1646 - Baphomets Diener
überrascht worden war.
Auch ich hielt an. Für eine Weile starrten wir uns an, bis ich lächelte und ihn grüßte.
Der Mann gab den Gruß nicht zurück und fragte mit leicht zischender Stimme: »Was willst du?«
Der vertraute Tonfall gefiel mir gar nicht. Er deutete auf Aggressivität hin.
Wer sich so verhielt, der hatte meiner Ansicht nach etwas zu verbergen.
»Pardon, aber ich möchte hier einen Besuch abstatten.«
»Hau ab. Du kannst hier keinen mehr besuchen. Der Mann, der hier gewohnt hat, ist tot.«
»Ja, ich weiß.«
In dem Knochengesicht mit der blassen Haut zuckte es. »Dann weiß ich nicht, was du hier noch willst.«
»Ich bin hier verabredet und…«
Er ließ mich nicht ausreden, sondern blaffte mich an. »Ach, mit einem Toten?«
»Nein. Oder sollte Paul Sullivan, der Neffe des Verstorbenen, inzwischen auch tot sein? Das kann ich nicht glauben, denn ich habe heute noch mit ihm gesprochen.«
»Ach, hast du?«
»Ja, habe ich.«
»Dann hat er dich verarscht. Er ist nicht hier. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
Ich wusste genau, was ich mit meinen Worten auslösen würde, als ich sagte: »Genau das glaube ich nicht!«
Für den Hageren war die Sache schon erledigt gewesen. Jetzt zuckte er heftig zusammen. Sein Körper spannte sich. Der Blick seiner Augen war plötzlich eisig geworden.
»Was habe ich da gehört? Du hältst mich für einen Lügner? Du glaubst mir nicht?«
»Ja, so ist das.«
Meine Hartnäckigkeit überraschte ihn. »Okay, dann hast du dir das, was jetzt folgt, selbst zuzuschreiben.«
Nun war Gewalt angesagt. Ich war darauf eingestellt. Ich brauchte ihn nur anzuschauen, um zu wissen, dass er mich nicht ernst nahm. Er hätte schnell zuschlagen können, was er nicht tat. Ich sah, wie er die linke Hand zur Faust ballte und sie auf die Reise schicken wollte.
Ich war schneller und trat hart und gezielt gegen sein rechtes Schienbein.
Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Er öffnete den Mund, und als der scharfe Schmerz hoch bis in seinen Schenkel zuckte, drang ein erstickter Würgelaut aus seiner Kehle.
Ich beließ es nicht dabei. Nach dem Tritt hatte er sich nach vorn gebeugt, was mir entgegenkam. Meine Handkante fegte schräg heran.
Suko hatte mir die richtigen Schläge gezeigt, und der Hals lag wie auf dem Präsentierteller vor mir.
Der Schlag schüttelte den Mann durch. Er streckte noch eine Hand aus, um sich festzuhalten, aber sie rutschte von der Seitenscheibe des Mercedes ab. Er brach zusammen.
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Obwohl er mich nicht hören konnte, musste ich etwas loswerden.
»Man soll einen Menschen eben nie unterschätzen, Meister.«
Der Knochige lag auf dem Boden. Wie lange sein Zustand andauern würde, wusste ich nicht. Jedenfalls hatte ich einen möglichen Gegner ausgeschaltet, und nur das zählte.
Mir gefiel nur nicht, dass er an einer Stelle lag, die vom Haus her einsehbar war. Deshalb zerrte ich ihn um die Kühlerschnauze herum und legte ihn an der anderen Seite ab. Sein Hals war dort, wo ich ihn erwischt hatte, etwas bläulich angelaufen.
Ich wartete ab, ob sich etwas tat. Aber die Haustür blieb geschlossen.
Offenbar hatte niemand etwas gesehen.
Dass man ihn vermissen würde, lag auf der Hand. Und deshalb musste ich rasch handeln.
Bevor ich mich in Bewegung setzen konnte, hörte ich einen Pfiff, der ungefähr von dort kam, wo ich vorhin gestanden hatte. Ich drehte den Kopf und sah Eartha Quinn in einer Lücke zwischen zwei Baumstämmen stehen. Sie winkte mir mit beiden Armen zu und deutete damit an, dass sie etwas von mir wollte.
Ich konnte mir nicht vorstellen, was es war, aber es musste wohl wichtig sein. Ich zögerte nicht länger und machte mich auf den Weg. Diesmal lief ich so schnell wie möglich und war froh, wieder Schutz bei den Bäumen zu finden.
Eartha Quinn schaute mich starr an. »Ich habe gesehen, was passiert ist, Mr. Sinclair. Sie haben diesen Mann niedergeschlagen.«
»Das musste sein«, verteidigte ich mich. »Er wollte mich aus dem Weg räumen.«
»Das habe ich schon verstanden. Hat er denn etwas gesagt? Zum Beispiel über Paul Sullivan?«
»Nein, hat er nicht. Allerdings gehe ich davon aus, dass er mehr über ihn weiß. Meiner Meinung nach halten diese Männer das Haus besetzt, in dem Paul wohl ein Gefangener ist, aus welchen Gründen auch immer. So sehe ich die Lage.«
»Und damit werden Sie wohl nicht falsch liegen.« Eartha nickte. »Sind Sie noch immer daran interessiert, das Haus zu
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