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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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werden sehen, was daraus wird. Es hängt natürlich auch vom Charakter der jungen Dame ab. Ist sie denn hübsch?«, fragte er in kühlem Ton, der erkennen ließ, wie wenig ihn das Ganze wirklich interessierte.
    Scheinbar gleichmütig antwortete Olympia Mancini, dass Mademoiselle de La Vallière ein sehr natürliches, charmantes Wesen habe.
    »Sie ist also eine appetitliche junge Dame?«, hakte der Bruder des Königs nach, nun doch neugierig geworden.
    »Das könnte man so sagen.«
    »Das muss man beobachten. Der bevorstehende Tod Eures Onkels wird nicht nur Euren und meinen Besitz vermehren, Madame. Die Karten werden gerade neu gemischt, denn Mazarins Nachfolge ist noch nicht geklärt. In diesem Spiel um die Macht zählt jede Schachfigur im Umkreis des Königs, die unsere Sache voranbringen kann. Wir müssen uns bemühen, alle, wirklich alle Ambitionen herauszufinden. Wir sollten die junge Dame also vorsichtshalber im Auge behalten.«
    »Ich werde persönlich dafür Sorge tragen, Hoheit«, erwiderte Olympia Mancini.
    Gabriel schauderte es. Ihre Stimme hatte eine metallische Kälte angenommen.
    »Ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr außerdem meine künftige Gattin besänftigen könntet«, erklärte der Herzog daraufhin in leicht gereiztem Ton. »Ihre Anwandlungen von Jähzorn und ihr wirres Gerede verderben mir die Laune   …«
    Die Stimmen entfernten sich, so dass Gabriel nichts mehr verstehen konnte. Einen Augenblick später schlug eine Tür zu, und es herrschte wieder Stille. Dem jungen Adligen dröhnte der Kopf. Louise hatte ein Rendezvous mit dem König? Und die versteckten Drohungen? Wie konnte er sie beschützen,ohne zu erkennen zu geben, dass er darüber Bescheid wusste? Gabriel fühlte, wie Schweiß auf seine Stirn trat. Und was für eine Bedeutung hatten die Schriftstücke in der roten Ledermappe für Mazarin? Diese Papiere, hinter denen alle her waren und auf denen sich die Unterschrift seines Vaters befand? Wie sollte er sie nur entschlüsseln?
    »Mein armer Gabriel, Ihr seid ja ganz blass! Was macht Ihr für ein Gesicht? Habt Ihr Gespenster gesehen?«
    Mit einem schelmischen Lächeln blickte Louise durch den Türspalt.

Paris, Salon der Mademoiselle de Scudéry
    Sonntag, 6.   März, neun Uhr abends
    Während die Kirchen von Paris noch immer von den Gebeten für das Seelenheil des Kardinals Mazarin widerhallten, machte man in einem der angesehensten Pariser Salons lebhaft Konversation. Das gesellschaftliche Leben der Hauptstadt konnte anscheinend nichts unterbrechen. Wer würde die Nachfolge des Ersten Ministers antreten? Würden Fouquet und Le Tellier in Ungnade fallen? Und wer würde sie ersetzen? Jeder hatte, je nach Freundschaften und Interessen, seine Ansicht zu diesem Thema und bekundete sie auch gerne.
    Eifrig darauf bedacht, jede vertrauliche Mitteilung oder den neuesten Anhaltspunkt für diesen oder jenen Favoriten zu erfahren, rauschte Madeleine de Scudéry von einer Gruppe zur anderen. Ihre Parteinahme für den Oberintendanten der Finanzen war hinreichend bekannt. Die Verfasserin des zehnbändigen galanten Romanzyklus ›Clelia. Eine römische Geschichte‹ hatte Fouquet darin als den bedeutendsten Förderer der Künste dargestellt. In dieser Zeit des politischen Übergangs ließ sie keine Gelegenheit aus, Loblieder auf den Vicomte de Vaux zu singen, der unzählige Künstler und Schriftsteller um sich versammelt hatte. Ihr Salon war einer der meistbesuchten der französischen Hauptstadt, und man traf dort eine bunte Mischung aus Adeligen, denen eine wirkliche politische Rolle fehlte, Bürgerlichen auf der Suche nach Anerkennungsowie Künstlern auf der Jagd nach einem Mäzen oder Bewunderer.
    An diesem Abend bildete die Anwesenheit Blaise Pascals den Höhepunkt des Empfangs. Der brillante Physiker und Mathematiker, Erfinder der Rechenmaschine und Entdecker des Gesetzes der kommunizierenden Röhren, verkehrte seit seinem Unfall im November 1654 in Neuilly kaum noch in vornehmen Kreisen. Nur knapp dem Tod entronnen, hatte er noch am selben Abend das Erlebnis seiner mystischen Erleuchtung niedergeschrieben und sich daraufhin in das Kloster Port-Royal, Zentrum des Jansenismus, zurückgezogen. Der von allen bewunderte und von Krankheit gezeichnete Religionsphilosoph war gerade in ein angeregtes Gespräch mit Molière vertieft.
    »Ich setze auf Zongo Ondedei. Der Bischof von Fréjus scheint mir der Geeignetste zu sein, die Nachfolge Seiner Eminenz anzutreten.«
    »Es ist auch viel vom Marschall

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