1639 - Las Vegas-Wölfe
gegeben.
Der Fahrer kurvte durch die Stadt. Ob er eine Abkürzung nahm, wusste ich nicht. Jedenfalls mochte er Soul-Musik, die leise aus dem Lautsprecher dudelte.
»Sie hoffen auf Liz und darauf, dass Sie Ihre Schwester wiederfinden, nicht wahr?«
»Ja.«
»Und dann?«
Diesmal wollte sie reden. »Ich weiß es nicht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was passieren wird. Das ist alles so fremd. Das geht mir alles gegen den Strich. Ich wusste gar nicht, dass Wölfe so reagieren können.«
»Es sind auch keine normalen Tiere.«
»Sie sehen aber so aus.«
»Das ist richtig. Aber sie sind manipuliert worden. Mehr kann ich Ihnen auch icht sagen.« Ich verschwieg bewusst, dass noch jemand ins Spiel gekommen war. Morgana Layton, die Führerin der Werwölfe, die Fenris, dem Götterwolf, oder dessen Geist direkt unterstand. Sie hatte schwer an ihrer letzten Niederlage zu tragen gehabt, als es ihr nicht gelungen war, Maxine Wells zu einer Werwölfin zu machen.
Das war vorbei.
Sie hatte sich wieder ein neues Feld gesucht, um dort ihre Zeichen zu setzen. Dieses Feld hieß Las Vegas. Eine Kunststadt. Zugleich hypermodern mit seinen extremen Hotelbauten, und eine Stadt, die sich immer wieder erneuerte.
Ich schob die Gedanken an sie zur Seite und konzentrierte mich wieder auf meine Begleiterin, die allerdings nichts sagte. Sie hielt den Kopf jetzt gesenkt und schaute auf ihre Hände, die sie zusammengelegt hatte. Sie kam mir vor, als würde sie beten oder meditieren.
Ich wollte ihr Schweigen brechen und fragte: »Glauben Sie, dass Sie Liz bei der Pyramide finden werden?«
»Weiß nicht. Was soll ich sonst machen?«
»Da haben Sie recht.«
»Sie wollen Liz doch auch sehen - oder?«
»Das kann ich nicht bestreiten.«
»Und dann?«
»Werden wir sehen.«
Stella sprach weiter: »Ich hoffe nur, dass sie die Verletzung überstanden hat und keine Probleme mehr bekommt.«
»Nun ja, das kann man auch anders sehen.«
»Wieso?«
Ich hätte ihr jetzt etwas über die Magie der Werwolfbisse sagen können, hielt mich aber zurück. Sie sollte nicht noch weiter verunsichert werden.
Für mich stand fest, dass Liz in den Strudel der Morgana Layton geraten war, und sollte sich das bestätigen, gab es kein Zurück.
»Es gibt zwei Vorstellungen am Tag. Das hat man uns gesagt«, sagte Stella plötzlich.
»Bitte?« Ich hatte nicht richtig zugehört.
»Sie spielen zweimal. Um auch Kinder in die Pyramide zu bekommen. Deshalb am Nachmittag und am Abend.«
»Ich verstehe.« Zugleich lief mir bei dieser Antwort eine Gänsehaut über den Rücken. Wenn sich Kinder in der Vorstellung befanden und Liz als Wölfin eingriff, unter Umständen noch mit Morgana Layton im Hintergrund, dann würde diese Vorstellung zu einem Horrorerlebnis werden.
Als ich aus dem Seitenfester schaute, war zu sehen, dass wir unser Ziel erreicht hatten. Die Pyramide lag in der Mitte eines kleinen Parks. Sie schimmerte bläulich und war tatsächlich aus Glas gebaut. Es gab eine Zufahrt und auch einen freien Platz, auf dem die Autos abgestellt werden konnten. Eine graue Betonfläche, die eine Insel innerhalb des Rasen bildete und ihn nicht eben verschönerte.
Unser Fahrer stoppte. Ich zahle den Betrag plus Trinkgeld und stieg aus.
Stella Moreno stand neben dem Fahrzeug. Ihr Blick war starr auf das ungewöhnliche Bauwerk gerichtet, und ich sah, dass sie einige Male schluckte.
»Und? Wie fühlen Sie sich?«
»Es ist schon komisch, so etwas zu sehen.«
»Aber nicht hier in Las Vegas.«
»Stimmt auch wieder.«
Wir waren früh genug eingetroffen. Es würde noch etwas Zeit vergehen, bis die erste Vorstellung anlief. Auch der Parkplatz mit seiner grauen Betonfläche war bis auf wenige Fahrzeuge leer. Am Eingang sahen wir auch keinen Menschen, dafür war er offen, und wir machten uns auf den Weg dorthin.
Stella sprach nicht mehr. Als ich einen Blick in ihr Gesicht warf, sah ich, dass sich ihre Augen bewegten. Jedes Detail wollte sie in sich aufsaugen.
Wir betraten die Pyramide und verspürten als Erstes eine angenehme Kühle, die uns umgab. Es war ein Kassenhaus aufgebaut, das der Besucher passieren musste, um die Arena zu erreichen, die man auch als Manege bezeichnen konnte. Gefüllt war sie mit Spänen und hellem Sand, und besonders groß war sie nicht. Hier konnten keine Tiernummern aufgeführt werden.
Uns gegenüber verdeckte ein bis zum Boden reichender dunkler Vorhang einen weiteren Bereich, den man durchaus als Backstage bezeichnen konnte.
»Keiner da,
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