1653 - Der schöne Schein des Bösen
schon einfach?«
Gregor nickte. »Stimmt auch wieder.«
***
Sheilas Frage klang noch in meinen Ohren nach, und ich konnte ihr nur zustimmen.
Welche Macht besaß diese Person?
Ich sah ihren und Bills Blick auf mich gerichtet. Auch deshalb, weil ich mein Kreuz in der Hand hielt, und ich war nicht fähig, eine Antwort zu geben.
Okay, ich wusste nicht, was passiert wäre, hätte ich das Kreuz aktiviert, aber das war im Moment nicht mein Problem. Wir mussten uns mit den Tatsachen abfinden.
Da war das plötzliche Erscheinen einer nackten Frau, die zudem meinem Freund Bill Conolly das Leben gerettet hatte und nun erschienen war, um ihn zu besuchen, aus welchen Gründen auch immer.
Ich hatte ihr möglicherweise dabei im Weg gestanden, und so hatte sie reagiert. Und das auf eine Weise, die mich ziemlich alt hatte aussehen lassen. Daran gab es nichts zu rütteln.
Ich stellte den Gedanken zurück, wer sie war, und fragte: »Was hat sie überhaupt hier gewollt? Welchen Grund hat Vanessa gehabt, hier zu erscheinen?«
Da sagte zunächst niemand etwas. Bill hob nur die Schultern, aber Sheila übernahm das Wort.
»Bill, das musst du wissen.«
»Sollte man meinen«, gab er zu. »Aber ich weiß nichts. Da kannst du dich auf den Kopf stellen. Ich habe sie aus der Erde kommen sehen. Und ihr Erscheinen hat die beiden Killer vertrieben. Das ist alles. Ich verdanke ihrem Eingreifen mein Leben, das will ich auch nicht vergessen. Oder seht ihr das anders?«
»Bestimmt nicht«, sagte Sheila. Dann schaute sie mich an. »Damit wissen wir noch nicht, wer sie ist. Hast du denn eine Idee, John?«
»Sieht schlecht aus«, gab ich zu. »Ich zermartere mir das Gehirn, aber ich finde keine Erklärung. Man kann in alle möglichen Richtungen denken.«
Sheila ließ nicht locker. »Und in welche besonders?«
»Keine Ahnung.«
»Das ist schwach, John.« Beinahe mokant schaute sie mich an und schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es selbst. Aber diese Person muss etwas Ungeheuerliches sein. Ich konnte sie ja anfassen, doch dann glitt sie mir unter den Fingern weg und ich erlebte diesen Angriff.«
»Hast du dich gefragt, warum sie dich angegriffen hat?«
»Schon ein paar Mal, Bill. Es kann eigentlich nur mit meinem Kreuz zusammenhängen.«
Da ich es noch immer in der Hand hielt, wanderte mein Blick darüber hinweg. Seinen normalen Glanz hatte es noch nicht wieder zurück bekommen. Es gab auch keine Wärme ab. Es verhielt sich so neutral wie immer, und ich hoffte nicht, dass es durch den Angriff einen Teil seiner Kräfte verloren hatte. Das wäre etwas gewesen, was ich auf keinen Fall akzeptieren konnte.
»Könnte es sein, dass diese Vanessa das Kreuz hasst?«, fragte Sheila. »Sie hätte sonst nicht so gehandelt. Vielleicht wollte sie nicht dich, sondern das Kreuz angreifen. Denn du hattest ja nichts mit ihr zu tun. Im Gegensatz zu Bill.«
»Wäre eine Möglichkeit«, gab ich zu.
»Dann muss sie es nicht mögen. Oder sogar hassen!«, sagte Sheila mit leiser Stimme.
»Und wenn das zutrifft, könnte ich mir vorstellen, dass sie einen zweiten Angriff versucht.«
»Klar, ich stimme zu. Aber was habe ich ihr denn getan? Was berechtigt sie dazu, mich anzugreifen? Kannst du mir das sagen? Ich jedenfalls habe keine Ahnung. Allerdings interessiert mich auch etwas anderes. Woher kommt sie? Du hast sie aus der Erde steigen sehen, Bill. Sie hat dich gerettet, das war okay. Aber dabei hat sie es nicht bleiben lassen. Ich kann mir vorstellen, dass sie es auf dich abgesehen hat. Dass sie zu einer Stalkerin wurde.« Ich verengte meine Augen, als ich ihn anschaute.
»Keine gut Zukunftsaussicht für dich, schätze ich.«
Der Reporter presste die Lippen zusammen. Auch seine Frau sagte kein Wort. Aber es war zu sehen, dass es hinter Bills Stirn arbeitete, und besonders glücklich sah er dabei nicht aus.
»Welchen Grund sollte sie gehabt haben, sich um mich zu kümmern? Kannst du mir den nennen?«
»Nein, ich habe auch nur nachgedacht. Und die Gründe der anderen Seite zu erforschen ist verdammt schwer. Wir haben die Fakten, Bill. Sie hat dich gerettet, doch sie hat es nicht dabei bewenden lassen. So sieht es aus. Sie ist hergekommen, hat in mir einen Feind gesehen und ist wieder verschwunden.«
Bill hatte den Kopf gesenkt. Er sprach gegen seine Knie.
»Aber ich kenne sie nicht.« Er wanderte in seinem Arbeitszimmer auf und ab. »Den Namen Vanessa habe ich zum ersten Mal gehört. Und wenn ich mich an ihre Stimme erinnere, so hatte sie nicht unbedingt
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