1654 - Komm in meine Totenwelt
gewusst.«
»Inwiefern?«
»Man hört ja von den Kollegen, was Sie so tun. Und ich weiß, womit Sie sich beschäftigen. Es sind Fälle, die ich wie viele andere nicht nachvollziehen konnte. Zumindest bis vor Kurzem nicht. Da hat sich einiges geändert.«
»Und was?«
Carpenter hob den Kopf, den er bisher gesenkt hatte. Auch der schwache Schweißfilm war jetzt auf seiner Stirn zu sehen. »Ich bin mit Vorgängen konfrontiert worden, die ich einfach nicht begreifen kann, und sie betreffen meinen persönlichen Bereich.« Er atmete hörbar ein. »Genauer gesagt, betrifft es meine Frau.«
»Dann ist es am besten, wenn Sie uns darüber berichten.«
»Es fällt mir schwer, weil es so absurd ist.«
»Sie haben gesagt, dass es um ihre Frau geht - oder?«
»Sicher.«
»Und worum genau geht es?«
»Um ihre Träume.«
Mit der Antwort hatten Suko und ich nicht gerechnet. Wir schauten uns kurz an und waren wohl beide überrascht.
Er hatte unseren Blick bemerkt. »Bitte, ich weiß, dass es sich ungewöhnlich anhört, aber es ist die Ursache, und damit muss ich anfangen.«
»Gut, wir hören zu.«
»Meine Frau Suzie hat etwas Schreckliches in ihren Träumen gesehen. Zwei Todesboten, die sie in ihre Welt locken wollen, und jetzt rechnet sie damit, dass sie bald sterben wird, weil sie Besuch aus dem Jenseits empfangen hat.«
»Das also war ihr Traum.«
»Genau, Mr. Sinclair, und dieser Traum wiederholte sich bei ihr immer wieder.« Er räusperte sich. »Suzie hat von Wahrträumen gesprochen. Sie glaubt fest daran, dass sie in Erfüllung gehen und sie nur noch kurze Zeit zu leben hat.«
»Was haben Sie getan?«
»Ich wollte sie beruhigen, Mr. Sinclair. Aber sie ließ sich nicht beruhigen. Für sie gab es nur noch die Träume. Sie wurde davon geweckt, stand immer in der Nacht auf, und wenn ich sie dann sah, hatte ich das Gefühl, dass sie darauf wartet, dass sich die Träume erfüllen.«
Suko kam mit seiner Frage auf den Punkt. »Wollen Sie uns nicht sagen, was sie geträumt hat?«
»Doch, ja. Aber es fällt mir so verdammt schwer. Ich möchte auch nicht, dass Sie mich für einen Spinner halten. Es hat mich eine große Überwindung gekostet, zu Ihnen zu kommen und…«
»Bitte, reden Sie.«
»Ja, Suko, das werde ich.« Er trank seine Tasse leer, und dann fing er an zu sprechen.
Was er uns sagte, sorgte bei uns für eine Überraschung, mit der wir überhaupt nicht gerechnet hatten. Da stellten sich sogar die Haare in meinem Nacken hoch.
Um es kurz zu machen: Suzie Carpenter hatte genau die beiden Personen gesehen wie auch Roger Peters. Es gab nur einen gravierenden Unterschied. Ihr waren sie im Traum erschienen, Peters aber hatte sie in der Realität erlebt und mit ansehen müssen, wie sie töteten…
***
Es kam nur selten vor, in diesem Fall allerdings traf es mal wieder zu. Suko und mir hatte es die Sprache verschlagen, sodass wir zunächst nichts sagen konnten.
Al Carpenter wunderte sich über unsere Reaktion. Seine Blicke wechselten zwischen Suko und mir hin und her. Er bewegte seihen Mund, aber er wusste nicht, was er sagen sollte, bis er sich doch zu einer Frage entschloss.
»Jetzt halten Sie mich für einen Spinner, wie?«
»Nein«, sagte ich. »Das halten wir nicht. Und ich denke, dass Sie genau das Richtige getan haben, indem Sie zu uns gekommen sind.«
Der Kollege war erleichtert. Zumindest atmete er auf, und dann musste er seine Frage loswerden. »Wie können Sie so sicher sein, dass ich genau das Richtige getan habe?«
Diesmal sprach Suko. »Das ist ganz einfach. Die beiden Gestalten, die Ihre Frau im Traum gesehen hat, die sind uns nicht unbekannt, Mr. Carpenter.«
»Nein.«
»Doch!«
Jetzt zuckte er richtig zusammen und flüsterte: »Kennen Sie die Frau mit dem Stundenglas und das Skelett denn?«
»In der Tat.«
»Haben Sie dieses Paar denn auch gesehen? Das muss ich ja fast annehmen?«
»Nein, gesehen haben wir es nicht. Aber wir, wissen, dass es existiert und bereits einen Mord begangen hat.«
Der Mann schwieg. Auf uns machte er den Eindruck, als würde er innerlich zusammensinken. Sein Gesicht nahm eine fahle Blässe an, er schwieg, und mir schoss plötzlich eine Idee durch den Kopf, die ich noch nicht aussprach.
»Dann ist Suzie in Gefahr - oder?«, flüsterte er.
Wir nickten beide.
»Und was kann man tun?«
»Ganz einfach«, sagte ich. »Wir werden Ihre Frau beschützen müssen.«
Al Carpenter schaute zum Fenster, als gäbe es dort eine Lösung. Die sah er da nicht, nur den
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