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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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von Villeroy die Rede«, antwortete der Verfasser der ›Lächerlichen Preziösen‹, vorsichtig wie immer, wollte er Pascal doch nicht offenbaren, in welcher Beziehung er zum Oberintendanten der Finanzen stand.
    »Es ist schon seltsam«, entgegnete der Gelehrte mit einem traurigen Lächeln, »dass sich ganz Paris anscheinend nur für die Frage der Nachfolge interessiert, während die eigentliche Frage, die uns beschäftigen sollte, eine ganz andere ist: Wird die Monarchie Bestand haben? Seht«, fuhr er fort, als er Molières verblüfften Gesichtsausdruck sah, der sich fragte, worauf Pascal hinauswollte, »es ist noch gar nicht so lange her, dass man in den Niederlanden die Republik ausgerufen hat. Und in England wurde Karl I. geköpft. In Europa weht ein scharfer republikanischer Wind. Und Frankreich ist ausgeblutet. Die Religionskriege, die Aufstände der Fronde, die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Spanien, all das hat das Volk verstört; es ist sich unsicher, ob es dem König von Frankreich weiterhin untertan sein soll, oder ob es nicht besser wäre, das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen   …«
    »Genau deswegen müssen wir darum beten, dass wir einen einflussreichen Ersten Minister bekommen, der gegen solche Abweichler vorzugehen weiß   …«
    »Wir brauchen keinen einflussreichen Ersten Minister«, berichtigte Pascal ihn mit gleichmütiger Stimme, »was wir brauchen, ist ein gerechter Monarch. Worin liegt denn die Stärke eines Königs? Doch nicht im Gebrauch der Waffen, sondern vielmehr in der unverbrüchlichen Treue seiner Untertanen.«
    »Aber diese ist doch nicht infrage gestellt: Sie ist doch der geheiligte Ursprung der Monarchie!«, rief Molière aus.
    »Es gefällt mir, dass Ihr davon sprecht.« Pascal lächelte. »Aber es ist Euch sicher nicht entgangen, dass der Großvater unseres Souveräns, Heinrich IV., im Namen einer heiligen Sache ermordet wurde. Ich für meinen Teil bin davon überzeugt, dass man in Zukunft die aus dem Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetz erzwungene Treue der Menschen um eine andere, womöglich prosaischere ergänzen muss, die auf der Anerkennung der persönlichen und kollektiven Zufriedenheit des Volkes gründet. Der Glaube ist unabdingbar und eine starke Antriebskraft für viele Dinge. Doch was die Politik angeht, so misstraue ich dort seiner Macht, und zwar jeden Tag ein wenig mehr.«
    »Ergänzen«, murmelte Molière mit leiser Stimme, in der Bewunderung angesichts solch kühner Worte mitschwang. »Der Himmel bewahre uns davor, dass jemand stattdessen ›ersetzen‹ verstanden hat, Monsieur   … Das könntet Ihr sonst noch bereuen.«
    Pascal sah den Theaterdirektor geistesabwesend an.
    »Das ist gut möglich. Menschen wie wir könnten alles
    Mögliche bereuen, vielleicht sogar ohne ersichtlichen Grund. Es wäre allerdings gut zu wissen, warum einem etwas passiert   …«
     
    Einige Schritte davon entfernt hatte sich Olympia Mancini, die in einem sehr strengen, schlichten Kleid erschienen war, Louise de La Vallière vorstellen lassen. Nach dem Austausch der üblichen Komplimente versuchte sie von der jungen Frau Einzelheiten über den Vorfall zu erfahren, der sich am Vortag zwischen Henrietta von England und dem Bruder des Königs zugetragen hatte.
    »Wie geht es Eurer Herrin denn heute?«, fragte die Nichte des Kardinals und lächelte anzüglich. »Sie soll gestern Abend unpässlich gewesen sein, erzählt man sich.«
    »Die künftige Schwägerin Seiner Majestät wird sich glücklich schätzen, zu erfahren, wie sehr die Gräfin von Soisson um ihre Gesundheit besorgt ist«, antwortete Louise ausweichend, die in dem Moment begriff, dass ganz Paris über das Unglück der armen Verlobten Bescheid wissen musste. Die Sitten hier in der Hauptstadt sind wirklich eigenartig, sagte sie sich und dachte schon wieder an Ludwig XIV., der ihr neuerdings nicht mehr aus dem Sinn ging.
     
    Gabriel, der von Molière gebeten worden war, ihn zu Madeleine de Scudéry zu begleiten, zerbrach sich unterdessen vergeblich den Kopf darüber, wie er seine Nachforschungen im Salon vorantreiben konnte. Als der Theaterdirektor ihm seinen Verleger, den redseligen Barbin, vorstellte, kam ihm jedoch eine Idee.
    »Monsieur Barbin«, sagte der junge Schauspieler, »ich würde Euch gern um einen großen Gefallen bitten.«
    »Bittet, mein junger Freund, bittet! Habt nur keine Hemmungen«, antwortete Molières Verleger jovial, der im Übrigen auch ein berühmter

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