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1655 - Die »Heiligen« von London

1655 - Die »Heiligen« von London

Titel: 1655 - Die »Heiligen« von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Ansicht nach gab es hier keinen Wohlfühlfaktor. Nackte Wände, an die man sich Bilder wünschte, ein Steinfußboden, eine breite Treppe, die in die Höhe führte, und graue Decken.
    Auch hier war es still. Zumindest hier im unteren Bereich, aber die Stille wurde durch ein Klacken von Absätzen unterbrochen.
    Jemand kam auf uns zu. Wir mussten uns nach rechts drehen. Zuerst dachten wir an einen Mann, bis wir erkannten, dass es eine Frau war, die einen braunen Hosenanzug trug und das schwarze kurze Haar nach vorn in die Stirn gekämmt hatte. Vor uns blieb sie stehen und nickte zur Begrüßung. Ihr Gesicht zeigte einen strengen Ausdruck.
    »Was treibt Scotland zu uns?«
    »Das ist ganz einfach«, sagte ich. »Wir würden gern mit dem Leiter der Institution sprechen.«
    Die Frau, die sich namentlich nicht vorgestellt hatte, schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber da kann ich Ihnen nicht helfen.«
    »Warum nicht?«
    Scharf sah sie mich an. »Weil Mr. Haie nicht zu sprechen ist.«
    »Ist er nicht da?«
    »Er ist nicht zu sprechen.« Die Antwort hatte so hart geklungen, als wäre sie ein indirekter Rauswurf, auf den wir allerdings nicht reagierten. Ich lächelte, obwohl mir danach nicht zumute war. »Hören Sie, Madam…«
    »Ich heiße Dawson. Gayle Dawson.«
    »Gut, Mrs. Dawson. Wir sind nicht zum Spaß hergekommen. Wir müssen mit dem Chef reden, weil wir einige Fragen haben, auf die wir eine Antwort brauchen.«
    »Er möchte nicht gestört werden.«
    »Und wir fahren nicht zurück.« Allmählich fing ich an, mich zu ärgern. »Noch fällt es keinem auf, dass Sie Besuch von der Polizei haben. Aber ich kann auch anders und…«
    »Ich habe Order, ihn nicht zu stören.«
    »Warum nicht?«
    »Das weiß ich nicht. Ich bin hier nur die Sekretärin. Über die Gründe müssen Sie schon selbst mit Mr. Haie sprechen.«
    »Das werden wir auch«, erklärte ich.
    Suko, der zur Seite getreten war und sich umgeschaut hatte, schnitt ein anderes Thema an. »Es ist hier sehr ruhig. Ich habe angenommen, dass hier…«
    »Ja, ja, verstehe schon. Aber die meisten unserer jungen Gäste haben heute Freigang. Sie werden bei Einbruch der Dunkelheit zurück sein. Die Lehrkräfte sind ebenfalls nicht im Haus. Sie begleiten die Jungen, die sich unter anderem in verschiedenen Firmen umschauen, um einen Einblick in die Arbeitswelt zu bekommen. Ansonsten ist es hier nicht so ruhig wie heute.«
    »Gut.« Ich sprach wieder. »Wenn das so ist, können wir ja in Ruhe mit Mr. Haie reden.«
    Gayle Dawson quälte sich. Es war zu sehen, dass sie einen inneren Kampf ausfocht. Sie kaute an ihrer Unterlippe, runzelte die Stirn und überlegte. Ich wollte schon Druck machen, als wir eine Antwort erhielten. »Mr. Haie hat sich in seine Wohnung zurückgezogen. Sie befindet sich hier im Haus.«
    »Gut. Und wo?«
    »In der obersten Etage.«
    Ich nickte. »Na, das ist doch was. Dann wollen wir uns mal auf den Weg machen.«
    »Es gibt aber keinen Lift.«
    »Ach, das schaffen wir auch ohne.« Ich lächelte wieder. »Und noch etwas, Mrs. Dawson. Es ist nicht nötig, dass Sie Ihren Chef zuvor anrufen. Wir wollen ihn überraschen.«
    »Aber warum…«
    »Tun Sie uns den Gefallen.«
    Sie atmete scharf ein, und wir rechneten schon mit einem Protest, als sie schließlich nickte und davon sprach, dass sie sich dem polizeilichen Druck beugen würde. Danach drehte sie sich um und ging zurück zu ihrem Büro, begleitet vom Klappern der Absätze.
    Suko schaute zur Decke und murmelte: »Im vierten Stock.«
    »Genau. Das ist doch eine unserer leichtesten Übungen.«
    »Dann geh du mal vor…«
    ***
    Terence Haie wusste selbst nicht, warum er stehen blieb. Er tat es einfach. Es konnte auch an dem Bild liegen, das er vor sich sah, und den letzten Satz hatte er nicht vergessen.
    Es stimmte. Sie hatten ihn. Zwar nicht in ihrer Gewalt, aber sie waren ihm recht nahe gekommen, wobei sie die Wohnung noch nicht betreten hatten. Kleine Menschen, beinahe schon Zwerge, die locker durch ein Fenster klettern konnten. Noch hockten sie auf der äußeren Fensterbank und starrten in die Wohnung. Der Blonde mit dem langen Messer sah aus, als würde er in der nächsten Sekunde springen. Dahinter lauerte sein Kumpan, der ihm etwas ins Ohr flüsterte. Was er sagte, war nicht zu verstehen. Haie, der sich nicht traute, auch nur einen Schritt zur Seite zu gehen, hörte nur ein scharfes Flüstern.
    Er hätte längst den Versuch machen müssen, zu verschwinden, aber das brachte er nicht fertig. Er stand

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