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163 - Canyon der toten Seelen

163 - Canyon der toten Seelen

Titel: 163 - Canyon der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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in den nächsten Sekunden passierte, überraschte sie alle…
    ***
    »Nun?« Kristallträumer erwartete Sandperle bereits in der Wohnhütte. Wie immer war sein Schatten Schnellwasser an seiner Seite.
    »Geh spielen, Sonnentau«, schickte Sandperle ihre Tochter abseits. Das Kind ging ans andere Ende der Hütte, wo seine Schlafmatte lag, setzte sich dort hin und zog ein paar verschlissene Stofffetzen, Holzstückchen und kleine blanke Knöchelchen hervor, mit denen es sich still beschäftigte.
    Sandperle kauerte sich auf die Knie und sortierte die Heilutensilien, legte jedes an seinen Ort.
    Ihr Bruder beobachtete sie lauernd. Als er versuchte, in ihren Geist zu tasten, wehrte sie ihn mühelos ab. Dieses Spiel kannte sie schon aus Kindertagen. Sandperle liebte ihren Bruder sehr, aber sie ließ ihm nicht alles durchgehen und hielt ihn auf Distanz. Sie maß ihn mit einem strengen Blick, dem er verlegen auswich. Er griff nach einem seiner ins rote Haar geflochtenen Zöpfe und tat so, als wolle er ihn zurechtzupfen.
    Schließlich sah Sandperle zu ihrem Mann. In seinen bernsteinfarbenen Augen lag keine Wärme. Nie. Nicht einmal, wenn er bei seltenen Gelegenheiten einmal Sonnentau auf den Arm nahm. »Es ist, wie du sagtest. Sie haben versucht, mich zu überzeugen. Aber das ließ ich nicht zu.«
    Schnellwasser rückte ihr plötzlich nahe, mit geblähten Nasenflügeln schnupperte er an ihrem Arm, ihren lang herab fallenden Haaren. »Waren sie aufdringlich? Vor allem der Baumsprecher? Mir gefällt es nicht, wie er unsere Frauen anstarrt!«
    »Überhaupt nichts dergleichen!« Sandperle verpasste ihrem Bruder eine Kopfnuss. Als er den Mund zu einer Beschwerde aufriss, legte sie schnell ein bereitgehaltenes Kräuterblatt hinein und zwang ihn durch Druck auf sein Kinn, den Mund zu schließen. »Kau das Blatt und verhalte dich ruhig!«, herrschte sie ihn an. »Du bist schon wieder überdreht!«
    »Lass ihn in Ruhe«, mahnte Kristallträumer. Er saß in entspannter Haltung, und die Finger der rechten Hand spielten mit einer Kette, in der fünfzehn kleine, rund geschliffene Kristalle aneinandergereiht waren.
    »Du überforderst ihn!«, machte Sandperle ihrem Mann Vorwürfe. »Wie lange muss er das noch durchziehen? Du siehst doch, er ist bald am Ende seiner Kräfte! Und gewonnen haben wir dadurch gar nichts!«
    »Du hast Recht«, antwortete der Schamane überraschend.
    »Wir müssen jetzt handeln.« Er steckte die Kristallkette ein.
    »In welcher Verfassung sind unsere Gäste?«
    »In keiner guten«, berichtete die junge Frau. »Sie sind verzweifelt, und sie leiden unter dem Einfluss des bösen Kristalls.«
    Schnellwasser, der brav auf dem Blatt gekaut hatte, kippte mit einem dumpfen Geräusch zur Seite. Auf seinem Gesicht lag ein entrückter Ausdruck. Langsam entspannte er sich.
    Sandperle legte ihre Hand auf seine Stirn und murmelte ein Gebet an die Ahnen, die die Kristallgruft bewachten.
    »Ist es richtig, was wir tun?«, fragte sie nachdenklich, ohne den Blick von ihrem Bruder zu lösen. »Was, wenn es wahr ist? Denkst du, der Zorn des Vaters erreicht uns hier nicht?«
    »Er ist nicht unser Vater!«, erwiderte Kristallträumer scharf.
    »Er hat sich von uns abgewendet. Ja, auch ich sehe die Zeichen, Sandperle. Gerade deswegen muss der Kristall zerstört werden. Wir müssen uns darauf vorbereiten.«
    Sandperle deckte Schnellwasser zu, der inzwischen eingeschlummert war. Ein paar Stunden waren möglich, bevor er seinen Einfluss auf die drei jungen Waldmenschen erneuern musste. Sie musste darauf achten, ihn rechtzeitig zu wecken.
    Obwohl er ihr jüngerer Bruder war, versetzten seine Fähigkeiten Sandperle immer wieder in Erstaunen – und Sorge.
    Er wurde unter Kristallträumers Anleitung mit jedem neuen Zyklus stärker, dementsprechend aber auch sein Geist labiler.
    Wohin würde das führen?
    »Und wenn sie ihn dir nicht geben wollen?«, fragte sie leise.
    »Sie haben keine Wahl«, erwiderte Kristallträumer. Er erhob sich und streckte eine Hand aus. »Komm, Frau.«
    Sandperle stand sofort auf. Sie hatte einmal versucht, sich zu widersetzen, und ihre Lektion gelernt. Wenn er in dieser Stimmung war, war es besser zu gehorchen. Es würde ja nicht lange dauern, und sie war daran gewöhnt. Dies war Teil des Rituals, das Kristallträumer vorbereitete. Es stimulierte seine Kräfte auf besondere Weise.
    »Mama?«, fragte Sonnentau, als Sandperle ihrem Mann folgte.
    »Ich bin bald zurück«, antwortete die junge Frau. »Pass inzwischen auf

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