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1635 - Schach der Blauen Schlange

Titel: 1635 - Schach der Blauen Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Stamm dem Zugang. Es ging lange Zeit mit geringer Neigung aufwärts; immer weiter über scharfkantigen Untergrund, der bei jedem unachtsamen Schritt Wunden in die Füße treiben konnte. Und aus der anderen Richtung näherten sich ein zweiter Stamm, ebenfalls mit etwa hundert Personen, und auch sie trugen schwer an ihren prall gefüllten Säcken. Über ihnen allen wachte mit grellem Glitzern der Turm des Fremdenhauses, und es sah aus, als würden die N'Akona aus der Höhe der Wolken herabsehen und schätzen, wieviel Tsuin dieser Tag wohl bringen mochte. „Ho!" rief Castodom. „Bleibt zusammen! Paßt auf, daß euch niemand die Ernte stiehlt!"
    Die Mitglieder des Stammes schlossen hastig zueinander auf.
    Vorn öffnete sich plötzlich der Zugang zum Fremdenhaus. Und der Stärkste des anderen Stammes, dessen Name Arric war, näherte sich ebenfalls, an der Spitze seiner Leute, mit drohend vorgerecktem Hals. Sie drängten durch den Eingang, ohne sich gegenseitig Beachtung zu schenken. Ronac rutschte als letzter mit hinein. Plötzlich hörte das Nieseln auf, und das Reiben von Borkenhaut auf Borkenhaut erzeugte knisternde Geräusche. Es war, als sei hoch oben über ihren Köpfen eine blaue Sonne aufgegangen, genauso hell wie das Licht der Sonne Taarnor, aber viel intensiver und beißend für die Augen. Ronac schaute nicht mehr hoch. Statt dessen hingen seine Blicke an den Wänden fest. Wie die Oberfläche eines tiefen Sees, nur etwas stumpfer, dafür aber ebenso makellos und ohne die geringste Verfärbung. In einer solchen Höhle hätte er nicht leben mögen ... Wie konnte man da hören, ob sich die Nachbarstämme zur Plünderung näherten? Oder sehen, wenn die Sonne aufging?
    Auf der anderen Seite war man vor Raubtieren sicher, denn er wußte genau, daß sich der Zugang zum Fremdenhaus N'Akona öffnen und schließen ließ. So, wie sie in ihrer größten Höhle manchmal eine Barrikade aus gefälltem Holz aufbauten, um das Getier der Nacht fernzuhalten.
    Mit ungeduldigem Murren versammelten sich die beiden Stämme. Viele mißtrauische Blicke wanderten hin und her, und lediglich das allgegenwärtige Summen überlagerte ihr Gewisper untereinander.
    Plötzlich fiel sein Blick auf eine Gestalt, die in kurzer Entfernung an der Wand stand. Es war eine Frau aus dem Nachbarstamm. Er hatte sie nie vorher gesehen. Ronac bewegte sich auf sie zu, bevor er noch darüber nachdenken konnte. In seinem eigenen Stamm hatte er zur Paarung keine Chance, solange Castodom alles kontrollierte. Aber diese Fremde konnte nicht wissen, wie sehr er unter der Rivalität zu leiden hatte. Und deshalb wußte sie nicht, daß man sich von ihm besser fernhielt; sie tat nichts, seinem Blick auszuweichen, und machte auch keine Anstalten, weiter nach vorne hin zu verschwinden, wo die meisten Männer standen.
    Sie war größer als er, aber nicht älter, und die Borkenhaut an ihrem Schädel ließ darauf schließen, daß sie noch nie ein Junges geboren hatte. Sonst hätte er nicht diesen dunklen, grünlichen Schimmer bemerkt, der mit dem ersten Tedes gewöhnlich verschwunden war. „Wie ist dein Name?" fragte er. „Ich heiße Fhem."
    „Ich bin Ronac. Ich wurde dich gern wiedersehen, wenn ich es nur irgendwie könnte."
    „Du weißt, daß es unmöglich ist."
    „Natürlich. Aber ich frage mich, weshalb du nicht vom Stärksten eures Stammes geschwängert wurdest."
    „Man sagt, ich sei zu klug. Alle hegen Scheu vor mir.
    Niemand wird mich schwängern. Mir ist es recht so."
    „Ich würde es tun."
    „Man wird es dir nicht gestatten, Ronac."
    „Das ist wahr ... - Hör zu, die Fremden erscheinen gleich, um die Ernte einzutauschen. Vielleicht sehen wir uns einmal wieder. Das nächstemal, wenn wieder so viel Regen fallt. Wir treffen uns genau hier, an dieser Wand, in dieser Ecke des Fremdenhauses."
    „Einverstanden."
    Mehr zu sagen fehlte ihnen die Zeit, denn in diesem Augenblick öffnete sich ein Zugang zur angrenzenden Höhle, aus dem sich weißes, unsagbar helles Licht über die Szal-Miener ergoß. Aber nur einen Augenblick lang: Dann hatte sich der Zugang wieder geschlossen, und auf einem kantigen, hohen Stein standen die N'Akona.
    Selbst nach so vielen Malen hatte sich Ronac nicht an ihren Anblick gewöhnt. Die N'Akona waren drei Köpfe größer als die Szal-Miener. Ihre glatte Haut wirkte so braun wie die Farbe der Wolken am Abend. Statt fünf oder sechs Augen hatten sie nur zwei, aber diese beiden schauten so stechend, daß kein Szal-Miener den Kontakt mit

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