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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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Colbert? Haben wir sie bedacht?«
    »Keine Sorge, Eure Eminenz, es ist alles geregelt.«
    Das abgezehrte Gesicht des Kardinals verdüsterte sich noch mehr.
    »Und die gestohlenen Papiere, Colbert?«
    »Einen der Schurken haben wir inzwischen verhaftet, Eure Eminenz, aber leider Gottes trug er keines der Schriftstücke bei sich, und es fand sich auch nichts in seiner Wohnung. Bisher schweigt er beharrlich.«
    Mazarin sank wieder in die Kissen zurück und warf sich verzweifelt hin und her.
    »Perrault kümmert sich jedoch darum«, versuchte Colbert ihn zu beruhigen. »Wir haben eine heiße Spur, sogar zwei, und ich hoffe, dass wir schnell zum Ziel kommen.«
    »Mir bleibt nicht mehr viel Zeit«, murmelte Mazarin.
    In diesem Augenblick wurde leise die Tür geöffnet, und der Kammerdiener des Kardinals kam herein. Er flüsterte Colbert einige Worte ins Ohr. Colberts Gesichtsausdruck verfinsterte sich einen Moment, dann schüttelte er aber den Kopf und schickte den Mann wieder hinaus. Kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, zog Mazarin fragend eine Augenbraue hoch.
    »Da ist noch ein Besucher, Eure Eminenz, der unbedingt vorgelassen werden will.«
    Mazarins Augenbraue blieb oben.
    »Es ist Fouquet, der Oberintendant der Finanzen, Eure Eminenz. Ich habe ihm ausrichten lassen, dass Ihr schlaft.«
    Der Kardinal rührte sich nicht.
    In der nun eintretenden Stille ging Colbert zum Fenster und zog den Vorhang etwas auf, so dass ein Lichtstrahl in das Halbdunkel des Zimmers fiel und für einen Moment die gefassten Gesichtszüge des Sterbenden erhellte.
    »Ein Jahr«, sagte Colbert leise, »ein Jahr   …«
    Er konnte sich noch gut an das letzte Zwiegespräch mit dem Oberintendanten ein Jahr zuvor erinnern. Es war der letzte Versuch des Kardinals gewesen, die beiden Männer miteinander zu versöhnen. Eine Stunde lang hatte er gute Miene zum bösen Spiel machen und vor dem Rivalen mit dem Eichhörnchen im Wappen katzbuckeln müssen, der ihn wie einen Lakaien behandelt und es gewagt hatte, auf die Natter in Colberts Wappen anzuspielen – eine Andeutung, welche die aristokratische Herkunft seiner schottischen Vorfahren in Zweifel ziehen sollte. Wilde Wut stieg wieder in ihm auf, je deutlicher er sich an Fouquets Worte und sein Getue erinnerte. Ein ganzes Jahr war er ständig der Erniedrigung ausgesetzt gewesen, hatte sich gegen ungerechtfertigte Vorwürfe und gemeine Verleumdungen wehren müssen, und das, obwohl er Seiner Eminenz doch nur Bericht erstatten wollte, dass   … Colbertschloss die Augen, um die bösen Gedanken zu verjagen. Bald hat das Warten und die Bitterkeit ein Ende, dachte er zufrieden.
    Als er die Augen wieder öffnete, sah er, wie Fouquet draußen die Eingangstreppe hinabeilte. Der kleine schwarzgekleidete Mann beobachtete, wie der abgewiesene Oberintendant zu Fuß den großen Park durchquerte, der ihn von seinem eigenen Palais trennte, und ein Lächeln erhellte sein Gesicht.

Saint-Mandé
    Dienstag, 8.   März, gegen vier Uhr nachmittags
    François d’Orbay erblasste, als er den jungen Mann erblickte, der die Galerie betrat. Seine Gesichtszüge, seine Haltung, ja seine ganze Erscheinung kamen ihm so wohlbekannt vor, dass er sich erstaunt die Augen rieb. Dennoch kannte er ihn nicht, dessen war er sich ganz sicher. Wie so viele andere, die an diesem Nachmittag nach Saint-Mandé gekommen waren, wartete der Neuankömmling darauf, zum Oberintendanten der Finanzen vorgelassen zu werden. Neugierig geworden, stellte d’Orbay sich ihm vor.
    »Ich heiße François d’Orbay und bin einer der Baumeister des Schlosses von Vaux-le-Vicomte«, sagte er lächelnd und verbeugte sich leicht.
    »Ich freue mich, Euch kennenzulernen, Monsieur d’Orbay. Ich habe schon viel von Euch gehört«, antwortete der junge Mann, der sich sehr geschmeichelt fühlte, dass der Architekt auf ihn zugekommen war. »Wenn ich mich meinerseits vorstellen darf: Ich bin der Privatsekretär von Monsieur Molière.«
    Selbst die Stimme kam d’Orbay irgendwie bekannt vor, weshalb er nun im Plauderton sein Gegenüber unauffällig auszufragen versuchte. Doch die Ereignisse der letzten Tage hatten Gabriel gewarnt, nicht zu mitteilsam zu sein. So antwortete er zwar ausgesucht höflich, hütete sich aber, etwas von sich preiszugeben.
    »Monsieur Fouquet lässt bitten, Monsieur d’Orbay«, verkündete kurz darauf ein Schweizer Lakai.
    »Wie Ihr hört, muss ich Euch jetzt leider verlassen«, sagte d’Orbay, fest entschlossen, auf anderem Wege

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