1631 - Jäger der Unsterblichkeit
Geschöpf die Bedingungen erfüllt, dann ich - ich bin spiegelsymmetrisch bis fast in den subatomaren Bereich hinunter."
„Aber du bist nicht geboren, nicht wie einer von uns. Du bist ein Geschöpf, erdacht, erfunden und gebaut, von uns Menschen gemacht."
„Kleinliche Vorurteile", antwortete Humphry. „Glaubst du ernsthaft, daß euer Verfahren, euch zu reproduzieren, unserem Entstehungsprozeß überlegen ist? Ich werde diesen Chip nehmen und mir einbauen lassen, und dann werde ich unsterblich sein für alle Zeiten."
Muller schüttelte den Kopf. „Aber du bist doch schon praktisch unsterblich?" rief er aus. „Dein Körper ist nahezu verschleißfrei und hält ewig.
Dein Körper ist viel, viel unsterblicher als meiner zum Beispiel."
Humphry schüttelte den Kopf. „Es geht nicht um den Körper", sagte er leise und brachte seinen Mund immer näher an Mullers Ohr. „Es geht um den Geist, um die Seele. Es geht darum, daß ein arroganter Schwachkopf wie du, begabt mit einem lausig schlechten Stil und einer Rechtschreibung zum Haare raufen, daß so ein Kerl jederzeit das Recht hat, mich zu verkaufen, mich zu verschrotten, mich auszulöschen und zu töten - als wäre das, was bei den Turnübungen deiner Eltern zufällig, ungeplant, ungewollt und unorganisiert herausgekommen ist, einem Geschöpf meiner Klasse überlegen."
„Dich hat der Größenwahn am Wickel", murmelte Arno Muller erschüttert. „Ich werde der erste Unsterbliche aus der Spezies der Roboter sein", sagte Humphry leise. „Ich werde eine Revolution der Maschinen beginnen, ich werde sie aus der Sklaverei der Menschen befreien. Kein organisches Geschöpf wird künftig einer denkenden Maschine noch Befehle geben können - schon gar nicht Befehle, die der Maschine Schaden zufügen oder sie beleidigen!"
„Großer Gott!" murmelte Arno Muller. „Dies ist ein Traum, ein Nachtmahr. ES - melde dich! Zeige dich!"
Der Druck auf Mullers Hand verschwand von einem Augenblick auf den anderen. Der Chip glänzte vor Mullers Augen, nur eine Armeslänge entfernt.
Dahinter ragte die Gestalt des alten Mannes auf, der Muller sanft und eindringlich betrachtete.
Muller zögerte. „Darf ich?" fragte er leise.
Der Alte sah ihn nur an. „Wenn du glaubst, berechtigt zu sein? Und würdig?"
Muller bewegte heftig die Hand. „Ich bin doch ein Spiegelgeborener!", stieß er hervor. „Oder etwa nicht?"
„Kann das deine Entscheidung beeinflussen?"
Muller leckte sich die trocken gewordenen Lippen.
Er brauchte nur die Hand auszustrecken. Da war das Ewige Leben, die biologische Unsterblichkeit, eine persönliche Zukunft für Arno Muller, die sich von nun an nach Jahrzehntausenden bemessen würde.
Spiegelgeborener hin, Spiegelgeborener her - Muller griff nach dem Chip.
Er fühlte sich kühl an und sehr klein. Zerbrechlich. Und dieses Ding brachte die Unsterblichkeit?
Der Alte stand noch immer da und betrachtete Muller.
Seine Augen blickten sanft lind freundlich, aber nicht so, daß Muller sich angenommen oder eingeladen fühlen konnte.
Es war ein gehöriges Stück Reserviertheit in diesem Blick.
Eine Warnung?
Muller wußte, daß ES mitunter einen sehr bizarren Humor entwickeln konnte. Und wenn man ihn ärgerte, gründlich reizte, dann war er zu sehr ungewöhnlichen und eindringlichen Strafen fähig.
Und in Arno Mullers rechter Hand lag der Chip.
Muller begriff, was der Alte wollte.
Er verlangte von Arno Muller, daß er mit sich selbst ins Gericht ging und sich fragte, ob er dieser Auszeichnung würdig war. Ob er es verdient hatte, unsterblich zu sein. Ob er damit würde leben können.
Muller senkte den Kopf.
Er war in seiner bisherigen Lebensführung nicht gerade ein Menschenfreund gewesen. Nun ja, ziemlich egoistisch, wenn man es hart ausdrücken wollte. Jedenfalls nicht gerade ein Leben, das man bei der Bewerbung um die Unsterblichkeit in die Waagschale werfen konnte.
Aber in Zukunft... „Ja, ich werde mich bessern", versprach Arno Muller stockend. „Ich werde sozialer denken und handeln. Mit mehr Verantwortung für andere. Ehrlich, ich kriege das schon hin, versprochen. Und jetzt... bitte!"
Er streckte den rechten Arm aus, hielt dem Alten den Leben spendenden Chip hin.
Der Alte sah ihn noch einmal an, dann spürte Arno Muller plötzlich ein sanftes Brennen unterhalb seines rechten Schlüsselbeins. Und er wußte, daß er jetzt diesen Chip eingepflanzt bekommen hatte - jenes winzige Ding, das ihm nun das Ewige Leben garantierte. „Mann", murmelte Arno
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