165 - Das besessene Haus
zum ersten Stock hinauf, und als ich die offene Tür sah, riß ich meinen Colt Diamondback aus der Schulterhalfter.
»Ich würde sagen, hier ist etwas faul«, flüsterte ich.
»Berry ist faul«, gab der Ex-Dämon zurück.
Er drückte die Tür zur Seite und trat vor mir ein. Ich folgte ihm und spürte, wie sich meine Nervenstränge strafften. Wir wußten nicht, wie stark ein Diener Xothars war und welche Fähigkeiten ihm zur Verfügung standen.
Die Wohnung war klein - und leer, wie wir schnell herausfanden. Roy Berry war nicht zu Hause.
»Sieh nur, wie es hier aussieht«, sagte Mr. Silver im Wohnzimmer.
»Als hätte hier ein Kampf stattgefunden«, bemerkte ich.
»Ein Kampf zwischen Roy Berry und John Richardson. Rat mal, wer ihn gewonnen hat.«
»Xothars Diener.«
»Davon können wir ausgehen.«
»Und was ist mit John Richardson passiert?« fragte ich.
»Zwei Möglichkeiten: Entweder hat Berry ihn umgebracht, oder…«
»Er hat die Möglichkeit, ihn auch auf Xothars Seite zu holen«, vollendete ich Mr. Silvers Satz.
»Da es hier keinen Toten gibt, ist letzteres zu befürchten«, meinte Mr. Silver.
***
Ein kühler Lufthauch strich an Yvonne vorbei und stieß die Tür ins Schloß. Der laute Knall riß ihr einen heiseren Schrei von den Lippen.
Wie von der Natter gebissen fuhr sie herum. Paul Albee hatte die besseren Nerven. Kein Wunder, er hatte das Skelett nicht gesehen. Wahrscheinlich spürte er auch nicht die Bedrohung, die Yvonne so sehr ängstigte.
Er lachte. »Wovor fürchtest du dich denn?«
»Ich hätte nichts dagegen, von hier zu verschwinden.« Yvonnes Herz schlug bis zum Hals hinauf.
Sie hatte ein ganz merkwürdiges Gefühl. Sollte sie mit Paul darüber reden? Würde er sie verstehen? Ihr war, als befänden sie sich irgendwo… drinnen.
Nicht in einem Haus, denn das wäre ja nicht beunruhigend gewesen. Nein, in einem riesigen Lebewesen glaubte sie sich, und wenn sie genau hinsah, vermeinte sie, die Wände würden sich bewegen, als wären sie dem Rhythmus eines schlagenden Herzens angepaßt.
Sie waren auch nicht gerade, sondern gebogen. Yvonne fühlte sich von ihnen nicht umgeben, sondern »umschlossen«.
Ein mächtiges Ungeheuer schien sie und Paul verschlungen zu haben.
Paul schaltete das Licht an. Früher hatte der Kronleuchter in der Halle »normales« Licht abgestrahlt, heute war er gelb getönt, und dieses gelbe Licht ließ Paul Albees Teint wächsern aussehen.
»Zeigst du mir, wo das Skelett gefunden wurde?« fragte Paul.
Yvonne starrte auf die offene Kellertür und schüttelte heftig den Kopf. »Keine zehn Pferde bringen mich da hinunter.«
»Ich werde dort unten eines Tages meine Musik produzieren«, sagte Paul. »Wirst du dir das Tonstudio nicht ansehen?«
»Vielleicht. Wenn es fertig ist. Aber jetzt gehe ich da nicht hinunter.«
Das Licht flackerte, und Yvonne krallte sich an Paul fest.
»Eine Schwankung in der Stromspannung«, sagte er. »Kein Grund, sich zu beunruhigen.«
Ein Geräusch drang an ihr Ohr. Schnelle Schritte oben.
»Es ist jemand im Haus«, flüsterte Yvonne aufgeregt. Sie blickte unruhig zur Decke.
»Vielleicht Ballard und Silver«, erwiderte Paul Albee. »Sehen wir nach?«
Er wartete ihre Antwort nicht ab, sondern marschierte gleich los. Sie blieb mit vibrierenden Nerven stehen. Sollte sie das Haus allein verlassen?
Ein dumpfes Poltern ließ sie wieder heftig zusammenzucken. »Warte!« stieß sie aufgeregt hervor. »So warte doch!«
Er blieb stehen und drehte sich amüsiert um. Sie schloß zu ihm auf, und dann stiegen sie gemeinsam die Treppe hinauf. Als sie das Obergeschoß erreicht hatten, rief Paul: »Hallo! Ist da jemand? Mr. Ballard! Mr. Silver!«
Am Ende des Flurs bewegte sich ganz langsam eine Tür. Paul ging darauf zu.
»Wer ist da?«
Wieder flackerte das Licht, als wäre das eine Antwort. Die Tür öffnete sich wieder. Sie schien die beiden heranzuwinken. Einladend ging sie auf und gab den Blick frei in eines der geräumigen Gästezimmer.
Yvonne wollte nicht eintreten, da es aber Paul tat, blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm zu folgen, obwohl sie fühlte, daß das ein folgenschwerer Fehler war.
Auf dem breiten Doppelbett lag niemand, dennoch sah Yvonne den Abdruck eines Körpers, der sich bewegte. Sie machte Paul darauf aufmerksam und stöhnte: »Es spukt!«
Der Körper verließ das Bett, die Tagesdecke straffte sich. Yvonne zweifelte an ihrem Verstand. Sie konnte nicht mehr bei Sinnen sein.
Sie, die ein Fach unterrichtete, das
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