1650 - Schrei, wenn der Albtraum kommt
drei.«
Ich lächelte. »Nein, nein, eines reicht mir.«
»Gut. Ich hole es Ihnen.«
Patrick Öameron ging aus dem Zimmer. Ich schaute auf den breiten Rücken eines Mannes, der sehr kräftig war und in diese Landschaft hineinpasste. Er gehörte zu den Menschen, die jahrelang in einer Großstadt ihren Dienst absolviert hatten. Er war ein guter Polizist gewesen und ein Freund von Chief Inspektor Tanner, der wiederum mit mir befreundet war. Nur hatte Pat Cameron den Weg in den Innendienst nie gefunden. Er war ein Mann der Straße geblieben und war vor einigen Monaten, an seinem sechzigsten Geburtstag, in Pension gegangen.
Etwas, das schwer an ihm genagt hatte, aber es war nicht zu ändern gewesen.
Pat Cameron wollte nicht in London bleiben. Er war wieder zurück in seine Heimat gezogen, nach Cornwall. In ein Land, das wild und einsam war und keine riesigen Städte kannte. Dafür viel Natur, steile Küsten und ein wütendes Meer, das dagegen schlug.
Einmal Polizist - immer Polizist!
Cameron gehörte nicht zu den Leuten, die ihre Augen verschlossen. Er war in einen Unruhestand geraten und hatte sich eingesetzt, wenn es darum ging, Verbrechen aufzuklären, die auf dem Land begangen wurden und nicht mit denen der Großstadt zu vergleichen waren.
Die örtlichen Kollegen hatten Cameron nicht vergessen und waren sogar froh, einen Helfer zu haben.
Kleinere Delikte, Diebstahl, Schlägereien, mal ein verbotenes Autorennen oder randalierende Jugendliche. Das alles hatte Pat Cameron schon erlebt. Aber deswegen war ich nicht da. Er hatte mich aus einem anderen Grund gerufen.
Das heißt, nicht er direkt, er hatte sich an seinen alten Freund Tanner gewandt, und der hielt Pat nicht für einen Spinner, nach dem, was ihm erzählt worden war.
Er hatte ihn an mich verwiesen. Allerdings nicht, ohne mich zuvor angerufen zu haben, und ich hatte Tanner keinen Korb geben können.
Zudem hatte mein Chef, Sir James, den Fall abgesegnet.
Da im Moment in London nichts Besonderes anlag und der letzte Vampirfall gut über die Bühne gegangen war, hatte es mich nach Cornwall gezogen, nicht bis nach Land's End, sondern an die nördliche Küste, die sich wie ein langer Streifen hinzog, gegen den die Wellen des Atlantiks schon seit ewigen Zeiten wuchteten.
Ich war mit dem Rover gefahren, hatte mir Zeit gelassen, unterwegs einmal übernachtet und war in einem Kaff namens Porttreath gelandet, in dem Pat wohnte.
Er hatte nie geheiratet.
Seine Ehefrau war der Beruf gewesen, aber hier auf dem Land lebten zahlreiche Verwandte. Hier stand auch sein Elternhaus, in das er eingezogen war. Nachdem die Eltern auf dem Friedhof lagen, hatten sich die Verwandten um das Haus gekümmert und es in Schuss gehalten, sodass es kein Problem für den Pensionär gewesen war, sofort einzuziehen.
Er fühlte sich wohl in diesem Land, das besonders im Herbst und im Winter seinen rauen Charme zeigte. Da tobten die Stürme, da fegten Regenschauer über das Land und ließen das nahe Meer zu einem brüllenden Tier werden.
Es war eine wilde, aber auch eine klare Welt. Hier ging man gradlinig zur Sache und wer nicht mitspielte, war an diesem Ort fehl am Platze.
Pat Cameron kam aus der Küche. Ich hörte seine Schritte auf den Holzbohlen des Flures, und wenig später tauchte er wieder in der offenen Tür auf. Er hatte eine Flasche Wasser mitgebracht und auch zwei Gläser.
»Sie sollen ja nicht alleine trinken. Später können wir uns dann einen Whisky gönnen. Einen edlen Drink, würde ich sagen. Aber erst, wenn alles vorbei ist.«
»Ich bin dafür.«
Cameron setzte sich.
Ich schenkte ihm und mir das Wasser ein.
Er war ein Mann, dessen Gesicht fast hölzern wirkte und Kindern Angst hätte einjagen können, weil sich über seine linke Wange eine tiefrote Narbe zog. Hinterlassenschaft einer Messerattacke. Ein Junkie, beinahe noch ein Kind, hatte ihm die Wange aufgeschlitzt, und die Wunde war ziemlich tief gewesen. Nach ihrer Heilung war die Narbe zurückgeblieben und hatte das Gesicht etwas verändert.
Kinder fürchteten sich trotzdem nicht vor ihm, denn wenn sie in die Augen schauten, dann sahen sie das Lächeln und die Freundlichkeit, die Pat ausstrahlte. In seinen Blicken malte sich ab, wie er wirklich dachte.
Darin war der Menschenfreund zu erkennen.
An diesem Abend blickten die Augen eher skeptisch und auch irgendwie hart, denn was vor uns lag, war der Grund, weshalb ich mich hier aufhielt.
Es ging um einen Reiter, der plötzlich auftauchte. Ein
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