müssen, und ich war bereit, die Formel zu rufen, aber damit hielt ich mich noch zurück, weil plötzlich etwas passierte, womit ich nicht gerechnet hatte.
Beide standen wir in diesem Nebel, der mich nicht angriff. Ob es an der Nähe meines Kreuzes lag, wagte ich nicht zu beurteilen, aber das Phänomen ließ sich nicht aufhalten.
Der Nebel zog sich zurück!
Zuerst wollte ich es nicht glauben, nach einem genauen Schauen musste ich es zugeben. Da er sich zwischen unseren Gesichtern gehalten hatte, sah ich Lauras Gesichtszüge jetzt deutlicher und blickte direkt in ihre Augen.
Suko meldete sich. »John, das ist kaum zu glauben. Der Nebel löst sich auf!«
»Ich weiß.« Bisher hatte ich Laura festgehalten. Das wollte ich nicht mehr. Die Umarmung hatte ich schon gelockert. Jetzt löste ich sie ganz und trat zurück.
Aus der Distanz war es besser zu sehen. Man konnte auch nicht von einer Auflösung des Nebels sprechen, eher von einem Rückzug. Die feinen Schwaden drangen dort hinein, woher sie gekommen waren. Und zwar in den Körper der Frau. Auf der Haut schien sich jede Pore geöffnet zu haben, als wartete sie darauf, dass sich der Dunst wieder hinein in ihren Körper drängte.
Das tat er auch.
Laura stand vor mir wie eine völlig normale Frau. Von einem Nebel war da nichts mehr zu sehen, und auch der Ammoniak-Geruch war nur noch schwach zu riechen.
Es war für mich ein Phänomen. Ich wollte auch nicht großartig nach Erklärungen suchen, sondern schob es einfach auf mein Kreuz, das in diesem Fall besondere Kräfte entwickelt hatte.
Damit gab ich mich zunächst zufrieden. Die Praxis war jetzt wichtiger als die Theorie. Eigentlich hätte man davon ausgehen müssen, dass diese Laura sich zur Flucht wenden würde. Doch damit hatte sie nichts am Hut. Sie blieb stehen, wo sie war, und schaute uns an, denn Suko war zu mir gekommen und blieb neben mir stehen.
»Gib mir doch mal eine Erklärung, John.«
»Die habe ich nicht.«
»Sie will auch nicht mehr weg, wie?«
»Es sieht so aus.«
Dann stellte Suko eine Frage, die
Weitere Kostenlose Bücher