1658 - Goldzombie
ging er langsamer. Ich sah, dass er am gesamten Körper zitterte. Er wusste, dass er etwas tat, das ihn den Kopf kosten konnte, aber er hatte keine andere Wahl.
Ich warf einen Blick über seine rechte Schulter und war jetzt in der Lage, die Tür im Auge zu behalten. Hier fehlte der elektrische Öffnungsmechanismus. Deshalb ging ich davon aus, dass sie normal aufgezogen werden konnte.
»Ist sie verschlossen?«, wollte ich wissen.
»Keine Ahnung.«
Das nahm ich ihm sogar ab.
»Und dahinter finde ich Lisa Cordial?«
»Ich denke schon.«
»Wer ist bei ihr?«
»Ich weiß es nicht. Aber Erika muss es sein. Sie ist eine ausgebildete Hebamme.«
»Und Didier?«
»Auch, glaube ich…«
Im Moment hatte ich genug gehört. Die Theorie war vorbei. Ich stand vor dem Sprung in die Praxis, und ich schloss sekundenlang die Augen, um mich zu konzentrieren. Den Mann brauchte ich nicht mehr.
Leider war aus dem Raum hinter der Tür nichts zu hören, und das machte mich schon kribbelig. Hatte der Wächter die Wahrheit gesagt, oder hatte er mich linken wollen? Ich musste es darauf ankommen lassen. Zudem hatte ich erkannt, dass die Tür recht dick war. Geräusche von normaler Lautstärke, die dahinter aufklangen, wurden verschluckt.
»Also gut«, sagte ich und schlug zu.
Der Mann mit dem goldenen Gesicht stieß keinen Laut aus, als ihn der Schlag mit der Beretta traf. Er schwankte plötzlich und schien zu kippen, dann sank er in die Knie und wurde von mir abgestützt. Ich wollte nicht, dass er sich noch zusätzlich verletzte. Ich schaffte ihn zur Seite, damit ich freie Bahn hatte. Mein Gefühl sagte mir, dass ich dicht vor dem Ziel stand. Die Geburt würde in dieser Nacht über die Bühne laufen, und vielleicht war sie schon passiert. Das wäre für mich am besten gewesen, denn ich wollte nicht den Geburtshelfer spielen.
Bevor ich die Tür öffnete, legte ich noch ein Ohr gegen sie, um zu lauschen. Nein, es war nichts zu hören. Kein Schrei, kein Jammern, kein triumphierendes Lachen.
Es war also alles normal. Das würde sich ändern, davon war ich überzeugt. Ich spürte das kalte Metall der Klinke in meiner Hand.
Die MPi ließ ich über meiner Schulter hängen. Wichtiger war das Kreuz, das ich noch in der Tasche ließ. Ich würde es als Überraschung präsentieren, und dann war ich gespannt, wie dieser mir noch unbekannte Armand Didier reagierte. Ich drückte die Klinke langsam nach unten und bereitete mich auf einiges vor. Ich hatte die Tür erst einen Spalt breit geöffnet, da hörte ich das harte Lachen, in dem Triumph mitklang.
Und da war mir klar, dass ich möglicherweise zu spät gekommen war…
***
Geschafft!
Lisa Cordial hatte es tatsächlich geschafft und die Geburt hinter sich gebracht. Armand Didier hatte sogar die Nabelschnur des Jungen durchgeschnitten, und das war für ihn eine Großtat gewesen, und er hatte endlich seinen Triumph. Erika kümmerte sich um Lisa. Sie sprach mit ruhiger Stimme auf sie ein. Der noch immer goldene Körper war trotzdem mit einem dünnen Schweißfilm bedeckt, also hatten sich die Poren noch nicht völlig geschlossen.
Sie atmete heftig. Sie schaute gegen die Decke und hatte dabei das Gefühl, dass sie stets ein anderes Aussehen bekam. Sie schwankte, und Lisa spürte die Erschöpfung, die sie erfasst hatte. Es wäre jetzt an der Zeit gewesen, die Augen zu schließen und zu schlafen, doch sie wusste genau, dass Armand Didier sie nicht dazu kommen lassen würde. Er musste seinen Triumph der Nachwelt zeigen, und diesen Triumph hielt er auch auf den Händen.
Es war das Kind!
Lisa hatte es noch nicht gesehen. Es war ihr auch nicht in die Arme gelegt worden, aber sie wollte es sehen, auch wenn es sie nicht erfreuen würde. Erika war mit ihrer Reinigung fertig. Sie zog das Kleid wieder bis zu den Füßen hinab und lächelte Lisa zu. Das sah die junge Mutter nicht, denn sie hatte den Kopf nach rechts gedreht, um endlich ihr Kind genauer sehen zu können. Der Vater hielt es fest. Und wie er es festhielt, ließ Hassgefühle in ihr hochsteigen. Seine Bewegungen zeigten Triumph, nicht die beschützenden Gesten einer Mutter, wenn sie das Baby in die Arme nahm. Er hatte es in beide Hände genommen und die Arme hochgestemmt.
Dabei sprach er es an. Allerdings mit einer Stimme, die mehr ein Flüstern war.
»Ich habe noch keinen Namen für dich. Aber ich werde einen guten finden. Du bist etwas Besonderes. Da muss ich nur auf deine Haut schauen, die leicht golden schimmert. Du hast die
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