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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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das Bett des Todkranken zu begeben. Draußen wies er mit einer herrischen Handbewegung seine im selben Moment vorfahrende Karosse zurück und bedeutete d’Artagnan, ihm sein Pferd zu überlassen. Missgelaunt schwang er sich in den Sattel, wobei er den Musketier beinahe umstieß, der die Zügel noch in der Hand hielt, und setzte das Pferd in Galopp. Über den Hals des Reittiers gebeugt, fühlte der junge König, wie ihm heiße Tränen über die Wangen zu laufen begannen.
    Zur selben Zeit nahm im dunklen Schlafgemach des Schlosses das Beichtgespräch zwischen den beiden ehemaligen Feinden seinen Anfang. Als Claude Joly den sterbenden Kardinal jedoch aufforderte, ihm von den öffentlichen Geldern zu erzählen, die er veruntreut habe, sammelte der Italiener seine letzten Kräfte und machte noch einmal von seiner Autorität Gebrauch, um den Pfarrer in seine Schranken zu weisen.
    »Hochwürden, wenn ich nach Euch geschickt habe, dann nur, damit Ihr mir von Gott unserem Herrn sprecht. Beschränkt Euch auf die Ausübung Eures Priesteramts«, erklärte Mazarin und legte so einmal mehr Zeugnis davon ab, dass erselbst im Angesicht des Todes der entschlossene Mann blieb, der er immer gewesen war.
    An jenem Nachmittag des 7.   März 1661 empfing der mächtigste Mann Frankreichs die heiligen Sterbesakramente und wurde von seinen Sünden losgesprochen.

Paris, Conciergerie
    Montag, 7.   März, sechs Uhr abends
    »Zum letzten Mal, rede endlich! Gestehe, dass du das Feuer in der Bibliothek des Kardinals gelegt und den Sekretär in Mazarins Privatkabinett geplündert hast. Heute Morgen hat man bei dir diese Schmähschriften gegen den Kardinal gefunden, die in den vergangenen Tagen überall in Paris angeschlagen worden sind«, brüllte Charles Perrault und hielt dem nur mit einem Hemd bekleideten Gefangenen einen Packen Flugblätter unter die Nase.
    Das Verhör fand in den feuchten Verliesen der berüchtigten Conciergerie statt. Der Mann mit den verschiedenfarbigen Augen hieß Richard Morin und war am frühen Nachmittag verhaftet worden. Seit drei Stunden weigerte er sich nun schon, Perraults Fragen zu beantworten. Die Handgelenke in Ketten, saß er auf einer steinernen Bank und murmelte Passagen aus der Bibel vor sich hin. Die bei der Durchsuchung seiner Wohnung beschlagnahmten Papiere bewiesen jedoch, dass er zu dem Kreis der Devoten gehörte und unlängst an der Verbreitung der gegen den Ersten Minister gerichteten Pamphlete beteiligt gewesen war. Da die Schmähschrift sich auf die Rechnungen bezog, die in Mazarins Bibliothek gestohlen worden waren, versuchte Colberts Polizeichef, Morin zu dem Geständnis zu bewegen, den Raub verübt zu haben, und ihm den oder die Namen seiner Auftraggeber zu verraten.
    »Zum letzten Mal, Morin, erleichtere dein Gewissen und sag mir, für wen du arbeitest«, probierte Charles Perrault es noch einmal mit ruhigerer Stimme. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass dich ein paar deiner Freunde im Stich gelassen haben. Findest du es nicht auch merkwürdig«, fuhr der Polizeichef in übertrieben freundlichem Ton fort, »dass ich gestern einen anonymen Brief bekommen habe, in dem steht, dass ein gewisser Richard Morin der Anführer der Bande ist, die in Mazarins Bibliothek das Feuer gelegt und dessen Privatgemächer ausgeraubt hat, und zudem der Verfasser der neuesten Schmähschriften gegen Seine Eminenz ist?«
    »Das sind Lügen! Nichts als Lügen!«, brauste der Mann auf und zerrte an seinen Ketten.
    »
Du
bist es, der hier lügt!«, entgegnete Perrault aufgebracht. »Toussaint Roze, den du in den Gemächern des Kardinals zusammengeschlagen hast, erinnert sich genau daran, dass er von einem Mann mit einem grünen und einem braunen Auge angegriffen wurde!«
    Im selben Moment betrat ein Musketier aus dem Louvre das Verlies. Er brachte eine eilige Nachricht für Perrault, in der Colbert ihn aufforderte, dem Gefangenen schleunigst ein Geständnis zu entlocken und dessen Verbindungen zu Nicolas Fouquet bis ins letzte Detail in Erfahrung zu bringen, »notfalls mit allen Mitteln«.
    »Nun gut, Morin, du hast es so gewollt«, sagte Perrault grimmig. »Ihr seid an der Reihe!«, wandte er sich an die drei Männer, die mit dem Musketier den Raum betreten hatten.
    Morin wurde in die Folterkammer geführt, wo man ihn auf einen hölzernen Stuhl setzte, auf dem die Gefangenen einem letzten Verhör unterzogen wurden, bevor die eigentliche Folter begann. Morin stritt erneut alles ab und flehte um Gnade.
    »Du wirst die

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