1630 - Das Vampirwelt-Monster
Olson die Sprache wieder und fragte mit einer Stimme, die er kaum selbst erkannte: »Lebst du noch, Pat?«
Ein scharfes Lachen war die Antwort. »Ja, ich bin so leicht nicht totzukriegen. Und was ist mit dir?«
»Ach«, ächzte Eddy Olson, »so viele blaue Flecken habe ich noch nie in meinem Leben gehabt. Als hätte man mich zusammengeschlagen. Ein verdammtes Gefühl.«
Pat Kline richtete sich auf. »Hast du auch gesehen, was da auf den Schienen stand?«
»Nein - ja.«
»Ein Monster, Eddy.«
Olson gab keine Antwort. Er musste sich in die Höhe ziehen und war froh, eine sitzendes Stellung zu erreichen. Da atmete er zum ersten Mal tief durch und verspürte den schmerzhaften Druck an seinen Rippen. Er konnte kaum Luft holen, mit jedem Atemzug war ein Stechen verbunden.
Pat Kline erging es nicht anders. Auch er hatte Probleme, sich hinzusetzen. Dabei stöhnte er leise vor sich hin und verwandelte das Stöhnen in Flüche.
Schließlich konnten sich die beiden Männer anschauen und stellten fest, dass sie sich gegenübersaßen. Es gab kein Licht mehr, keine Notbeleuchtung. In der Dunkelheit glichen ihre Gesichter bleichen Schatten, und wenn sie Luft holten oder sie ausstießen, drang ein hohles Pfeifen aus ihren Mündern.
Es war wichtig, dass sie der Zentrale Bescheid gaben. Die Strecke musste gesperrt werden, und Olsen war es, der von diesem Gedanken auf die Beine getrieben wurde.
Er war froh, stehen zu können, auch wenn er sich festhalten musste. In seinem Kopf zuckten ebenfalls die Schmerzen. Er war einige Male irgendwo gegen gestoßen, aber er riss sich zusammen, denn die Pflicht rief.
Er stand. Er atmete durch, auch wenn dabei die Rippen schmerzten.
Aber er biss die Zähne zusammen. Sein jüngerer Kollege saß noch am Boden. So gelang es ihm nicht, durch das Fenster zu schauen. Das war bei Eddy Olsen anders.
Es war nicht mehr als ein zufälliger Blick, doch was er da zu sehen bekam, erschütterte ihn.
Ein bleiches Männergesicht glotzte ihn von außen her an. Und auf der Stirn leuchtete ein blutrotes D.
Der Zugführer wusste in diesem Augenblick nicht, was er denken sollte.
Er sah dieses Gesicht oder diese Fratze nur sekundenlang, dann war sie wieder verschwunden, und Eddy Olson glaubte, eine Halluzination erlebt zu haben.
Wenig später wurde ihm bewiesen, dass dies nicht der Fall war.
Jemand riss die Tür auf. Olsen wollte sich umdrehen, spürte den kühlen Luftzug über seinen Rücken streifen, sah für einen winzigen Moment wieder das Gesicht und auch einen Körper, der dazugehörte.
Dann packte ihn die Klaue.
Es war ihm nicht möglich, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Er schrie noch auf, dann kippte er bäuchlings nach draußen, und es gab nichts, was ihn aufgefangen hätte.
Hart schlug er auf den Schotter. Die spitzen Steine rissen sein Gesicht blutig. Irre Schmerzen peinigten ihn, und er wünschte sich, ohnmächtig zu werden.
Das trat nicht ein. Stattdessen waren wieder Hände da, die ihn packten und zur Seite zogen. Wie durch einen Filter gedämpft glaubte er, eine Stimme zu hören, was ihm jetzt auch egal war.
In der Lok hockte noch Pat Kline.
Er hatte alles gesehen und wünschte sich, einen Traum erlebt zu haben.
Es war keiner, denn nun erschien wieder die Gestalt.
Sie war groß. Auf der bleichen Stirn leuchtete ein blutrotes D. Pat hatte sie zuvor nicht gesehen und erlebte einen Schauer wie nie zuvor. Da strömte etwas Grauenhaftes auf ihn zu, das nicht von dieser Welt sein konnte.
Diese dunkel gekleidete Gestalt füllte beinahe den gesamten Fahrerstand der Lok aus. Das Gesicht verzog sich in der unteren Hälfte, und dann zeigte der Ankömmling seine wahre Identität.
Zwei lange Zähne, die mit Dolchen zu vergleichen waren, schimmerten wie lackiert. Der flackernde Blick der Augen passte zu dieser Gestalt, die nichts sagte und nur handelte.
Starke Hände griffen zu. Sie rissen Pat Kline vom Boden und hielten ihn in einer Schräglage fest.
Der andere senkte seinen Kopf.
Kline kam nicht mal dazu, darüber nachzudenken, mit wem er es zu tun hatte. Wie Messer fuhren die beiden Zähne in seinen Hals und bohrten sich tief hinein.
Der erste Schmerz raubte ihm den Atem, danach gab es für Kline nicht mal die Idee eines Widerstands, er spürte nur, dass etwas aus ihm herausgesaugt wurde.
Wenig später kam ihm der Gedanke, dass es sein Blut war. Da wusste er auch, in wessen Hände er gefallen war, dass er sich als Beute eines Vampirs ansehen musste. Eines Wesens, das es eigentlich nicht
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