Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1635 - Schach der Blauen Schlange

Titel: 1635 - Schach der Blauen Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
ihn.
    Am Rand der Ebene machte er eine Bewegung aus. Er stellte die Schüssel so in der Astgabel ab, daß sie nicht herunterrutschen und zerspringen konnte, und richtete den Blick nach vorn. Die aufsteigenden Dämpfe des warmen Bodens trugen nicht zur klaren Sicht bei. Dennoch erkannte er, daß sich etwa hundert Personen näherten. Eine Formation der Vorsicht, aber keine des Angriffs. Es war sein eigener Stamm.
    Castodom lief in einer langen Reihe als erster. Bei sich trugen die Stammesfrauen die kleinen Beutel der Götter, die sie immer als Geschenk erhielten. Die Männer dagegen, denen der Stärkste wenig Sorgfalt zutraute, schleppten so viele Tsuin-Wurzeln mit sich, daß drei Tage lang vorgesorgt war.
    Morgen würde es noch einmal Regen geben, ebenso wie am Tag darauf und den folgenden. Und an jedem dieser Tage würden sie Wurzeln ernten. Nur die feuchten Wurzeln waren für die Götter interessant, weil dann ihre zarten Enden in der Erde keinen Halt fanden und bei der Ernte nicht abgerissen wurden. Nur so waren die Bewohner des Fremdenhauses N'Akona bereit, sie gegen ihre Dienste einzutauschen. Die Stämme lieferten nasse Wurzeln, die Fremden teilten wirksame Pulver gegen Krankheiten aus oder verschenkten Äxte, die nicht brechen konnten und im Sonnenlicht glitzerten. „Ho, Ronac!" rief der Stärkste schon von weitem. „Hast du mein Dorf gut beschützt?"
    Er kletterte vom Baum, trat vor und antwortete: „So, wie du es wolltest. Es gab keine Zwischenfälle."
    Mit verklebter Körperborke trat der Stärkste nahe an ihn heran. Sein Körper dampfte vor Wärme. „Das habe ich auch gehofft. Wage es niemals, meine Befehle außer acht zu lassen."
    Damit versetzte Castodom ihm einen Stoß, der ihn bis unter die Tedes fliegen ließ. Zitternd vor Wut rappelte sich Ronac wieder auf, wagte es aber nicht, den anderen anzugreifen.
    Sekundenlang starrten die beiden einander an. Unversöhnlicher Haß sprach aus beiden Augenreihen, und Ronac begriff, daß es niemals anders sein würde als in diesem Augenblick, wenn er nicht die Flucht oder den Kampf suchen wollte Nein. Nein, ich werde es nicht tun. Statt dessen bahnte er sich einen Weg durch die ringsum gaffenden Männer und Frauen, bis er hinter einer Buschinsel aus Castodoms Blickfeld verschwunden war.
    Erst gegen Abend wagte er sich wieder hervor.
    Die Feuer brannten noch immer nicht, und der bescheidene Rest, den man ihm von der gemeinsamen Mahlzeit übriggelassen hatte, erweckte nicht gerade seinen Appetit.
    Doch er mußte essen. Morgen war wieder ein langer Tag. „Ah, Ronac! Du bist sicher gekommen, um dich für dein Verschwinden von gestern zu entschuldigen."
    „So ist es, Castodom."
    Der ganze Stamm saß um einen großen Baum herum, sie alle tranken Wasser aus den nassen Blütenkelchen und warteten darauf, daß der Stärkste das Signal zum Aufbruch gab. Und sie alle hörten mit. Nicht ein einziger schwatzte jetzt; kaum einer, der an diesem entwürdigenden Spiel nicht seine Freude hatte. „Ich möchte dich bitten", sagte Ronac, „mein Verhalten zu verstehen. Dein Schlag war schmerzhaft. Ich wollte allein sein."
    „Nun gut. Du hast den ganzen Tag Zeit, deine Wunde..." das Wort betonte er mit sarkastischem Tonfall, „zu schonen. Du wirst auch heute die Tedes und die Alten bewachen. Wir anderen gehen Wurzeln sammeln."
    „Das kannst du nicht tun, Castodom! Laß mich mit euch gehen!"
    „Warum sollte ein kranker Mann bei uns sein?"
    „Ich bin nicht krank. Ich habe mich erholt."
    Ronac mußte mit aller Macht an sich halten, um nicht loszuspringen und den Stärksten hier, vor allen anderen Mitgliedern ihres Stammes, anzugreifen. Der andere spürte das und kostete den Augenblick seines Sieges in vollen Zügen aus. „Bist du sicher? Du kannst ernten wie alle anderen, sagst du?"
    „Ja!"
    „Hmm ... Gut! Wir werden sehen, was du leisten wirst. - Ho!
    Hört alle her! Es geht an die Arbeit!"
    Er brauchte eine Weile, um sich an den sumpfigen Untergrund zu gewöhnen. Mit jedem Schritt spürte Ronac seine Glieder. Daß er in der Nacht wenig geschlafen hatte und zuvor kaum gegessen hatte, rächte sich nun. Auf halbem Weg zu den Erntegründen von heute stockte der Stärkste plötzlich - und sie schlugen sicherheitshalber einen weiten Haken, der sie um eine verdächtige Buschinsel herumführte. Ronac hörte jetzt erst das Summgeräusch der Brutinsektos. Wenn der Schwarm über sie kam, halfen auch die Mittel der Götter nichts mehr.
    Dann war alles viel zu spät.
    Kurze Zeit

Weitere Kostenlose Bücher