1658 - Goldzombie
Schachfiguren, die er für seine Zwecke grausam ausnutzen kann. Das weiß ich.«
»Ach ja - wirklich?«
Nicht nur Lisa erschrak, auch die Hebamme zuckte zusammen und holte scharf Luft. Sie drehte sich langsam zur Seite, aber die Schwangere bewegte nur den Kopf. Lisa wollte ihn diesmal sehen. Das hatte sie sich vorgenommen. Sie wollte ihm in die Augen schauen, auch wenn sie Angst vor seinem kalten unmenschlichen Blick hatte. Er kam aus dem Hintergrund und war bereits ins Licht getreten, sodass er gut zu sehen war, was Lisa schon irritierte, denn in Kopfhöhe sah sie ein Schimmern. Hatte er die Goldmaske wieder aufgesetzt?
Er kam näher. Lisa fühlte sich wie unter einem Zwang, sie konnte den Blick einfach nicht von Didier abwenden, als er immer mehr auf sie zukam. Und dann sah sie es!
Dir Atem stockte. Sie riss die Augen weit auf, denn sie erkannte, dass Didier kein normales Gesicht mehr hatte. Die Goldmaske schien mit seiner Haut verschmolzen zu sein. Das kalte Licht der Leuchten ließ ein goldenes Gesicht erstrahlen, als wäre dort eine kalte Sonne aufgegangen…
***
Jetzt war er da! Jetzt gab es kein Zurück mehr. Dieser Didier beschäftigte Lisa so stark, dass sie die Wehen vergaß. Sie sah nur das Gesicht und stöhnte. Er war ein Mensch, er bewegte sich wie ein Mensch. Aber wenn sie ihn hätte beschreiben sollen, dann erinnerte er sie an einen der grausamen Priester aus einer uralten Zeit. An ein Ritual, wie es im alten Ägypten durchgeführt wurde.
Ihr Herz klopfte schneller mit jedem Schritt, dem sich dieser Mann ihr näherte. Noch immer wusste sie nicht, ob vor seinem Gesicht eine Maske saß oder es tatsächlich eine goldene Haut bekommen hatte. Das war im Moment auch egal, denn sie versuchte, nach seinen Händen zu schauen, weil sie damit rechnete, dass er sich mit einer Stichwaffe ausgerüstet hatte, um ihr den Tod zu geben.
Das war glücklicherweise nicht der Fall. Beide Hände waren leer und ausgestreckt. Diese Tatsache beruhigte sie ein wenig.
Er hielt an, senkte den Kopf. Sein Gesicht war jetzt besonders gut zu sehen. Es sah hässlich aus. Glatt und trotzdem widerlich. Eine Nase, die eine starke Krümmung aufwies, ein Kinn, das vorstand, und zu den oberen Seiten hin lief sie aus in zwei Buckeln, die für Lisa nichts anderes als Teufelshörner waren. Armand Didier schaute sie an und lachte. Allein wegen dieses widerlichen Geräuschs hätte sie ihm gern ein Messer in den Bauch gestoßen. Es klang für ihn triumphierend, für sie aber war es so etwas wie ein Abgesang auf ihr Leben. Dann tat er etwas Schlimmes. Er streckte die Hand aus und strich über ihren Bauch. Es war eine Berührung, die Ekel in ihr aufsteigen ließ. Lisa hätte am liebsten geschrien. Doch nicht ein Laut drang aus ihrer Kehle. Sie hielt den Atem an, und die Hand bewegte sich weiterhin kreisförmig über ihren Bauch hinweg. Dann sprach er. Seine Stimme klang leise, und trotzdem fürchtete sich Lisa davor.
»Mein Sohn«, flüsterte der Mann, »ich spüre meinen Sohn in deinem Leib. Ich spüre, dass er seine Höhle verlassen will, um mich zu sehen. Und ich werde ihn begrüßen. Ich werde ihn willkommen heißen in seinem neuen Leben. Ich freue mich auf ihn und er freut sich auf mich. Es wird eine wunderbare Zeit werden, und ich weiß, dass die Hölle Wort gehalten hat.«
Lisa hatte begriffen. Und sie wehrte sich. »Ich - ich - will kein Kind vom Teufel haben. Es soll sterben, es soll…«
»Es ist nicht vom Teufel. Es ist von mir!«
»Ach? Gibt es da einen Unterschied?«
»Das denke ich schon. Aber es macht mich trotzdem stolz, dass du mich mit dem Teufel vergleichst. Er hat mich unterstützt. Er hat mir den Weg zu seinem Gold gezeigt. Altes Gold, besonderes Gold, das ich eingeschmolzen habe. Er hat es geweiht und in ihm stecken seine mächtigen Kräfte!« Didier nickte. »Du wirst es bald erleben, wenn unser Sohn zur Welt kommt. Ich habe alle Widerstände aus dem Weg geräumt. Auch diesen Mönch, diesen neugierigen Pfaffen. Er hat die Macht des Teufelsgolds ebenfalls zu spüren bekommen. Jetzt ist er tot. Er wird nichts mehr verraten können. Und meine anderen Gegner Werden es nicht schaffen, hierher zu gelangen. Die Falle ist längst gestellt.«
»Und mein Kind? Was hast du mit ihm vor?«
»Ohhh…«, dehnte Didier die Antwort. »Ich werde es wie ein rohes Ei behandeln, denn für mich ist es das wertvollste Kind auf der ganzen Welt. Du kannst stolz darauf sein, der Hölle einen Gefallen getan zu haben, und wenn du den
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