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1660 - Die Todesengel von Hangay

Titel: 1660 - Die Todesengel von Hangay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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und unwirklich vor sich, daß es Julian Tifflor wie ein böser Traum vorkam.
    Er wurde durch eine leichte Berührung an seiner linken Schulter geweckt - dort, wo sein Unsterblichkeitschip implantiert war. Für einen Moment sah er einige schemenhafte humanoide Gestalten um sich. Eine davon beugte sich über Nia, die auf unnatürliche Weise reglos neben ihm lag. In aufkommender Panik wollte er aufspringen, aber kräftige Arme drückten ihn zurück. Etwas Weiches - wie eine Qualle - verschloß ihm den Mund und hinderte ihn am Schreien. Im nächsten Moment wurde ihm ein Helm über den Kopf gestülpt.
    Für eine Weile war er in Finsternis gehüllt. Wie sehr er seine Sinne auch anstrengte, er konnte nichts wahrnehmen. Kein Geräusch drang zu ihm. Nichts war zu sehen.
    Plötzlich stürzten von überall infernalische Klänge auf seinen Geist ein und benebelten ihn. Und die Schwärze wich einem geradezu psychedelischem Feuerwerk. Vor seinen Augen -in seinem Geist - begann eine Farborgie sondergleichen abzulaufen.
    Tifflon war klar, daß seine Sinne auf diese Weise verwirrt und er der Orientierung beraubt werden sollte. Die Illusionssendungen beeinflußten nicht nur seinen Geist, sondern beeinträchtigten auch seine Sinne. Er fühlte und spürte nichts mehr, egal, was man mit ihm auch anstellte. Sie hätten ihn foltern können, ohne daß er Schmerzen verspürt hätte. Und er verlor auch seinen Zeitsinn.
    Sein Unsterblichkeitschip konnte die Wirkung der auf ihn einströmenden Sendungen nicht kompensieren. Das Teuflische dieser Tortur steckte in einem winzigen Detail, denn er behielt einen winzigen Rest Eigenständigkeit, die ihn erkennen ließ, was da mit ihm geschah. Dies war wohl auf seine Mentalstabilisierung zurückzuführen, die ihn davor bewahrte, den Illusionen völlig zu erliegen.
    Die Farbkaskaden erstarben allmählich, ruhigere Farbkompositionen traten an ihre Stelle, die Begleitmusik wurde schwerfälliger. Der nächste Akt der Multimediashow sollte ihn offenbar beruhigen und in den Schlaf lullen. Aber er reagierte nicht darauf, sein Geist blieb hellwach. Er bekam aber weiterhin keine Eindrücke von der Außenwelt. Er hatte kein Gefühl dafür, was mit ihm geschah. Er war sich nur in dem Punkt sicher, daß man ihn aus dem Bunker verschleppte und in irgendein geheimes Versteck brachte.
    Wer war „man"? Er hatte nicht die geringste Ahnung. Ihm fiel wieder Teks Warnung vor den Ertrusern ein. Aber er hatte immerhin erkannt, daß die Entführer in ihrer Statur nicht im entferntesten an Ertruser erinnerten. Es konnte sich eigentlich nur um Hauri handeln.
    Es schien eine Ewigkeit zu währen, daß sein Geist mit dieser einschläfernden Bild- und Tonserie berieselt wurde. Erst danach wurden die Bilder lebendiger, die Musik dynamischer. Offenbar fanden seine Entführer, daß es für ihn Zeit zum Aufwachen sei.
    Eine allmählich lauter werdende Stimme begann zu ihm zu sprechen, und in einer Aufblende tauchte aus der Ferne eine vermummte Gestalt auf und wurde größer. „Ich begrüße dich als Gast der Entschlossenen Haurischen Bürgerrechtsfront", sprach eine durch einen Synthesizer verzerrte Stimme in akzentfreiem Interkosmo zu ihm. „Du hast keinen Grund, um dein Leben oder deine Unsterblichkeit zu fürchten. Unsere Aktion hat nur den einen Sinn, alle Welt auf uns und unsere Probleme aufmerksam zu machen. Da unsere anderen Versuche gescheitert sind, bleibt uns nur noch das Mittel der Gewalt. Damit du unsere Empörung über die Zentralregierung verstehen lernst, werden wir dir eine Reihe von Dokumentationen vorspielen, aus denen die Lügen und leeren Versprechungen deutlich werden."
    Das war der Auftakt zu einer endlosen Serie von Berichterstattungen über haurische Politikerreden. Neben den Originaltexten wurde Tifflor auch die Simultanübersetzung der Inhalte geliefert. Diese Prozedur empfand der Terraner als wesentlich schlimmer als die Berieselungseffekte oder die Multimedia-Orgie. „Ich habe den Kontakt zu euch gesucht!" rief Julian Tifflor verzweifelt, ohne seine eigene Stimme hören zu können. „Ich will den Dialog mit euch. Redet mit mir. Ich möchte eure Probleme und Nöte kennenlernen."
    Aber entweder konnte er nicht gehört werden, oder man ignorierte ihn einfach.
    Jedenfalls wurde er weiterhin mit Sendungen über endlose und nervtötende politische Monologe traktiert. Er hörte nicht hin, schaltete seinen Geist ab, um nicht zu verblöden. „Ich habe mir vorgenommen, euch nach bestem Willen zu helfen!" rief er

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