1642 - Ein Rächer aus dem Nichts
hörte er das Heulen der Sirenen, was ihn nicht weiter störte. Er wusste in diesem Fall genau, was er zu tun hatte. Dass die Polizei hier erschien, war wichtig, aber noch wichtiger war, dass jemand anderer hier erschien.
John Sinclair!
Und deshalb rief Johnny ihn an…
***
Wenn etwas in einer Straße passiert war, was den Verkehrsfluss hemmte, dann gab es nicht nur das Chaos in der entsprechenden Straße, dann war auch die Umgebung davon betroffen, und das bekamen Suko und ich leider zu spüren.
Auch in den Nebenstraßen gab es kein Durchkommen für uns. Zum Glück konnten wir den Rover dort abstellen, wo auch Streifenwagen parkten. Zu Fuß mussten wir uns durchschlagen, um den Ort des Geschehens zu erreichen.
Johnnys Anruf hatte uns alarmiert. Er hatte Suko eine knappe Beschreibung des Angreifers gegeben, und mehr hatte er auch nicht zu sagen brauchen, um uns in Alarmbereitschaft zu versetzen.
Auf dem Weg zum Tatort erfuhren wir, dass es drei Tote gegeben hatte.
Umgebracht von einem mit einem Schwert bewaffneten Amokläufer.
Um uns herum herrschte noch das Chaos. Wir sahen den Bus, der von Beamten umgeben war. Die Männer der Spurensicherung waren bereits in ihm, um sich ein erstes Bild zu machen.
Ich sah bekannte Gesichter, auch wir wurden gesehen, aber nicht angesprochen.
Uns kam es darauf an, eine bestimmte Person zu finden.
Noch sahen wir Johnny nicht.
»Wollte er denn hier warten?«, fragte ich.
Suko nickte. »Ja, wo sonst?«
Auf dem Gehsteig sahen wir eine Gruppe von Menschen, die unter Schock standen. Sie waren bunt gemischt. Das mussten die anderen Fahrgäste sein, und ich hielt bei ihnen Ausschau nach Johnny Conolly.
Er entdeckte uns zuerst. Er hatte sich in einem Hauseingang versteckt gehalten und von dort alles beobachtet. Wir hörten seinen Ruf, stoppten und sahen ihn auf uns zulaufen.
Johnny sah alles andere als gut aus. Er war blass. In seinen Augen flackerte es. Seit seiner Kindheit war er immer wieder mit ungewöhnlichen und oft auch unglaublichen Vorgängen konfrontiert worden, aber dieser Ausbruch an Gewalt, der hatte ihn schon stark mitgenommen. Beim Gehen schwankte er, und er hatte auch Mühe, sein Zittern in den Griff zu bekommen.
Ich wollte etwas sagen, aber Johnny kam mir zuvor.
»Es war die Hölle, John, einfach nur die Hölle. Dieser Mörder ist plötzlich gekommen, und er war kein Mensch, das musst du mir glauben.«
»Ich weiß, Johnny.«
»Wie? Du weißt…«
Ich legte einen Arm um seine Schultern. »Es ist jemand, auf den auch wir Jagd machen.«
»Auf Gothic?«
»Ja, so heißt er wohl.«
»Aber warum habt ihr…«
Natürlich hatten wir Fragen an ihn, nur gefiel mir der Ort nicht. Wir standen in diesem Chaos, was nicht gut war, und deshalb schlug ich vor, uns einen anderen Ort zu suchen, wo es ruhiger war.
»Ja, und wohin?«
Suko hatte ein Lokal entdeckt, in dem Fast Food verkauft wurde. Der Besitzer war Optimist, er hatte seine Stehtische vor dem Laden noch nicht in den Keller geräumt. Dort konnten wir einigermaßen ruhig miteinander sprechen. Der Besitzer hatte seinen Laden verlassen und sich unter die Neugierigen gemischt.
»Mir zittern jetzt noch die Knie und nicht nur die«, flüsterte Johnny, als wir am Tisch stehen blieben.
»Das glaube ich«, sagte Suko.
Johnny atmete tief und ballte seine Hände zu Fäusten.
»Gut, dass ihr so schnell gekommen seid, aber trotzdem hat es die andere Seite geschafft und ist geflohen.« Er schloss für einen Moment die Augen. »Ich wurde Zeuge von drei grausamen Morden. Dieser verfluchte Amokläufer hat keine Gnade gekannt, er hat sich die Leute, die den Bus überfallen haben, der Reihe nach vorgenommen und sie mit seinem Schwert umgebracht. Und das vor so vielen Zeugen.«
Johnnys Aussagen waren wichtig. Aber wir konnten ihn nicht so einfach mit unseren Fragen überfallen. Er musste zunächst mal zu sich selbst finden.
»Wenn du Zeit brauchst, Johnny, dann…«
Er unterbrach mich mit einer schroffen Handbewegung. »Nein, nein, es ist schon okay. Ich kenne ja die Vorgänge und weiß, was ich zu tun habe.«
»Gut, es ist deine Entscheidung.«
Johnny schaute nach unten auf den Tisch. »Ich habe durch Zufall genau neben der richtigen Person gesessen«, flüsterte er und lachte unecht auf.
»Wieso?«, fragte Suko.
Johnny hob den Blick. »Sagt euch der Name Skip Tandy etwas?«
»Nein.«
»Aber mir. Und ich habe diesen Killer schon gesehen, bevor er als echte Person auftauchte.«
»Wo denn?«, flüsterte
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