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1652 - Im Netz des Quidor

Titel: 1652 - Im Netz des Quidor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schon hier sind?"
    „Nein. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, und der Anzug mißt keine Zeit. Es können ein paar Stunden, aber auch ein paar Tage vergangen sein."
    Ein paar Tage? „Warum interessiert dich das?"
    „Nur so."
    Sie musterte ihn scharf; Joara spürte, daß etwas nicht stimmte, und ihre Gedanken tasteten nach ihm, aber er blockierte den Zugang. „Reginald, sag mir, was nicht in Ordnung ist", sagte sie sanft. „Ich sehe doch, daß dich etwas quält, vielleicht kann ich dir helfen."
    Er schüttelte den Kopf. „Nein, das muß ich mit mir selbst abmachen."
    „Na gut." Sie berührte flüchtig seinen Arm und ging zu den anderen; sie hatten sich inzwischen auf einem Marktplatz der Stadt versammelt, auf dem mehrere Computerstände und die üblichen Schwarzhändler selbstbewußt ihre Dienstleistungen und Waren anpriesen. Wie an allen anderen Orten des Systems schien es hier nur Spieler, Verlierer und Siilyrer zu geben; es gab hier - wie überall - keinerlei Hinweise auf die Konstrukteure und Erbauer der Stadt oder überhaupt auf die Ureinwohner des Lakoor-Systems. Es war nicht einmal sicher, ob sich die Tiere, die hier auf den Straßen zwischen den Spielern herumwuselten, auf Pourron evolutionär entwickelt hatten.
    So viele Fragen, dachte Bull, und keine Antworten. Und es scheint sich keiner dafür zu interessieren, alle sind völlig in dieses Spiel vernarrt. Dabei wissen wir doch noch nicht einmal genau, was für einen Preis der Sieger erwarten darf.
    Vielleicht war er zu sehr Pragmatiker, daß er sich nicht als Spieler fühlte, und er konnte sein Mißtrauen nicht ablegen. Sicherlich war er davon fasziniert, mit nur einem einzigen Gedankenimpuls zu jedem beliebigen Ort transmittieren zu können, die Gedanken und Gefühle der anderen kennenzulernen, und auch die elektronische Welt des Netzes zog ihn an, aber er vertraute niemandem blindlings, schon gar nicht jemandem, den er nie zu Gesicht bekam. Irgend jemand mußte dieses Spiel schließlich erfunden haben, aber aus welcher Motivation heraus?
    Er drehte sich um, als er auf ihn gerichtete Gedankenimpulse spürte, und sah eine Gruppe fremder Spieler auf sich zukommen. Es waren zehn hochgewachsene, schlanke, zweibeinige Wesen, deren Helme so abgedunkelt waren, daß man die Köpfe nicht erkennen konnte. Das fremde Team blieb in einiger Entfernung stehen; eine einzelne Gestalt löste sich von der Gruppe und ging weiter auf Bull zu. Er hörte, wie Joara tief einatmete, als der Spieler schließlich vor ihnen stand.
    Es war nicht mehr erkennbar, was er einst gewesen war: Er hatte sich zu einem Cyborg entwickelt, dessen wahre Gestalt niemand mehr nachvollziehen konnte. Der Callon war mit seiner ursprünglichen Haut völlig verwachsen, der Kopf war unproportional groß und völlig deformiert, der Helm teilweise von Haut und Muskeln überwuchert, die Augen waren schwarze Höhlen, in denen ein rötliches Glühen lag. „Ich bin Errus", sprach er mit tiefer, klangvoller Stimme, der Callon übersetzte sofort. „Ihr habt uns in dem Wettstreit besiegt, und ich gratuliere euch. Wir kapitulieren und bieten euch an, uns als Verstärkung in euer Team aufzunehmen."
    Bull und Joara Clayton tauschten einen Blick; das restliche Team hatte sich inzwischen hinter ihnen versammelt und wartete ab. „Ich danke dir, Errus", sagte Bull schließlich. „Aber bevor wir eine Entscheidung treffen, ob wir euch aufnehmen, haben wir ein paar Fragen. Wir sind ganz neu in diesem Spiel und haben unseren ersten Wettstreit mit euch ausgetragen."
    „Und sofort gesiegt." Errus lachte dröhnend. „Wahrlich, ihr seid sehr stark und mächtig und habt deshalb gute Chancen, euren IQ-Stand zu multiplizieren. Ich werde deine Fragen gern beantworten. Laß uns einen etwas ruhigeren Platz suchen." Er deutete auf einen Computerstand, hinter dem eine größere Fläche mit steinernen Bänken ausgestattet war, auf denen Spieler saßen oder lagen und miteinander diskutierten. Sie fanden am Rand genügend freien Platz für alle; Errus' Team hielt sich etwas abseits, während die Terraner sich um den Cyborg scharten. „Meine Leute müssen die Niederlage erst noch verkraften", erläuterte Errus. Was von einem Mund übrig war, zog sich zu einem Lächeln in die Höhe; ein schmaler Schlitz mit Schwärze dahinter, ein Draht ragte aus einem Mundwinkel. „Es ist ihre erste. Ihr müßt wissen, daß wir nun eine ganze Saison nur gesiegt haben und mit dem Sieg über euch die vorletzte Stufe erreicht hätten.

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