1654 - Komm in meine Totenwelt
Glenda«, erwiderte Suko.
Al Carpenter mischte sich ein. Er hatte eine Idee und sagte: »Ich kann meine Frau anrufen und ihr Bescheid geben, dass wir unterwegs zu ihr sind.«
Suko war dafür. Ich ebenfalls. Es war immer besser, wenn sich ein Mensch auf einen Besuch vorbereiten konnte.
Carpenter versuchte es und hatte das Pech, keine Verbindung zu bekommen. Weder auf dem Festnetz noch auf dem Handy.
»Suzie ist nicht zu Hause«, flüsterte er, und man sah ihm an, dass es ihm nicht eben gut ging.
»Wollte sie denn weg?«, fragte ich.
»Nein, ich glaube nicht. Dann hätte sie mir doch etwas gesagt. Sie hat auch unter den Nachwirkungen des Albtraums gelitten. Sie wollte auf mich warten, denn ich habe ihr gesagt, dass ich etwas unternehmen werde.«
»Wir fahren trotzdem!«, entschied ich.
Dafür war auch Al Carpenter. Es war ihm anzusehen, wie erleichtert er war. Zugleich aber auch kroch ein Unbehagen in ihm hoch, und das war nicht nur bei ihm der Fall…
***
Suzie Carpenter stand am Fenster und schaute nach draußen. Sie sah ein Bild, über das Kinder sich bestimmt freuten, Erwachsene weniger, vor allen Dingen nicht in den Städten, denn da konnte man die dicken, weißen Flocken nur hassen.
Sie war froh, eine Tante gehabt zu haben, in deren Haus sie und ihr Mann jetzt lebten.
Sie hatten es nach dem Tod der Tante geerbt. Es war zwar nur eine Haushälfte mit einem schmalen Garten, der mehr den Namen Grünstreifen verdiente, aber besser als jede Mietwohnung, denn so waren sie ihre eigenen Herren.
Sie blickte in den Garten. Dahinter lag die Straße, die nicht besonders stark befahren war, durch die sich ab und zu die Autos schoben. Für Suzie nur als Schemen zu erkennen, weil ihr der fallende Schnee die Sicht nahm.
Sie wusste auch nicht, warum sie hier stand und nach draußen schaute. Aber es war immer noch besser, als gegen irgendwelche Wände zu starren, auch wenn sie mit Bildern behangen waren.
Obwohl sich Suzie Carpenter alles andere als gut fühlte, hatte sie sich nicht gehen lassen wollen. Sie trug den weichen roten Pullover mit dem aufgestickten Perlenherz an der Vorderseite und hatte die Samthose angezogen, die schwarz glänzte. Das blonde Haar hatte sie nach hinten gekämmt, wo es im Nacken durch ein Gummiband gehalten wurde. Ein wenig Rouge hatte sie ebenfalls aufgelegt, so hatte ihre blasse Haut etwas Farbe bekommen. Auch die Brauen hatte sie leicht nachgezogen.
Zweimal hatte sie das Fenster geöffnet und war erstaunt über die Stille gewesen. Der Schnee schluckte alle Geräusche, nicht mal das Auftupfen der Flocken war zu hören.
Sie seufzte und drehte sich vom Fenster weg. Sie musste immer wieder daran denken, was sie in der Nacht erlebt hatte. Nie war der Traum so stark gewesen. Sie hatte das Gefühl gehabt, die Figuren sogar greifen zu können, so nahe hatten sie an ihrem Bett gestanden.
Al war unterwegs, um etwas in die Wege zu leiten. Leider hatte er ihr nicht gesagt, was es war, aber sie wusste, dass Al sie nicht im Stich lassen würde. Beide führten eine gute Ehe. Da war einer für den anderen da.
Suzie ging in das kleine Wohnzimmer, das sie nach ihrem Geschmack eingerichtet hatte.
An das große Fenster hatte sie Sterne geklebt, denn in einigen Tagen war Weihnachten. Da hatten ihr Mann und sie es sich gemütlich machen wollen, denn diesmal hatte er keinen Dienst.
Nur hatte keiner von ihnen mit diesen furchtbaren Träumen gerechnet, die für Suzie so etwas wie der Vorbote eines noch größeren Schreckens waren.
Bisher waren das Skelett mit der Sense und die Frau nur Traumfiguren gewesen, doch immer mehr steigerte sie sich in das Gefühl hinein, dass dies nicht so bleiben würde.
Dass die Figuren aus dem Traum plötzlich Gestalt annahmen, und daran zu denken, war einfach grauenvoll.
Suzie Carpenter wusste selbst nicht, wie sie darauf kam, doch der Gedanke steckte nun mal in ihrem Kopf und wollte sie nicht loslassen.
Sie vertraute Al. Al verlor nie die Nerven, er war stets ruhig und behielt den Überblick. Das liebte sie so an ihm.
Bedächtig führte sie die Teetasse zum Mund und trank sie in kleinen Schlucken leer.
Plötzlich überkam sie ein seltsames Gefühl. Zuerst dachte sich Suzie nichts dabei, dann aber merkte sie, dass über ihre Haut ein Kribbeln lief, obwohl es keinen Grund dafür gab.
Auf dem Rücken, dem Gesicht, an den Beinen und auf den Armen war dieses Gefühl entstanden.
Suzie zog die Ärmel ihres Pullovers hoch und betrachtete die Haut, wobei sie zusammenzuckte,
Weitere Kostenlose Bücher