1643 - Die Templer-Katakombe
dem er lieber die Finger hätte lassen sollen. Es muss um die alten Alchemisten gehen, die versucht haben, künstliches Gold herzustellen. Mein Vater war ein sehr neugieriger Mensch, was die Vergangenheit anging, das steht fest.«
»Und er hat Ihnen meinen Namen genannt?«
»Ja, ich habe mich nicht verhört. Er hat sogar von Ihnen als Geisterjäger gesprochen. Das ist doch ein Beweis dafür, dass Sie ihm nicht unbekannt waren.«
»Stimmt. Nur kenne ich ihn nicht. Sein Name ist mir unbekannt, und ich kann Ihnen auch nicht sagen, wie er auf meinen Spitznamen gekommen ist. Aber das spielt auch keine Rolle. Ich werde mir den Inhalt des Umschlags anschauen. Dann müsste ich eigentlich schlauer sein.«
»Ja, das glaube ich auch.«
Der Umschlag war an seinem oberen Ende zusätzlich mit Klebeband verschlossen, das ich erst aufreißen musste, um eine Öffnung zu bekommen, in die ich meine Hand schob.
Alle schauten mich an, und in mir wuchs ebenfalls die Spannung. Da war es schon fast enttäuschend, dass ich nur Papier fühlte, das ich herauszog und erkannte, dass es sich um einen mehrseitigen Brief handelte, der mit der Hand geschrieben war.
Ellen Radix schüttelte leicht verwundert den Kopf. »Ist das alles?«
»Ja.«
»Nichts sonst?«
Ich lächelte sie an. »Was haben Sie denn erwartet?«
»Keine Ahnung. Aber so etwas Normales kaum. Das ist schon ungewöhnlich, meine ich.«
»Klar. Allerdings können auch Briefe einen brisanten Inhalt enthalten. Ich bin gespannt, was ich zu lesen bekomme. Sie erlauben doch - oder?«
»Aber bitte.«
Das Entziffern von Handschriften ist oft so eine Sache. In diesem Fall hatte ich Glück, denn Roland Radix, so war der Brief unterschrieben, besaß eine gestochene Handschrift, die gut zu lesen war. Da waren die Sätze mit schwarzer Tinte auf einen hellen Untergrund geschrieben worden.
Von drei Augenpaaren wurde ich beobachtet, als ich mich auf meinem Stuhl zurücklehnte und anfing, den Brief zu studieren.
Ich las, ich war fasziniert, las weiter, und dabei störte mich niemand.
Es wurde keine Zwischenfrage gestellt, was gut war, denn diese drei beschriebenen Seiten enthielten eine Brisanz, die dafür sorgte, dass es mir kalt den Rücken hinablief.
Sogar kleine Schweißperlen erschienen auf meiner Stirn, und nicht nur einmal stieß ich scharf die Luft aus. Als ich dann die Seiten sinken ließ, da wurde ich angestarrt, und die Blicke der mich umgebenden Menschen waren große Fragezeichen.
Ich konzentrierte mich auf Ellen Radix, die mir schließlich diese Botschaft überbracht hatte. Sie sah aus, als ob sie eine Frage stellen wollte, und ich kam ihr zuvor.
»Ich denke, Ellen, dass Ihr Vater genau das Richtige getan hat.«
Sie sah erleichtert aus und flüsterte: »Dann bin ich ja froh, Mr. Sinclair.«
»Sagen Sie ruhig John zu mir.«
»Danke.«
Glenda. Perkins war sehr neugierig. »Und worum geht es tatsächlich?«
Ich machte es spannend und sagte: »Die Antwort ist einfach. Ellen hat es schon erwähnt. Roland Radix hat sich einer bestimmten Aufgabe verschrieben. Er war dem größten Rätsel der Alchemisten des Mittelalters und der Zeit danach auf der Spur.«
»Gold«, sagte Suko.
Ich drehte den Kopf und schaute ihn an. »Ja, Gold. Darum ging es Roland Radix. Er wollte den Stein der Weisen finden. Die Umwandlung von Blei in Gold, was in den alten Zeiten viele Menschen fasziniert hat. Das war sein Traum. Deshalb hat er seine Familie verlassen und ist seinen Nachforschungen nachgegangen.«
»Hat er es denn gefunden?«, fragte Glenda.
»Darüber hat er nichts geschrieben. Aber irgendetwas muss passiert sein, sonst wäre man ihm nicht auf den Fersen gewesen, um ihn letztendlich umzubringen.«
Ellen Radix saß plötzlich in entspannter Haltung auf ihrem Stuhl. »Sie meinen, dass er etwas gefunden hat? Einen Hinweis oder das Gold selbst? Das kann ich nicht glauben.«
»Ich weiß nicht, was er gefunden hat. Es geht aus seinem Vermächtnis nicht hervor, das übrigens an mich gerichtet ist. Aber ich habe auch gelesen, dass ihn die Spur nach Südfrankreich geführt hat…«
Suko unterbrach mich. »Die Templer?«
»Das schließe ich nicht aus. Es kann sogar sein, dass er davon ausgegangen ist, dass sie sich ebenfalls damit beschäftigt haben, aus unedlen Metallen ein edles herzustellen.« Ich legte die Seiten wieder auf den Schreibtisch zurück. »Aber wir wissen, dass die Templer zu ihrer Blütezeit auf vielen Gebieten führend waren. Sie haben sich nicht nur kaufmännisch
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