1629 - Das Gift der schönen Laura
schauten wir bald darauf wieder auf den Körper der schönen Laura.
Sie hatte sich nicht verändert. Auch weiterhin hielt sie ihren Mund weit offen. Nur drang kein dunkler Nebel mehr hervor, und wohin wir auch schauten, wir sahen ihn nicht.
Nur Laura war da.
Und sie starrte uns weiterhin an. Ihre Augen hatten die Klarheit verloren.
Der Blick wirkte jetzt verschwommen, als würden vor den Pupillen Nebelstreifen treiben.
Ich ging nicht auf sie zu.
Auch Suko hielt sich zurück.
Beide wussten wir, dass der Spuk seinen Fehler aus der Welt schaffen wollte. Er hatte etwas versucht. Es war fehlgeschlagen, und so war zu hoffen, dass er sein Experiment nicht wiederholte.
Ein schrecklicher Laut wehte uns entgegen. Er war in Lauras Kehle geboren, und es war der Anfang eines für sie schrecklichen Todes. Oder auch die endgültige Vernichtung.
Hatte uns der Spuk nicht gesagt, wie sie gestorben war? Dass man ihr die Haut vom Körper gerissen hatte?
Genau dieses Schicksal erlebte sie erneut. Es geschah von innen, und diesmal war es auch ein Nebel. Aber auf sie wirkte er wie eine starke Säure.
An den Schultern platzte die Haut zuerst auf. Es entstanden dort unterschiedlich große Löcher, aber es war kein Blut zu sehen, das aus diesen Wunden gequollen wäre. Der Körper der schönen Laura sah nur nach außen hin menschlich aus. Tatsächlich aber war es ein künstliches Geschöpf, ohne eine Seele.
Niemand von uns zog an diesen Hautlappen. Und doch glitten sie nach unten, und was da zum Vorschein kam, das war einfach nur verfaultes und widerlich riechendes altes Fleisch, als sollte dieser Gestank einem Ghoul Konkurrenz machen.
Das Gesicht blieb verschont, wir sahen es nur so schrecklich verzerrt. Es wehte auch kein Schrei mehr aus dem Mund. Laura starb lautlos. Oder verging so.
Das alte Fleisch hatte keine Festigkeit mehr. Und so war es nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Gestalt nicht mehr auf den Beinen halten konnte und zusammensackte.
Sie fiel zu Boden. Der Körper war zu weich geworden und erinnerte an eine stinkende Gummimasse, auf der tatsächlich noch der Kopf saß.
Verfaulte Beine, verfaulte Hände, Finger, die abfielen, als sie nach etwas greifen wollten.
Ein letzter Laut drang aus Lauras Mund.
Dann kippte der Kopf vom Hals und blieb in der Masse liegen, wo sich allmählich seine Haut abschälte und übel riechendes Fleisch zurückblieb, vor dem man sich nur ekeln konnte.
Ich blickte an meinem Körper hinab, weil ich mein Kreuz sehen wollte.
Es war nicht mehr schwarz. Es gab wieder seinen silbrigen Schein ab, und somit stand für mich fest, dass sich der Spuk endgültig in sein Reich zurückgezogen hatte…
***
In der Laube stand Jeff Speedman wie zur Salzsäule erstarrt. Alfie lag im Sessel und war bewusstlos geworden. Für ihn würde bald ein Arzt hier sein.
Jeff streckte uns die Hände entgegen.
»Bitte, ich habe mich nicht getraut, nachzuschauen, obwohl ich von draußen…«
Ich unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
»Es war nicht nötig, dass Sie nachschauten.«
Er schluckte und hatte Mühe, seine nächste Frage zu stellen. »Dann dann - ist - alles vorbei für mich?«
Ich lächelte ihn an. »Ja, Jeff, das kann man so sagen. Sie brauchen keine Angst mehr vor einem dämonischen Fahrgast zu haben. Diese Zeiten sind wirklich vorbei…«
ENDE
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