1658 - Goldzombie
mit dem Kopf an der Wand lehnte.
»Umdrehen!«
»Und dann?«
»Dreh dich um!«
Er musste seine Hände zu Hilfe nehmen, um sich aufzurichten. Er wandte mir nach wie vor den Rücken zu und hörte meine weiteren Worte.
»Und jetzt will ich, dass du mich zu Lisa Cordial bringst…«
***
Eine Mischung aus grünem und blauem Licht erfüllte den Raum mit den hohen, gefliesten Wänden. Das Licht stammte von Lampen, die an den Wänden hingen. Sie sahen aus wie lange gefärbte, Finger.
Unter der Decke hing eine OP-Leuchte. Ihr kalter Schein floss über den Körper der Frau, die rücklings auf dem flachen Tisch lag und deren Nachtgewand in die Höhe geschoben war, damit der Unterleib freilag.
Lisa Cordial wurde von der Hebamme Erika beobachtet. Sie stand neben einem kleinen Tisch, auf dem einige Geräte lagen, die vielleicht nötig waren, wenn eine Frau ihr Kind zur Welt brachte.
Mochte der übrige Teil der Klinik auch modern ausgerüstet sein, dieser Anbau war es hier drinnen nicht.
Die junge Frau wusste, dass ihr eine schwere Geburt bevorstand. Sie dachte nicht mehr an die Zeit, als sie noch ein Soap-Star gewesen war, jetzt ging es nur noch darum, dass sie überlebte. Längst war ihr klar geworden, dass die andere Seite ihr Kind wollte. Es würde nicht normal sein.
Lisa hatte nicht mal mehr die Kraft, ihr Schicksal zu verfluchen, so gern sie sieh auch Luft gemacht hätte. Sie war einfach nur matt. Sie atmete auch nicht normal. Aus ihrem offen stehenden Mund drang ein leises Keuchen. Ihre Haut glänzte nass. Da hatte sich der Schweiß ausgebreitet.
Hinzu kam der Druck im Unterleib. Die Wehen traten in immer kürzeren Abständen auf, was auch die Helferin merkte. Ihr tat die Patientin leid, sie redete ihr manchmal gut zu oder reinigte ihr Gesicht vom Schweiß.
Es gab auch Phasen, in denen es Lisa besser ging. Dann war sie in der Lage, Fragen zu stellen, und das tat sie. »Warum ich, Erika? Warum ich?«
»Das weiß ich nicht. Da musst du ihn fragen.«
»Das habe ich. Er hat nur gelacht und davon gesprochen, dass ich eine besondere Aufgabe vor mir habe. Das Gold ist wichtig. Mein gesamter Körper ist fast golden. Ich habe Mühe, Luft zu holen. Das Gold verschließt die Poren, ich lebe trotzdem, nur weiß ich nicht, wie lange noch.«
»Keine Sorge, du wirst dein Kind schon zur Welt bringen, davon bin ich überzeugt. Etwas anderes wird man nicht zulassen. Ich weiß das, und ich kann es dir versprechen.«
»Ja, kann sein. Aber dann bin ich noch da, verstehst du? Was passiert mit mir? Ich habe meine Pflicht und Schuldigkeit getan. Man braucht mich nicht mehr und…«
Erika unterbrach sie. »Lass den Kopf nicht hängen. Ich denke nicht, dass man dich…«, sie wollte ein bestimmtes Wort nicht aussprechen. »Nun, ja, man braucht dich noch.«
Als Antwort lachte und hustete Lisa zugleich. Dann zuckte sie wieder zusammen. Ihr Unterleib verkrampfte sich. Sie holte scharf Luft und ballte die Hände zu Fäusten. Es wurde immer schlimmer. Das Kind wollte raus, und es hätte kommen sollen. Lisa wünschte es sich, aber sie hatte keinen Einfluss darauf, und Erika ließ sie auch in Ruhe. Sie faltete die sauberen Handtücher noch mal zusammen. Sie schien sich ablenken zu wollen, um irgendwelchen Fragen zu entgehen.
Die Angst war da. Die Angst verstärkte sich. Ebenso der Druck in ihrem Leib. Trotz dieser Probleme war sie doch gespannt darauf, welches Kind sie zur Welt bringen würde. Die mütterlichen Instinkte ließen sich nicht unterdrücken. Es konnte sein, dass es ein Baby war, das wie ein normaler Mensch aussah, aber es war auch möglich, dass hier ein Kind das Licht der Welt erblickte, für das man sich schämen musste.
»Ich hasse mich!«, flüsterte sie.
Erika schaute auf. »Und warum hasst du dich?«
»Das will ich dir sagen. Ich hasse mich, weil ich mich mit diesem Hundesohn Didier eingelassen habe. Ich ließ mich von ihm blenden, und das werde ich mir nie verzeihen.«
Erika legte das letzte Handtuch auf den Stapel und hob die Schultern. »Da stehst du nicht allein. Es gibt nicht wenige Menschen, die große Zeitspannen ihres Lebens bereuen. Damit müssen sie fertig werden, und das wirst auch du schaffen.«
»Ja, wenn ich am Leben bleibe.«
»Keine Sorge, das wirst du schon.«
Der Meinung war Lisa nicht. Sie wollte auch reden und sich von ihrem Zustand ablenken. »Nicht bei diesem Teufel, der einen menschlichen Namen trägt. Nicht bei ihm. Er benutzt die Menschen. Er spielt mit ihnen. Für ihn sind es nur
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