1641 - Die Blutmaske
Arm aus, packte Jane und zerrte sie hoch.
Die Detektivin erlebte einen leichten Schwindelanfall. Sie musste alles mit sich geschehen lassen und wurde wenig später nach vorn gewuchtet, wobei sie Glück hatte, dass sie auf den Beinen blieb und nicht quer durch den Raum taumelte.
Bevor sie fallen konnte, griff die Cavallo wieder zu. Sie dirigierte Jane zu einer bestimmten Stelle, um sie dort von sich zu stoßen. Einen Halt fand Jane nicht. Sie kippte nach hinten und fiel in einen Sessel, in dem sie hocken blieb.
»Wenn du noch mal die starke Frau spielen willst, gibt es schweren Ärger!«, flüsterte die Cavallo ihr zu. »Dann kann ich für nichts mehr garantieren. Auch nicht für dein Blut. Ist das klar?«
Jane wollte antworten. Im Moment war sie dazu nicht in der Lage.
Justine ließ sie zunächst in Ruhe. Sie wollte, dass sich die Detektivin erholte und sie genau mitbekam, was mit ihr passierte.
Es war bisher alles nach ihren Vorstellungen gelaufen. Und sie war sicher, dass sich dies auch nicht ändern würde. Sie wollte Jane auch nicht töten, sie wollte nur erfahren, wie jemand, der noch Hexenkräfte in sich spürte, auf diese Maske reagierte.
»Willst du was trinken?«
Jane war durch den Treffer am Kinn noch immer beeinträchtigt. Die Stimme hatte sie wie durch einen Watteschleier vernommen. In ihrem Kopf war noch alles dumpf, doch sie rang sich zu der Erkenntnis durch, dass sie die Cavallo unterschätzt hatte. Wie hätte sie auch annehmen können, dass sie auf ihrer Seite stand?
Jane schalt sich eine Närrin, aber sie merkte auch, dass es ihr etwas besser ging. Sie hatte das Gefühl, aus einem leichten Traum zu erwachen.
»Bist du bereit, Jane?«
Sie gab keine Antwort, es wäre sowieso nur ein Krächzen über ihre Lippen gedrungen.
»Mach dich bereit!«
Nach diesen Worten wurde es in ihrer Umgebung heller. Das Licht reichte nicht bis in den Bereich hinein, in dem Claudine van Straaten lag.
Es war auf Jane konzentriert und bedeckte die obere Hälfte ihres Oberkörpers mit seinem Schein.
Justine kam näher.
Jane hätte am liebsten die Augen geschlossen, aber das hätte nichts gebracht. Sie musste sich den Tatsachen stellen.
Justine blieb stehen. In der rechten Hand hielt sie die Maske, die völlig harmlos aussah. Der Dolch lag noch auf dem Tisch wie ein überflüssiges Utensil.
Jane Collins starrte in die leeren Augenhöhlen. Sie sah die spitze Nase, die sie an eine gebogene Lanze erinnerte. Sie sah auch die Mundöffnung und hatte den Eindruck, auf den Kopf eines großen Vogels zu schauen.
»Hier!«
Jane verkrampfte die Finger um die beiden Sessellehnen, als sie sah, wie Justine ihr die Maske reichte. Es hatte keinen Sinn, wenn sie sich weigerte. Sie musste das tun, was man vor ihr verlangte, und so nahm sie der Vampirin das alte Stück aus der Hand.
Die Maske war leicht. Man merkte, dass sie aus Pappe bestand, die mit Seide überzogen war. Es war ihr nichts Negatives anzusehen. Sogar die Bänder waren normal, und jetzt fragte sich Jane, ob Justine ihr nicht etwas vorgemacht hatte.
Sie spürte nichts. Sie hob die Maske an, ließ sie für einige Sekunden vor ihrem Gesicht schweben und drückte sie dann dagegen. Auch von innen war das Gebilde weich und kratzte nicht auf ihrer Haut, was sie für einen Moment als angenehm empfand. Jane sah noch einmal an ihr vorbei und sah den Blick der Vampirin.
Justine nickte.
Dieses Nicken war für Jane Collins das Zeichen. Sie nahm die Maske in beide Hände und drückte sie gegen ihr Gesicht…
***
Es war der Moment, an dem sich alles entscheiden musste. Wie würde die Maske auf sie reagieren?
Zunächst geschah nichts, und von Jane fiel die große Anspannung sogar ab. Sogar der Gedanke daran, dass sich die Cavallo geirrt haben könnte, kam ihr. Und Jane dachte einen Schritt weiter. Ihr fiel leider erst jetzt ein, dass sie ihre Waffe bei sich trug. Die hätte sie schon vorher ziehen sollen, aber sie wusste auch, dass Justine Cavallo damit nicht auszuschalten war.
Jetzt hörte sie ihre Frage. »Na, wie fühlst du dich?«
Die Blutsaugerin stand direkt vor ihr. Durch die Maske war Janes Blickwinkel verengt, so sah sie nur die Person, die genau vor ihr stand, und sie freute sich darüber, dass sie eine bestimmte Antwort geben konnte.
»Ich fühle mich gut. Normal, sage ich.«
Das gefiel der Cavallo nicht. »Nein, du musst etwas spüren. Sie hat einer mordenden Hexe gehört, die sich am Blut der Menschen nicht satt sehen konnte. Und in dir stecken noch
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