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1635 - Schach der Blauen Schlange

Titel: 1635 - Schach der Blauen Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ihnen lange ertragen konnte. Der erste der N'Akona trat vor und zog mit einer Geste die Aufmerksamkeit aller auf sich. Er trug kostbare Kleidung. Der ganze Rumpf und die Beine waren von weißem Tuch bedeckt, und die Füße steckten in schwarzen Stiefeln. Das Material sah so hart aus, daß es wahrscheinlich nicht einmal den Regen durchließ, und wenn dem N'Akona ein Stein auf den Fuß fiel, würde er den Schmerz nicht spüren.
    Aus seinem Mund drangen sonderbare Laute. Und aus dem Kasten, den er an seinem schwarzen Gürtel trug, redete ein unsichtbarer Kobold in der Sprache der Stämme: „Wir danken euch, daß ihr gekommen seid. Zeigt, was ihr gebracht habt!"
    Ronac verstand zwar nur die Hälfte von dem, was der N'Akona sagte - und er war sicher, daß Castodom auch nicht klüger war. Doch die Aufforderung, ihre Ernte zu präsentieren, verstanden sie sehr wohl. Gemeinsam mit den anderen drängte sich Ronac nach vorn, wo sich in der Wand urplötzlich ein dunkles, gähnendes Loch auftat. Niemand konnte sehen, wohin das Loch führte, und welche Bestie möglicherweise hinter der Biegung lauerte. Trotzdem schütteten sie der Reihe nach den Inhalt ihrer Säcke hinein. Als er an der Reihe war, versuchte Ronac, einen Blick hinter die dunkle Grenze zu erhaschen. Das einzige jedoch, was er zu sehen glaubte, war ein rotes Glühen über einer spiegelglatten, golden schimmernden See ... Und das war unmöglich. So groß war das ganze Fremdenhaus nicht. „Das ist eine gute Ausbeute", lobte der N'Akona, obwohl er die Ernte nicht einmal gesehen hatte. „Ich denke, daß ich euch dafür eine ganze Menge Medikamente und Werkzeuge bewilligen kann."
    Castodom und Arric, die beiden Stärksten, stellten sich mit ihren Leuten vor dem Schlund auf. Der Reihe nach hielten sie ihre Säcke vor das dunkle Loch. Und jeder von ihnen machte dem nächsten Platz, nachdem etwas in seinen Sack gefallen war. Man konnte niemals erkennen, worum es sich handelte; erst draußen durften sie nachsehen, wenn sie sich im Tageslicht befanden und die Bestie ihre Macht verloren hatte. „Das gelbe Pulver von heute wirkt immer dann, wenn sich nach dem Biß von Raubtieren eine Wunde entzündet. Rührt es in eine Schale mit heißem Wasser und trinkt den Sud! Wir sehen uns bald, wenn ihr neue Ware bringt!"
    Der N'Akona trat zurück, bis er neben seinen Artgenossen stand, und ohne jede Vorwarnung brach wieder das weiße Licht über sie herein. Ronac kniff die Augen zu. Als er wieder sehen konnte, waren die N'Akona verschwunden. Die beiden Stämme waren allein in der Höhle. „Ho! Es geht los!" rief Castodom.
    Und Arric fügte hinzu: „Wir sammeln uns südlich vom Fremdenhaus!"
    Friedlich bewegten sich beide Gruppen auf den Ausgang zu, geordnet verlief die Prozession durch den Tunnel. Da sah er schon das dämmrige Tageslicht - als eine unerklärliche Macht nach seinen Beinen griff. Ronac wollte schreien. Doch er bekam den Mund nicht auf. Nur ein ersticktes Röcheln verließ seine Kehle, kaum hörbar im Gemurmel und in den raschen Schritten der Szal-Miener ringsum. Er wollte mit den Armen schlagen, wollte so die Aufmerksamkeit der anderen erregen, aber er war nicht einmal imstande, die Arme weiter als ein paar Zentimeter anzuheben. Ringsum wurde er von eiligen Männern und Frauen überholt. Keiner warf ihm einen einzigen Blick zu, weil jeder nur daran dachte, so schnell wie möglich aus dem unheimlichen Bauch des Fremdenhauses herauszukommen.
    Draußen würden sie die Schätze begutachten, die sie erhalten hatten - und nichts anderes zählte jetzt. „Wartet...", murmelte er. „So wartet doch auf mich ..."
    Doch niemand kümmerte sich um ihn. Der helle Fleck, der den Weg zum Tageslicht wies, schrumpfte zu einem unendlich fernen Stern. Jetzt überholte ihn niemand mehr. Ronac wurde sich mit einem überwältigenden Gefühl der Panik bewußt, daß er vielleicht der letzte war, daß ihm keiner mehr folgte, um sein Unglück zu bemerken. Sein Geist trieb durch einen dunklen Strom, aus dem er nicht mehr auftauchen konnte, und mehr und mehr ging jeder Kontakt mit der Welt verloren. Er sah den Tunnel nicht mehr. Aus den Augenwinkeln glaubte er, doch noch weitere Gestalten zu bemerken - Fhem! -, doch er war längst außerstande nachzudenken. Und dann ertrank der Rest seiner Welt in weißem Licht. Als habe sich der Schlund der Bestie geöffnet... Der goldene See wich dem, was dahinter wirklich lauerte, und ohne daß er irgend etwas begriffen hätte, entstand in seinem Geist ein

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