165 - Das besessene Haus
Du bist verloren! Auch du gehörst jetzt schon Xothar!«
Doch sie klammerte sich verzweifelt an diese allerletzte Hoffnung wie ein Ertrinkender an den Strohhalm.
Sie stieß die Tür auf, stürzte ins Bad, schleuderte die Tür hinter sich zu und verriegelte sie. Wenige Sekunden später klatschten Pauls Hände gegen das Holz.
»Mach auf, Yvonne!«
»Geh weg!« schluchzte sie. »Laß mich in Ruhe! Bitte!«
Finger schoben sich unter der Tür durch. Yvonne trat darauf.
»Wir werden die Tür aufbrechen, Yvonne!«
»Laßt mir um Himmels mein Leben! Ich will nicht werden wie ihr!«
»Es muß sein, Yvonne!«
Sie warfen sich gegen die Tür. Dumpf hallten ihre Schläge durch das Haus. Yvonne wich stolpernd zurück. Was hatte sie jetzt noch für eine Chance?
Lange würde die Tür dem Ansturm dieser schrecklichen Wesen nicht standhalten. Gab es wirklich keine Rettung? Yvonne wollte nicht aufgeben.
Das Fenster war sehr schmal, nicht viel breiter als eine Schießscharte. Wie kann man solche Fenster bauen? dachte Yvonne unglücklich.
Aber sie war schlank, es mußte möglich sein, sich dort oben hinauszuzwängen. Aber was dann? Sie befand sich nicht im Erdgeschoß. Lieber zu Tode stürzen als sich in dieses grauenvolle Schicksal ergeben! ging es Yvonne durch den Kopf.
Sie stieg auf den Spülkasten und öffnete das Fenster. Dann zog sie sich hoch und schob sich Zentimeter um Zentimeter weiter hinaus.
Hinter ihr wuchteten sich die Männer immer ungestümer gegen die Tür. Das Holz knirschte schon, bald würde es brechen - und Yvonne steckte fest!
Sie konnte weder vor noch zurück. Himmel, hilf! schrie es in ihr. Verzweifelt kämpfte sie um ihr Leben. Sie hing irgendwo. Jetzt gab es einen jähen Ruck, und dann wäre sie beinahe aus dem Fenster gefallen.
In Reichweite war der dicke Draht des Blitzableiters an der Hausfassade befestigt. Yvonne griff mit beiden Händen danach und zog sich hinaus.
Krachend schwang die Tür auf und schlug hart gegen die Fliesen. Yvonnes Beine befanden sich noch drinnen. Sie spürte Finger, die sich um ihre Fußgelenke schlossen.
Schreiend strampelte sie sich frei und riß sich vollends durch das Fenster. Es ging fast über ihre Kräfte, sich an den Blitzableiter zu klammern, aber sie wußte, wenn sie es nicht schaffte, würde sie abstürzen.
Dann würden Paul Albee, John Richardson und Roy Berry aus dem Haus kommen, und sie würde dort unten liegen - vielleicht mit gebrochenen Beinen -, würde nicht aufstehen, nicht fliehen können.
Dieses Schicksal vor Augen, schaffte Yvonne den Abstieg. Der Mensch kann sehr vieles, wenn er muß. Oben ragten Hände aus dem schmalen Fenster, gierig, verlangend.
Yvonne sprang und kam auf dem weichen, dichten, kurzgeschorenen Rasen auf. Federnd ging sie in die Hocke, schnellte sofort wieder hoch und keuchte durch die Dunkelheit.
Hinter dichten Büschen stolperte sie und stürzte. Benommen blieb sie einige Sekunden liegen. Ihr Puls raste, ihr Herz trommelte wie verrückt gegen die Rippen.
Als sie den Kopf hob, machte sie eine weitere unvorstellbare Entdeckung: Sie sah das Skelett, das im Keller gelegen und mit dessen Fund all das Schreckliche angefangen hatte, aus dem Haus treten. Jedoch nicht durch die Tür!
Das Gerippe kam einfach durch die Wand!
Zitternd preßte sich Yvonne auf den Boden, sie krallte die Finger ins Gras und gab keinen Laut von sich, obwohl sie ihre Angst am liebsten herausgebrüllt hätte.
Der bleiche Knochenmann entfernte sich vom Haus, aber auch von Yvonne. Sie beobachtete ihn gespannt. Er suchte sie offensichtlich, wollte verhindern, daß sie entkam.
Albee, Richardson und Berry hatten einen Fehler gemacht, den Carrsitan korrigieren wollte, denn wenn die junge Frau entkam, würde sie Alarm schlagen.
Xothar hatte zwar nichts und niemanden zu fürchten, aber er wollte sich nach dem Erwachen nicht gleich mit dummem Menschengeschmeiß ärgern, das sich anmaßte, ihn zu bekämpfen, das sich vielleicht sogar einbildete, ihn besiegen zu können.
Das war der Grund, weshalb Carrsitan das Haus verlassen hatte. Er entfernte sich mit raschen Schritten.
Yvonnes Gesicht war schweißbedeckt. Die Angst drohte sie umzubringen. In ihrem ganzen Leben war sie noch nie so entsetzlich aufgeregt gewesen. Was war dagegen der Ärger in der Schule mit Edward Wills und dem Direktor!
Carrsitan blieb auf einmal stehen. Er hob den Kopf, als würde er Witterung aufnehmen - und machte kehrt. Yvonne schnappte vor Entsetzen fast über.
Am liebsten hätte sie
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