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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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hatte, dem freundlichen Minister nichts mehr zu verbergen, konnte er ihm doch vielleicht bei der Suche nach seinem Vater behilflich sein.
    Also offenbarte er dem aufmerksam zuhörenden Minister seine wahre Identität, erzählte von seiner Flucht aus Amboise und seiner Vermutung, dass die Männer, die ihn verfolgten, vielleicht von seiner Familie geschickt worden waren. Fouquet musste insgeheim lachen, wusste er doch nur zu gut, dass diese Vorkommnisse mit Mazarins verschwundenen Papieren in Zusammenhang standen, deren Verlust den guten Colbert allem Anschein nach in Panik versetzte, wie er von Isaac Bartet, einem Spitzel im Dienste des Kardinals und seit mehreren Jahren Doppelagent, erfahren hatte. Derselbe Bartet, der ihm imÜbrigen erst wenige Minuten zuvor berichtet hatte, dass Richard Morin am Tag zuvor verhaftet und gefoltert worden war.
    »Ob es Eure Familie ist oder nicht, wir müssen Euch jedenfalls beschützen«, erklärte der Oberintendant. Er wollte dem jungen Adeligen gefällig sein, sich vor allem aber einer Schachfigur im Spiel um die Macht versichern, in dem sich anscheinend jeder gerade überlegte, welchen seiner Bauern er opfern sollte. Fouquet tat so, als würde er einen Moment nachdenken, und meinte dann:
    »Ich schlage vor, dass Ihr für ein paar Tage nach Vaux-le-Vicomte fahrt. Dort seid Ihr in Sicherheit. La Fontaine, der sich zum Schreiben dorthin zurückgezogen hat, wird Euch willkommen heißen. Ich komme nach, sobald sich hier gewisse Dinge zugetragen haben. Unterdessen kann ich in aller Ruhe versuchen herauszufinden, wer dahintersteckt.«
    Beglückt über diesen Vorschlag, der fast einem Befehl glich, verbeugte sich Gabriel tief und begann, sich tausendmal zu bedanken.
    »Bringt Molière die Unterlagen und erzählt ihm, dass Euch ein Todesfall zwingt, Paris für ein paar Tage zu verlassen«, unterbrach Fouquet seine überschwänglichen Dankesbezeigungen. »Sprecht mit niemandem über das Ziel Eurer Reise. Ich schicke Euch morgen früh einen Wagen, der Euch nach Vaux-le-Vicomte bringen wird. Na los, junger Mann, geht schon«, sagte der Oberintendant mit plötzlich ernster Miene. »Was hier gerade gespielt wird, ist keine von Molière geschriebene Farce, sondern möglicherweise eine Tragödie.«
    Während Gabriel mit unzähligen Verbeugungen das Arbeitszimmer verließ, strich sich der Oberintendant an seinem Schreibtisch nachdenklich über den Schnurrbart.
    »Der junge Teufelskerl weiß sicher mehr, als er mir erzählt hat. Ich muss herausbekommen, warum ihm ganz Paris auf den Fersen ist. Und vor allem, was Colbert noch alles ausheckt!«

Saint-Mandé
    Dienstag, 8.   März, kurz nach sechs Uhr abends
    Schon zum vierten Mal innerhalb weniger Minuten hob Nicolas Fouquet die Augen von seinen Schriftstücken und sah zum Fenster hinaus auf den Park, wo die Schatten immer länger wurden. Seufzend legte er die Akten auf einen kleinen Tisch, der halb von einem dreiarmigen Leuchter eingenommen wurde, und schloss die Augen. War es die Müdigkeit, die ihn daran hinderte, mit der für ihn sonst typischen Konzentration zu arbeiten?
    »Monsieur Fouquet, Monsieur d’Orbay bittet darum, empfangen zu werden.«
    Fouquet schlug die Augen auf und blickte auf den Diener, der lautlos eingetreten war. Er überlegte kurz, dann bedeutete er ihm, den Baumeister vorzulassen. Verwundert verschloss Fouquet sein Tintenglas. D’Orbay? Schon wieder?
    Er hatte sich kaum erhoben, als die Tür erneut aufgerissen wurde und der Architekt an dem Lakaien vorbei in den Raum stürzte.
    »François! Was ist passiert? Kommt, setzt Euch erst mal«, sagte der Oberintendant und ließ sich in einem der beiden Sessel nieder, die vor dem Kamin standen. »Ihr seid ja ganz aufgelöst.«
    D’Orbay gab sich sichtlich Mühe, ruhig zu werden, und setzte sich ebenfalls.
    »Der junge Mann, den Ihr heute Nachmittag empfangenhabt   … dem ich im Empfangssaal begegnet bin   … ich habe Euch doch erzählt, dass er mir irgendwie bekannt vorkam   …«
    Fouquet sah ihn verständnislos an.
    »Wen meint Ihr? Den Sekretär von Molière?«
    »Genau den.«
    »Was hat er Schlimmes angestellt, dass Ihr seinetwegen schon wieder hier seid?«
    Die feine Ironie, die Fouquet in seine letzten Worte gelegt hatte, prallte am Architekten ab.
    »Kennt Ihr seinen Namen, Nicolas?«
    Der Oberintendant zuckte mit den Schultern.
    »Gabriel   … Gabriel Soundso.«
    »Gabriel de Pontbriand, er heißt Gabriel de Pontbriand, Nicolas! Sagt Euch der Name nichts?«
    Wieder

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