1659 - Die Totengöttin
Totengöttin hatte ausgereicht.
Jetzt war sie wieder wach, was ihr nicht viel brachte, denn sie wusste nicht, wo sie sich befand. Die Dunkelheit um sie herum war vollkommen.
Aber sie bekam Luft. Sie konnte atmen, und darauf konzentrierte sie sich zunächst. Tief saugte sie die Luft ein, während sie auf dem Rücken lag und gegen eine Decke starrte, die sie nicht sah und nicht mal ahnte.
Die Luft war zwar kalt, aber sie schmeckte anders. Nicht so wie in einem normalen Raum. Sie war mit einer gewissen Feuchtigkeit getränkt, sodass Jane Collins augenblicklich an eine Luft dachte, wie man sie in alten Kellern oder Verliesen fand. An dem Gedanken hakte sie sich fest. Diese Totengöttin hatte sie in einen fensterlosen Keller oder in ein entsprechendes Verlies geschafft, aus dem sie mit eigener Kraft sicherlich nicht hinauskommen würde.
Manchmal muss der Mensch Fatalist sein. In diesen Zustand geriet Jane Collins. Es würde ihr nichts einbringen, wenn sie durchdrehte. Sie fand sich zunächst mit den Umständen ab und wollte herausfinden, wie weit sie noch fit war. Die Enttäuschung erwischte sie bereits nach dem ersten Versuch. Sie konnte sich nicht bewegen. Sie musste mit Schrecken feststellen, dass ihr die Glieder nicht so gehorchten, wie es hätte sein müssen. Sie war noch immer paralysiert. So sehr sich Jane auch ärgerte, sie würde auf keinen Fall aufgeben. Auch wenn die Lage noch so aussichtslos erschien, Jane suchte immer nach einer Möglichkeit, sich daraus zu befreien.
Da war auch jetzt der Fall. Sie glaubte nicht daran, dass ihr Zustand lange anhalten würde, weil sie davon ausging, dass man mit ihr noch etwas vorhatte. In diesem Zustand konnte man nichts mit ihr anfangen, da hätte sie auch tot sein können. Und sie versuchte es wieder.
Es war nicht eben bequem für sie, auf dem Rücken zu liegen. Genau das wollte sie ändern und nahm ihren gesamten Willen zusammen, um sich auf die Seite zu drehen. Das wäre zumindest ein kleiner Erfolg gewesen.
Es war möglich. Sie spürte, dass sie einen Teil ihrer Starre verlor. So sollte es ihrer Meinung nach weitergehen, und nun versuchte sie, die Beine anzuziehen. Schwer wie aus Blei kamen sie ihr vor, aber sie bewegten sich auch, was ihr weitere Hoffnung vermittelte, sodass sie sich jetzt die Arme vornahm. Diesmal reagierten die Muskeln nicht, und so kamen ihr die Arme vor wie zwei Fremdkörper. Sie stieß einen Fluch aus und versuchte es erneut. Nein, selbst vom Boden ließen sich die Arme nicht anheben. Nur ein Zittern war zu spüren gewesen. Ob ihr das Hoffnung geben sollte, wusste sie selbst nicht. Jane Collins kämpfte weiter. Auch wenn sie keine Chance sah, diesem Gefängnis zu entkommen, so wollte sie doch nicht untätig sein.
Kriechen konnte sie. Und jetzt auch die Arme vorstrecken, aber leider nicht anheben. Trotzdem machte sie weiter, denn dieser kleine Erfolg hatte sie beflügelt. Es war ein regelrechter Kampf, der sie über alle Maßen anstrengte. Schon bald spürte sie von der Kälte nichts mehr. Dafür lag Schweiß auf ihrem Gesicht und ihr Atmen verwandelte sich in ein heftiges Keuchen.
Aber es klappte. Die ausgestreckten Arme verschafften ihr die nötige Unterstützung, und so bewegte sie sich immer weiter von ihrer eigentlichen Position weg. Noch war sie nirgendwo gegen gestoßen. Der Raum, in dem sie gefangen gehalten wurde, war doch nicht so klein. Es gab genügend Bewegungsfreiheit. Allerdings konnte sie in ihrem Zustand damit nicht viel anfangen.
Stück für Stück kam sie voran. Es gelang ihr sogar, die Finger zu krümmen. Also ließ die Paralyse allmählich nach.
Plötzlich war das Hindernis da. Es war keine Wand, sondern etwas, das auf dem Boden lag und das sich bewegen ließ.
Jane schob es nicht weiter von sich weg, weil sie herausfinden wollte, was dort lag. Noch ein wenig kroch sie näher. Dabei kam ihr der Gedanke, es mal mit Aufstehen zu versuchen. Wenn genügend Kraft in ihre Arme zurückgekehrt war, würde sie das schon schaffen.
Es klappte. Zwar musste sie beide Arme aufstützen, doch sie brachte ihren Körper hoch.
Ein erster guter Erfolg. Ihr wurde auch nicht schwindlig. Jane stierte nur in die Dunkelheit hinein und gönnte sich noch eine kleine Pause, bevor sie weitermachte. Der Gegenstand, gegen den sie gestoßen war, lag nah vor ihr. Wieder berührte sie das Fundstück, das sie nicht sah. Sie griff zu, bekam es zwischen ihre Finger und stellte fest, dass es sich gut halten ließ. Es war länglich und auch recht leicht.
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