1646 - Baphomets Diener
südlich?«, fragte ich mit leiser Stimme. »Heißt die kleine Stadt zufällig Lauder?«
»Ja, das ist ihr Name.«
»Und dieser Sinclair, von dem Sie gesprochen haben, hörte nicht zufällig auf den Namen Horace…«
»Doch, so hieß er.« Es blitzte in den Augen der Frau. »Woher wissen Sie das alles?«
»Das ist ganz einfach, denn vor Ihnen steht sein Sohn…«
***
Eartha Quinn starrte mich an, ohne ein Wort zu sagen. Ihre Hände hatte sie zu Fäusten verkrampft. Den Mund hielt sie geschlossen und holte nur durch die Nase Luft.
Ich wollte noch nichts sagen und zunächst einmal abwarten, bis sie ihre Überraschung überwunden hatte.
Es begann mit einem Nicken, und dann sprach sie leise.
»Ja, wenn ich Sie mir genau anschaue, dann entdecke ich eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Ihrem Vater und Ihnen.« Sie legte eine Hand gegen die Brust. »Mein Gott, wenn ich daran denke, wie oft Ihr Vater über Sie gesprochen hat und immer so stolz auf Sie gewesen ist, dann wird mir ganz anders, da ich Sie jetzt vor mir sehe. Das ist kaum zu fassen, muss ich Ihnen sagen.«
»Ich bin es wirklich.«
»Ja, ja, ich glaube Ihnen. Man sieht es Ihnen auch an, wie ich schon sagte.« Auf ihrem Gesicht schien die Sonne aufzugehen. »Mein Gott, ich freue mich.«
»Die Freude ist auch auf meiner Seite. Ich bin froh, jemanden getroffen zu haben, der meinen Vater kannte. Haben Sie sich denn öfter gesehen?«
»Nein, nur selten. Ich hätte mich gern öfter mit ihm unterhalten, aber er und Jason Sullivan waren immer sehr beschäftigt.«
»Ja, Mrs. Quinn, damit wären wir wieder beim Thema. Was hat Sie und Jason Sullivan verbunden?«
Sie winkte ab. »Ach, das ist leicht gesagt, ich bin ihm etwas zur Hand gegangen.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Nun ja, ich war seine Aufwartefrau. Dreimal in der Woche bin ich in seinem Haus gewesen, habe für ihn gewaschen, geputzt, auch gekocht. Ältere und alleinstehende Männer sind oft nicht sehr geschickt, was die Belange des täglichen Lebens angeht. Und die habe ich eben übernommen. Dabei hat sich zwischen uns ein Vertrauensverhältnis entwickelt, und so habe ich auch Ihren Vater kennengelernt.«
»Das ist interessant, und Jasons Neffen kennen Sie auch.«
»Ja. Er hat sich entschlossen Priester zu werden und besucht ein Seminar. Deshalb ist er nur ganz selten zu seinem Onkel zu Besuch gekommen.«
Das klang alles plausibel. Ich hakte trotzdem noch mal nach.
»Aber Jason Sullivan hat seinem Neffen vertraut, wenn mich nicht alles täuscht.«
»Das hat er. Und mir auch. Sonst hätte er mir nicht etwas überlassen, das ich Paul unbedingt geben sollte.«
Ich musste nicht lange nachdenken und sagte spontan: »Es ist das Etui gewesen, nicht wahr?«
Eartha Quinn zeigte sich erstaunt. »Ja, das stimmt. Woher wissen Sie davon?« Sie lachte sich selbst aus. »Natürlich hat Paul es Ihnen erzählt, denke ich.«
»Ja, so ist es gewesen. Wissen Sie, was das Etui enthielt?«
»Nein. Es war versiegelt. Ich habe es nicht geöffnet.«
»Nun ja, ich dachte eher daran, dass Jason Sullivan Sie eingeweiht hätte.«
»So vertraut waren wir nicht, Mr. Sinclair. Paul ist der Erbe, wobei ich allerdings nicht weiß, was er erben wird.«
»Etwas, was auch andere Menschen interessiert«, sagte ich.
»Und wen meinen Sie damit?«
Ich deutete über meine Schulter hinweg auf den abgestellten Mercedes.
»Er hat Besuch bekommen.«
Eartha presste die Lippen zusammen und nickte kantig.
»Der Ihnen nicht gefällt«, fuhr ich fort.
»Nun ja«, sagte sie leise. »Die Besucher kommen bestimmt nicht aus dem Priesterseminar.«
»Dann haben Sie die Leute gesehen?«
»Drei Männer.«
»Und weiter?«
Jetzt musste sie erst mal nachdenken und meinte nach einer Weile: »Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber mir haben diese drei Männer ganz und gar nicht gefallen. Es war zudem Zufall, dass ich sie überhaupt sah. Ich bin den Weg hierher zum Haus einfach zu oft gegangen. Er ist zu einem Teil meines Lebens geworden. Ich war unterwegs und musste nachdenken. Es ist schwer, den Tod eines Menschen, für den man lange gesorgt hat, zu verkraften. Jason Sullivan war ein Gentleman. Vielleicht hin und wieder leicht weltfremd, aber das hat ihn nur noch sympathischer gemacht. Es gab zwischen uns nie Probleme.«
Ich hatte den Verstorbenen zwar nicht kennengelernt, ging aber davon aus, dass Eartha Quinn mir nichts vormachte. Und mit Menschen wie diesem Jason Sullivan war mein Vater auch gern zusammen. Dazu
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