1646 - Baphomets Diener
gesehen.
Ich hielt an und überlegte, ob ich mit dem Rover auf das Grundstück fahren sollte. Platz genug war vorhanden. Es gab von der Straße her auch einen Weg, der nur schlecht zu erkennen war, weil feuchtes Laub ihn unter sich begraben hatte.
Was tun?
Ich entschied mich für mein Gefühl und stellte den Rover am Straßenrand ab. Vom Beifahrersitz schnappte ich mir meine Jacke, streifte sie über und war froh, dass sie ein warmes Futter hatte, denn so schützte sie mich gegen den kalten Wind. Ein erdiger Geruch umwehte meine Nase, als ich durch das bunte Laub schritt und es mit den Schuhen aufwirbelte. Es kam mir alles so normal vor, was mich auch freute, bis zu dem Zeitpunkt, als ich einige Meter zurückgelegt hatte, denn da öffnete sich mein Blick auf einen Wagen, den ich hier nicht erwartet hatte.
Es war eine dunkle Limousine, und ich reagierte automatisch, bevor ich nachdachte. Ich versteckte mich hinter einem Baumstamm, und erst jetzt dachte ich genauer darüber nach, was mich in Deckung getrieben hatte.
Es ging um die Limousine. Nicht, dass ich etwas gegen einen alten schwarzen Mercedes gehabt hätte, doch in diesem Fall dachte ich an das Telefongespräch mit Paul Sullivan, denn er hatte mir von einem dunklen Mercedes erzählt, bei dessen Stopp an der Haltestelle er ein Unbehagen gespürt und dass er sich aus dem Wagen hervor beobachtet gefühlt hatte.
Und jetzt stand solch ein Wagen hier auf dem Grundstück. Das gab mir schon zu denken.
Warum war er hier? Der oder die Insassen wollten vielleicht jemanden besuchen. Der Besuch konnte harmlos sein, andere Menschen hätte sich darüber sicherlich keine großen Gedanken gemacht. Bei mir sah das anders aus. Ich war es gewohnt, misstrauisch zu sein.
Möglicherweise war dieser Besuch Paul Sullivan nicht willkommen, und aus dieser Annahme wollte ich zunächst meine Konsequenzen ziehen.
Ich ließ den Vorsatz erst mal beiseite, ganz offen auf das Haus zuzugehen. Es gab noch die Möglichkeit des Anschleichens. Dafür entschied ich mich im nächsten Augenblick.
Hinter mir raschelte es.
Das konnte ein Tier sein, trotzdem drehte ich mich um.
Nein, das war kein Tier.
Vor mir stand eine ältere Frau, die ein Kopftuch umgebunden hatte, mich sehr intensiv anblickte und mich mit leiser Stimme fragte: »Wollen Sie hier jemanden besuchen?«
»Ja, das hatte ich eigentlich vor.«
Die Frau runzelte die Stirn. »Es ist wohl kein so guter Zeitpunkt, Mister.«
»Und warum nicht?«
»Weil Paul Sullivan schon Besuch hat. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich darüber freut.«
Die Frau überraschte mich mit jedem Wort. Deshalb musste ich meine Frage einfach loswerden.
»Und woher wissen Sie das?«
»Ich habe diese Männer gesehen.« Wie sie den Satz ausgesprochen hatte, ließ darauf schließen, dass sie die Personen nicht eben ins Herz geschlossen hatte.
»Was störte Sie an ihnen?«, fragte ich.
»Es sind keine guten Menschen, das spürt man. Jason Sullivan ist tot, aber es gibt ein Erbe.«
»Meinen Sie Paul, seinen Neffen?«
»Auch, Mister.«
Die Frau schien mehr zu wissen, als sie mir gegenüber bisher zugegeben hatte. Und das machte sie für mich interessant. Ich knipste mein nettestes Lächeln an und fragte: »Darf ich wissen, wer Sie sind?«
Um ihre Lippen herum zeigte sie ein spitzbübisches Lächeln. »Wenn Sie mir Ihren Namen sagen, Mister.«
»Nach Ihnen.«
»Gut, ich vertraue Ihnen. Mein Name ist Eartha Quinn. Reicht Ihnen das?«
»Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Jedenfalls hat Paul Ihren Namen mir gegenüber nicht erwähnt.«
»Ich bin auch nicht wichtig.«
»Soll ich das glauben?«
»Warum nicht?« Sie reckte ihr Kinn vor. »Pardon, Sie haben etwas vergessen. Auch Sie wollten mir Ihren Namen nennen. Nur so kann ein gewisses Vertrauensverhältnis entstehen.«
»Sie haben natürlich recht. Ich bin nicht von hier, sondern aus London gekommen und heiße John Sinclair.«
Es war genau zu sehen, wie die Augenbrauen der Frau in die Höhe zuckten und die Stirn einige Falten mehr bekam. Dann sagte sie: »Sinclair ist hier in Schottland kein so seltener Name, denke ich.«
»Da kann ich nicht widersprechen.«
Sie behielt mich im Blick, als sie weitersprach. »Auch ich kannte mal einen Sinclair. Einen sehr aufgeschlossenen und freundlichen Menschen. Er wohnte nicht hier, sondern weiter südlich, aber er besuchte Jason Sullivan hin und wieder.«
Ich sagte erst mal gar nichts, aber über meinen Rücken rann ein Schauer. »Weiter
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