1666 - Baphomets Rächer
Einen anderen Weg, um weiterzukommen, weiß ich nicht.«
Ich hatte Verständnis für Godwins Argumentation. Er schien auch froh zu sein, über das andere Thema mit dem großen Unbekannten im Hintergrund nicht mehr reden zu müssen, und auch ich verdrängte es zunächst aus meinen Gedanken.
»Wo finden wir den Mann?«
»Nicht weit von hier in Strandnähe. Er ist Fischer und fährt zweimal in der Woche aufs Meer, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Mehr weiß ich auch nicht von ihm. Ich denke, dass er zu Hause sein wird, auch wenn er aufs Meer fuhr. Er startet immer recht früh und ist um diese Zeit schon zurück.«
»Gut, dann lass uns fahren.«
Dagegen hatte Godwin nichts. Ob uns das weiterbrachte, wusste ich nicht. Ich konnte es nur hoffen. Manchmal findet man ja an den ungewöhnlichsten Stellen Hinweise, die einen weiterbringen.
Die junge Frau schaute vorbei. Sie wollte wissen, ob wir zufrieden waren.
»Sind wir«, sagte Godwin. »Sie brauchen nichts mehr?«
»So ist es.«
»Dann wünsche ich Ihnen noch einen guten Tag.«
»Danke, Martine.«
Wir verließen den Raum, ich dachte darüber nach, ob wir Martine vielleicht hätten fragen sollen, was sie über den Zeugen wusste oder ob sie etwas gehört hatte. Das hatte ich bleiben lassen. Ich wollte keine Neugierde hier im Ort wecken. Godwins Wagen stand vor dem Haus. Es war der Jeep, mit dem wir schon gefahren waren. Der Templer hatte ihn sich geliehen, weil er den größten Teil der Strecke mit dem Flugzeug zurückgelegt hatte.
Der Zeuge war unsere einzige Spur. Bisher war er mir namentlich unbekannt, und so fragte ich Godwin danach.
»Der Mann heißt Jean Calu.«
»Okay.«
De Salier drehte den Zündschlüssel. »Dann wollen wir mal«, sagte er und fuhr an.
***
Der kleine Fischerort, durch den wir rollten, lag am Wasser. Zum Glück in einer kleinen Bucht. So bekam er die Gewalt des Meeres bei einem Sturm nicht voll mit. Außerdem hielten Deiche und eine Mauer die größte Wucht der Wellen ab, was nicht für einen Orkan galt. Da fegte das Wasser dann bis tief hinein in den Ort und richtete zahlreiche Schäden an, wie in diesem Jahr schon geschehen. Wir erlebten einen ruhigen und beinahe schon windstillen Tag. Über uns lag ein hoher Himmel, der sich schieferfarben den Blicken der Menschen präsentierte. An der kleinen Kirche lenkte Godwin den Wagen vorbei. Danach erreichten wir den Hafen, sahen die Fischerboote am Kai liegen und auch die Häuser mit ihren hellen Wänden.
Es war von der Zeit her leicht, den Ort zu durchqueren. Nur mehr wenige Häuser gerieten in unser Blickfeld. Zwischen ihnen gab es zahlreiche Lücken. Es war ein Boden, auf dem so gut wie nichts wuchs, dafür waren immer wieder Steine zu sehen. Das Haus des Zeugen lag mit seiner Breitseite zum Strand hin gewandt. Es gab sogar einen Pfad, der zum Wasser führte. Ein altes Boot lag kieloben dicht vor der Haustür, und auf seine Planken war mit weißer Farbe der Name Jean Calu geschrieben worden.
»Hat der Mann Familie?«, fragte ich beim Aussteigen.
»Ich glaube nicht.« Godwin grinste. »Er ist einige Jahre älter als wir.«
»Ich bin gespannt.«
»Dito.«
Es gab eine Haustür, aber keine Klingel. Dafür einen Klopfer aus Eisen. Er zeigte die Form eines Fisches, was natürlich gut zum Beruf des Zeugen passte. Es rührte sich nichts, und wir hätten davon ausgehen können, dass Calu nicht zu Hause war. Das wollten wir genau wissen. Godwin griff nach dem Metallfisch und schlug ihn dreimal gegen das dicke Holz der Tür. Die Geräusche waren im Innern zu hören und hätten auch jemanden geweckt, der im Schlaf lag.
Niemand öffnete.
Davon ließ sich Godwin nicht beirren. Da die Tür auch eine Klinke hatte - ebenfalls als Fischumriss - drückte er sie nach unten und lehnte sich zugleich gegen die Tür. Sie öffnete sich. Er konnte sie nach innen drücken und meinte dabei: »Hier hat man noch Vertrauen untereinander.«
»Was manchmal auch ins Auge gehen kann«, schwächte ich ab. »Mal sehen.«
Wir mussten uns ducken, als wir das Haus betraten, aus dem uns kein Laut entgegen wehte. Es war warm. Die Stille nahm ich als bedrückend wahr, und ein undefinierbarer Geruch kitzelte meine Nase, den ich nicht als besonders positiv einstufte.
»Und was sagst du, John?«
»Dass wir wohl hier auf Calu warten müssen.«
Wir standen in einem engen Flur. An den Wänden hingen vergrößerte Schwarzweißfotos, die allesamt dasselbe Motiv zeigten. Ein Mann, ein Boot und das Meer.
Es gab eine
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