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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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trägt, unter der Hand aber gleichfalls von Nicolas Fouquet finanziert wird   …«
    Mazarin legte seine bleichen Hände mit den langen, knochigen Fingern zusammen und führte sie zu seinem Gesicht. Er wog jedes seiner Worte sorgfältig ab.
    »Genug der Verdächtigungen, Colbert. Ich will Fakten, Namen. Und zwar schnell. Was sagt mein Sekretär?«
    »Dass die Eindringlinge unaufhörlich von Gott dem Herrn sprachen, der uns seine Barmherzigkeit erweisen möge. Da wir keinen von ihnen ergreifen konnten, ist das alles, was wir haben. Der Einzige, den diese Kanaillen zurückgelassen haben, kann uns nichts mehr sagen. Er hat sein Leben ausgehaucht, bevor wir seiner habhaft wurden, mitten auf der Bühne von Molières Theater. Der Tote ist noch ein halbes Kind, zweifellos ein Bettler, ein kleiner Halunke aus dem Armenhaus oder aus der
Gueule du Chien
, dem Schlupfwinkel der Gauner
.
Allerdings trug er auf der Brust ein Kreuz und einen Rosenkranz aus Olivenholz am Gürtel, was bei solchem Lumpengesindel, das normalerweise nur an Hexen und Zauberer glaubt, ziemlich ungewöhnlich ist.«
    Mazarin seufzte tief. »Fanatiker, die auf den Scheiterhaufen gehören; davon gibt es mehr, als man denkt. Ja, das ist möglich. Habt Ihr Spione in die vormals aufrührerischen Gruppierungen der Devoten eingeschleust?«
    Colbert nickte.
    »Sie sollen sich umhören. Die Jansenisten sind ja friedlich, aber   … Egal, sie werden
alle
dafür bezahlen. Denkt daran, den Vorstand der Klerusversammlung kommen zu lassen, damit wir die Angelegenheit offiziell regeln und die Kirche von den Sektierern säubern. Aber zuvor macht Euren Männern Dampf. Ihr habt bei Euren Ermittlungen freie Hand, Colbert«, erklärte Mazarin mit entschiedener Stimme, bemerkte aber sogleich das machtgierige, verschlagene Grinsen, das sich auf dem Gesicht seines Vertrauten zeigte. »Nur in
dieser
Angelegenheit habt Ihr freie Hand, Colbert   … Kommen wir nunzum Diebstahl. Ich will alles bis in alle Einzelheiten wissen, damit ich mir ein klares Bild von diesen Schändlichkeiten machen kann.«
    Colbert holte tief Luft, antwortete aber nicht.
    »Na los, Colbert, was ist?«, drängte Mazarin.
    »Eure Eminenz, es gibt da noch etwas, das schlimmer ist als der Brand und die Identität dieser Verbrecher   …«
    Mazarin erbleichte. »Was denn noch?«
    »Die Übeltäter, Eure Eminenz, hatten es nicht auf Eure Bibliothek und Eure Gemäldesammlung abgesehen, sondern auf Eure Privatgemächer.«
    Ungläubig starrte Mazarin seinen Vermögensverwalter an. Wilde Wut stieg in ihm auf, als er sich die Eindringlinge in den Wohnräumen seines Palais vorstellte, inmitten all der kostbaren Möbel, die er im Laufe seines Lebens gesammelt hatte. »Meine eigenen vier Wände!«, brüllte er. »Wie weit sind sie vorgedrungen? Doch wohl nicht bis in mein Schlafgemach?« Colbert schlug die Augen nieder.
    »Leider doch, Eure Eminenz. Und auch in Euer Privatkabinett. Dort befand sich Roze, als er von ihnen überfallen wurde.«
    Mazarins Gesicht hatte plötzlich alle Farbe verloren. Da Colbert fürchtete, dass der Kardinal einen Schwächeanfall erlitten hatte, wollte er sich erheben und Hilfe herbeirufen, doch Mazarin bedeutete ihm, sitzen zu bleiben. Er atmete tief durch.
    »Fahren Sie fort. Sie haben also Dokumente gestohlen, nicht wahr?«
    Colbert nickte.
    »Welche? Und wo?« Mazarin schrie jetzt beinahe.
    »In Euren Gemächern herrscht noch totale Unordnung, Eure Eminenz. Wir wissen bisher nur, dass Roze gemäß Euren Anordnungen gerade die Papiere ordnete, als er überwältigt wurde. Sie haben eine Menge Rechnungsbelege mitgenommen,die sich in den in die Wand eingemauerten Tresoren befanden, dessen ist sich Roze sicher. Und bevor er das Bewusstsein verlor, hat er noch gesehen, dass sie den kostbaren Sekretär aufbrachen   …«
    Colbert stockte, als er den tiefen Seufzer des Kardinals vernahm.
    »Er stammelte auch noch etwas von mehreren Mappen mit Briefen, zwei aus fahlrotem und eine aus granatfarbenem Leder   …«
    Den Kardinal befiel ein heftiger Schauder.
    »…   und auch von verschiedenen verschlüsselten Schreiben. Ich habe ihm befohlen, uns so schnell wie möglich eine komplette Liste der fehlenden Schriftstücke zu erstellen.«
    Regungslos lag der Kardinal eine ganze Weile da und sagte kein Wort. Schließlich richtete er sich ein wenig auf und schüttelte bedächtig den Kopf.
    »Wer weiß von dem Toten und dem Diebstahl?«
    »Toussaint Roze, vier von Euren vertrauenswürdigsten Wachen,

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